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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie
Autoren: Gwen Bristow
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Gibt mir die Ikone seiner Mutter! Ich hoffe, er bekommt die Pocken!«
    Sie hörten Schritte von draußen. Florinda fuhr zusammen. »Schnell hinauf. Das ist Silky!« zischte sie. »Fehlte noch, daß der mich hier heulen sieht!« Sie eilten hinaus und Florinda hastete die Treppe hinauf. Silky kam herangeschlendert und sagte, er habe Nikolai zur Stadt hinausreiten sehen; er wolle jetzt das Lokal öffnen. José würde auch in einer Minute da sein. »Wo ist Florinda?« fragte er.
    »Auf ihrem Zimmer.«
    »Sagen Sie ihr –, begann Silky. Aber dann erinnerte er sich wohl daran, daß er Garnet nichts zu befehlen habe; er lächelte plötzlich zuckersüß und verbeugte sich: »Es wäre reizend, Mrs. Hale, wenn Sie die Freundlichkeit hätten, Florinda zu sagen, daß wir die Bar öffnen wollen.«
    Garnet sagte: »Ich glaube, Florinda wollte ihr Kleid wechseln. Wir haben uns heute morgen in aller Eile angezogen. Aber ich werde es ihr sagen.«
    »Keine Eile, nicht die geringste Eile, Mrs. Hale«, versicherte Silky. »Darf ich die Gelegenheit wahrnehmen und Ihnen meine herzlichsten und ergebensten Glückwünsche für Ihre bevorstehende Eheschließung zum Ausdruck bringen?«
    »Danke schön, Silky«, lächelte Garnet und eilte, seinen weiteren Komplimenten zu entrinnen, schnell die Treppe hinauf. Florindas Tür war geschlossen; sie klopfte leise an.
    »Garnet?« fragte Florinda von drinnen, »komm herein!«
    Sie betrat das Zimmer. Florinda saß auf dem Bett und blickte auf die Ikone, die sie noch immer in der Hand hielt. Ihre Augen waren noch immer gerötet, aber sie weinte nicht mehr.
    »Silky will die Bar öffnen«, sagte Garnet.
    Florinda sah nicht auf. »Silky kann sich von mir aus auf ein Nagelbrett setzen«, knurrte sie. »Hör zu, Garnet, ich muß nachdenken.«
    »Ja?«
    »Ich hoffe, du wirst keinem erzählen, daß ich vorhin gegreint habe wie ein Kalb, das Kolik hat?«
    »Aber gewiß nicht. Das weißt du ja auch.«
    »Dieser kleinhirnige Gockel!« fauchte Florinda. Sie starrte auf den kleinen Gegenstand in ihrer Hand, und ihre Brust hob und senkte sich unter ihren schnellen Atemzügen. Nach einer Weile hob sie den Kopf. »Garnet?«
    »Ja?«
    »Du weißt, daß ich alles nicht so gemeint habe vorhin? Ich will nicht, daß er ersäuft und von den Walen gefressen wird.«
    »Natürlich weiß ich das, Liebe.«
    »Ich wünsche ihm nichts Schlechtes. Diesem – Einfaltspinsel! Oh, ich könnte ihn schütteln. Ich hoffe, er kommt heil nach Rußland. Ich hoffe, er findet eine Frau, die zu ihm paßt Nein, die kann er nicht finden, denn es gibt keine Frau, die gut genug für ihn wäre. Dieser Esel! Gibt mir die Ikone seiner Mutter und bringt mich zum Heulen! Ich könnte ihm das Nasenbein einschlagen!« Garnet antwortete nicht und Florinda erwartete wohl auch keine Antwort. Sie starrte noch immer auf das kleine Samtkästchen. Nach einem Weilchen hob sie den Blick und legte Garnet leicht eine Hand auf den Arm. »Liebe«, sagte sie, »geh jetzt. Ja?«
    »Natürlich, wenn du willst.«
    Florinda drückte fest ihre Hand und lächelte sie an. »Du bist verdammt lieb zu mir, Garnet«, sagte sie, »ich danke dir, daß du dir meine Albernheiten mit angehört hast. Aber nun wäre ich gern eine Minute allein.«
    Garnet lächelte, küßte die andere leicht auf die Stirn und verließ das Zimmer. Florinda saß einen Augenblick starr und lauschte den sich entfernenden Schritten nach. Als sie Garnets Tür ins Schloß fallen hörte, legte sie die Ikone neben sich auf das Bett, stand auf und ging zur Tür. Die Tür war mit einem Riegel versehen, der aber fast nie benützt worden war. Männer kamen nicht hier herauf, und sich vor Garnet einzuriegeln hatte sie bisher keine Veranlassung gesehen. Aber nun schob sie den Riegel vor. Es kostete eine gelinde Kraftanstrengung, weil er so fest saß.
    Sie stand wieder einen Augenblick lauschend und sah sich dann um. Die Fensterläden standen offen, sie eilte hinüber und schloß sie sorgfältig. Und dann stand sie mit gefurchter Stirn inmitten des Zimmers, als müsse sie erst überlegen, was nun zu tun sei. Aber dann plötzlich, mit einem kleinen Aufschluchzen, brach sie vor dem Bett in die Knie und faltete die Hände. Beten! dachte sie, ich muß beten. Aber sie wußte kein Gebet und sie erinnerte sich nicht, jemals gebetet zu haben. So sagte sie denn, was sie dachte: »Lieber Gott! Ich kann nicht beten, und ich werde es wohl schlecht machen; vergib es mir. Du weißt, daß ich es so gut mache, wie ich kann. Bitte,
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