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Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Titel: Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Erster Tag
    N icht hinschauen, zefix. Nichthinschauennichthinschauenbloßnichthinschauen!« Kluftinger schlug den Kragen seines Lodenmantels hoch. Ein ungewöhnlich langer und harter Winter neigte sich nun dem Ende zu. Dennoch fröstelte ihn seit drei Tagen immer aufs Neue, wenn er über den Innenhof seiner Dienststelle laufen musste. Vorbei an dem Taxi in der kleinen Fahrzeughalle. Dem Taxi mit der gesplitterten Windschutzscheibe. Mit der blutbespritzten gesplitterten Windschutzscheibe.
    Mindestens zehnmal war er schon hier entlanggegangen, hatte seinen Blick nicht abwenden können, hatte die Männer in den weißen Ganzkörperanzügen angestarrt, die Klümpchen geronnenen Blutes vom geborstenen Glas kratzten. Die das gesamte Auto mit ihrem schwarzen Pulver überzogen, um jeden noch so flüchtigen Fingerabdruck zu sichern.
    Er hatte schon mit dem Gedanken gespielt, an diesem Abend einen anderen Weg zu seinem Büro zu nehmen, doch das war auch eine Frage der Ehre. Seine Kollegen trieben genug Spott mit ihm wegen seiner Leichenunverträglichkeit, da wollte er hnen keine unnötige Angriffsfläche bieten.
    Ein Blitz ließ den Hauptkommissar zusammenzucken. Er blickte zu dem Mann mit dem Fotoapparat, der aussah wie einer dieser Astronauten von der ersten Mondlandung. Langsam hob der Vermummte die Hand und winkte Kluftinger zu.
    Pfeifend sog der Kommissar die Winterluft in seine Lungen. Er war froh um die Kälte, so musste er sich wenigstens keine Sorgen um irgendwelche Gerüche machen, die möglicherweise von dem Gefährt ausgingen. Er hob den Kopf und schaute in einen sternklaren Himmel. Es könnte heute Nacht noch einmal eisig werden. Sein Blick kehrte zurück zur Garage. Obwohl er am liebsten schnell weitergegangen wäre, stand er einfach nur da, die Hände tief in seinen Manteltaschen vergraben, die Augen auf das Taxi gerichtet. Während er auf das Auto starrte, das in der von Neonröhren grell erleuchteten Fahrzeughalle stand, schossen ihm Bilder durch den Kopf, von denen er wusste, dass sie ihn noch lange verfolgen würden.
Es musste ebenso dunkel gewesen sein wie jetzt, als der Schuss gefallen war. Und ebenso kalt. Vor drei Tagen. Mitten ins Herz. Von hinten. Wie kaltblütig konnte man sein …
    »He, Klufti, jetzt kostet’s dann bald Eintritt!« Willi Renns Stimme drang gedämpft aus einem der Anzüge. Der Leiter des Erkennungsdienstes war ganz in seinem Element. Ihm hatten sie es zu verdanken, dass das Taxi wie die Attraktion einer makabren Geisterbahn in ihrem Hof stand. Da sich die Tat komplett im Wagen abgespielt hatte und auch außerhalb des Tatorts keine nennenswerten Spuren zu finden gewesen waren, hatte Willi veranlasst, das Taxi hierherzubringen, um es mit seinem Team genau unter die Lupe zu nehmen. Ihm schien es nichts auszumachen, den Schauplatz eines so grausamen Verbrechens im Erdgeschoss stehen zu haben.
    Kluftinger winkte genervt ab und ging weiter. Er war nicht in der Stimmung für Willis Sticheleien. Doch Renn ließ nicht locker und rief ihm etwas hinterher, von dem er nur das Wort »Pressekonferenz« verstand. Er wandte sich noch einmal um: »Willi, mit Menschen in Ganzkörpersocken kann ich nicht vernünftig reden. Außerdem pressiert’s mir.«
    Er sah auf die Uhr. In zehn Minuten würde jene Pressekonferenz beginnen. Polizeipräsident Lodenbacher hatte sie angesetzt, weil man dringend etwas zur Beruhigung der Leute tun müsse, wie er sich ausgedrückt hatte. Kluftinger verstand das sogar: Der
Buchloer Taximord,
wie er inzwischen in den Medien genannt wurde, hatte für großes Aufsehen gesorgt. Ein derart brutales Verbrechen im Allgäu – da hatten es viele mit der Angst zu tun bekommen.
    Der Haken an der Sache war nur: Sie hatten nichts vorzuweisen, was zu einer Beruhigung hätte beitragen können. Alles, was sie hatten, war dieses verfluchte Taxi mit durchschossenem Fahrersitz und jeder Menge Blut auf Scheibe, Armaturen und … einfach überall. Und einen Mörder, der nach wie vor frei herumlief und weiß Gott was im Schilde führte. Zudem ahnte Kluftinger, dass Lodenbacher einmal mehr ihm die Aufgabe zuschieben würde, der Öffentlichkeit irgendetwas zu vermelden, was wenigstens ein bisschen nach Ermittlungserfolg aussah.
    Als er am Eingang zum Trakt mit dem großen Konferenzraum angelangt war und die Hand schon das kalte Metall der Türklinke berührte, hielt er noch einmal inne. Er versuchte, die Bilder in seinem Kopf loszuwerden, um sich für die nun anstehende Aufgabe zu sammeln,
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