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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
Autoren: Richard Gordon
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mich, wenn Sie irgend etwas sehen. Wecken Sie mich jedenfalls um fünf, und ich werde dann der Gesellschaft kabeln. Meine Herren, ich danke Ihnen für Ihre Dienste», wandte er sich niedergeschlagen an die beiden Offiziere. «Sie werden im Logbuch gebührend hervorgehoben werden. Obwohl ich nach diesem verhängnisvollen Tag befürchten muß, daß dies meine letzte Diensthandlung auf diesem oder irgendeinem anderen Schiff sein wird.»
    Die beiden Offiziere wechselten traurige Blicke, dann schritt Ebbs langsam die Leiter hinab, während sie oben salutierten, als wäre er eine Leiche, die in ihr nasses Grab versenkt wurde.
    Arme Mrs. Porteous! dachte er auf dem Weg zu seiner Kabine. Sie hatte kein schlechtes Herz besessen. Und zumindest war jemand noch schlimmer mitgespielt worden als ihm. Und doch - in vierundzwanzig Stunden würden die Lichter Fremantles um den Bug tanzen, und Gott allein wußte, was alles hinter ihnen seiner harrte.
    Er öffnete seine Kabinentür. Die Hand auf dem Lichtschalter, blieb er wie angewurzelt stehen. Er hörte ein Geräusch.
    «Doch nicht schon wieder...» stammelte er.
    Er drehte das Licht an. Priscilla saß in ihrem Nachthemd an seinem Schreibtisch und aß sein Abendessen auf.
    «Allmächtiger, steh mir bei!» rief Ebbs.
    Sie schlug die Augen nieder und blickte zerknirscht auf das halb angebissene Käsebrötchen.
    «Ich hab solchen Hunger», erklärte sie.
    «Oh, hungrig bist du, so?» sprach Ebbs. «Laß dir sagen, Mädel, daß du diesmal entschieden zu weit gegangen bist! Viel zu weit! Weißt du, daß es für kleine Mädchen überaus gefährlich ist, um Mitternacht in diesem Aufzug auf einem Schiff herumzustreichen? Wo du doch praktisch nichts am Leib hast», fügte er prüde hinzu. «Darf ich fragen, was dein Vati und deine Mutti dazu sagen würden?»
    «Die haben einen Rausch», sagte sie.
    «Das hat damit nichts zu tun.»
    «Sie wollten mich nicht abendessen lassen», sagte sie, «weil mir übel war.»
    «Was du nicht sagst! »
    «Mir war - mir war nicht sehr übel. » Sie sah ihm einen Moment ins Auge, dann begann sie plötzlich zu weinen.
    «Aber, aber, Mädelchen! Weine doch nicht! Jedenfalls nicht hier. Du mußt in deine Kabine zurück. Na, wenn du durchaus willst, kannst du hier noch dein Käsebrot fertigessen. Das übrige wickle ich in das Tassendeckchen ein, und du kannst es mitnehmen. Aber versuche doch bitte, mit diesem blödsinnigen Lärm Schluß zu machen.»
    Sie heulte weiter.
    «Jetzt aber Schluß, bei Gott!» brüllte Ebbs. «Sonst schlag ich dir deine verdammten kleinen Zähne ein!»
    Sie hörte auf zu weinen und starrte ihn verblüfft an.
    «Und wie, zum Teufel, bist du überhaupt hier heraufgekommen?» fragte er.
    «Die Dame hat mich hergeschickt», sagte sie kläglich.
    «Die Dame? Welche Dame?»
    «Die Dame, die dich für kalt hält.»
    «Was!» Ebbs kauerte sich neben ihr nieder. «Weißt du das sicher? Wo ist sie denn?»
    «Das sag ich dir nicht.»
    «Priscilla! Ach, bitte!» flehte er. «Wann hast du sie gesehen? Und wo? Sei so lieb, sag mir's doch!»
    Sie biß sich in die Unterlippe.
    «Priscilla! Ich bin doch dein Freund, nicht wahr? Erinnerst du dich denn nicht? Ich bin der Kapitän.»
    «Du warst garstig zu mir», sagte sie ihm. «Ich mag dich nicht.»
    «Aber - aber erinnerst du dich nicht, ich gab dir doch eine halbe Krone!» sagte Ebbs verzweifelt. «Bitte, bitte, Priscilla! Denk doch an all die herrlichen Schaumrollen und die andern Süßigkeiten bei der Kinderjause! Wir waren doch dicke Freunde, nicht? Sag mir nur, wo die Dame ist - und dann... dann wecke ich gleich den Obersteward auf, und du sollst Eiscreme und Würstchen und eingelegte Nüsse und Eclairs und alles, was du willst und soviel du willst, haben», versprach er großzügig. «Hörst du? Mein Ehrenwort, Priscilla.»
    Sie betrachtete ihn eingehend, um sich ein Urteil zu bilden, ob sie ihm vergeben sollte oder nicht: eine Sekunde lang hielt sie seine Zukunft in ihren klebrigen dünnen Fingern. Dann glitt sie von ihrem Sessel hinab.
    «Ich führe dich hin», sagte sie.
    Ebbs folgte ihr aufs Deck und über die Leitern hinunter zu den Unterkünften der Passagiere. Sie hüpfte vor ihm den leeren Gang entlang, bog um eine Ecke und blieb stehen.
    «Da! » deutete sie.
    Es war eine Kabinentür.
    «Weißt du das ganz sicher?»
    Sie nickte.
    Ebbs klopfte. Es kam keine Antwort. Er rüttelte an der Klinke. Die Tür war versperrt.
    «Aufmachen! » schrie er. «Hier spricht der Kapitän!
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