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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen
Autoren: Iny Lorentz
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auf deine Veranlassung hin nur einen Teil davon ausführen lassen und das restliche Geld unterschlagen. Du wirst einsehen, dass mir dies als Nachfolger meines Vaters als Gutsherr auf Trettin äußerst missfallen muss.«
    »Du tust ja gerade so, als wäre nur ich allein an unserer beschämenden Situation schuld!«, rief Malwine empört. »Dabei vergisst du, dass du ebenfalls kräftig die Hand aufgehalten hast, weil dir das Taschengeld, das Fridolin dir zugebilligt hat, zu gering war. Seitdem du das Gut selbst führst, hast du ebenfalls nicht gerade sparsam gelebt.«
    »Ich hätte es mir leisten können, wenn du das Gut nicht um eine große Summe gebracht hättest«, antwortete ihr Sohn ungerührt. »Daher wirst du erlauben müssen, dass ich Onkel Fridolin um Geld angehe. Um die Reinheit des eigenen Namens zu wahren, wird er sich meiner Forderung beugen müssen.« Ottwald von Trettin lächelte so zufrieden, als hätte er die niedergebrannte Scheune schon vergessen.
    Ihn reizte nicht nur das Geld seines Verwandten, der in Berlin lebte und ein reicher Bankier geworden war, sondern auch die Reise dorthin. Gegen die Reichshauptstadt war Königsberg nur ein Provinznest, und er ging davon aus, dass Berlin weitaus größere Chancen bot, eine reiche Erbin für sich zu gewinnen.
    Malwine begriff, dass sie ihren Sohn nicht umstimmen konnte, und packte die chinesische Vase, die seit mehreren Generationen ein wertvolles Besitztum derer von Trettin darstellte, und zerschmetterte auch diese.
    »Das solltest du in Zukunft lassen, meine liebe Mama«, ermahnte ihr Sohn sie. »Diese Vase hätten wir gut verkaufen können. Wir werden ohnehin einiges veräußern müssen, damit ich das Reisegeld für Berlin zusammenbekomme. Als ein Trettin auf Trettin kann ich dort nicht wie ein Bäuerlein vom Land auftreten.«

V.
    L ore von Trettin krauste die Stirn, als Komtess Nathalia bereits das dritte Mal mit Leutnant von Bukow tanzte, und diesmal sogar einen Walzer. Zwar war Bukow ein eleganter Offizier und ein ausgezeichneter Tänzer, aber in Lores Augen alles andere als ein wünschenswerter Bewerber um die Hand ihrer Freundin. Mit seiner Uniform und dem schneidigen Schnurrbart sah er blendend aus und war auch ein angenehmer Gesprächspartner, doch Lore hatte von einigen Frauengeschichten des Leutnants gehört. Schon so mancher Erbin sollte er eifrig den Hof gemacht haben.
    Während sie überlegte, wie sie Nathalia von ihrer Vorliebe für den Offizier abbringen konnte, sprach jemand sie an. »Sie haben sich mit diesem Fest wieder einmal selbst übertroffen, liebste Gräfin Trettin. Aber finden Sie nicht, dass Komtess Nathalia Leutnant von Bukow gegenüber etwas zu zuvorkommend ist?«
    Als Lore sich umdrehte, sah sie Rodegard von Philippstein vor sich, eine füllige Matrone, die nach Berlin gezogen war, um für ihre älteste Tochter einen passenden Bräutigam zu finden. Lore wusste daher, wie die Bemerkung zu verstehen war. Frau von Philippstein nämlich schien durchaus an dem jungen Mann interessiert. Auch wenn von Bukow nicht als vermögend galt, so hatte er doch angeblich die besten Aussichten, von seinem Großonkel, dem steinreichen Grafen Grimbert von Nehlen, als Erbe eingesetzt zu werden.
    Mit einem vor dem Spiegel eingeübten Lächeln blickte Lore die Dame an. »Leutnant von Bukow ist ein ausgezeichneter Tänzer, finden Sie nicht auch, liebste Frau von Philippstein? Da ist es für mich kein Wunder, dass Nathalia gerne mit ihm ihre Runden dreht. Ihre Gottlobine hat sich vorhin bereits das zweite Mal von ihm auffordern lassen, und wie ich hörte, will er es auch noch ein weiteres Mal tun.«
    »Hoffentlich«, murmelte Rodegard von Philippstein und enthüllte damit unbewusst ihre Pläne. Lore schenkte ihr ein mildes Lächeln und zog sich von dieser unangenehmen Frau zurück. Ihr Entschluss, ihrem Schützling Nathalia noch am selben Abend den Kopf zu waschen, stand fest. Leider kannte sie keinen jungen Mann, den sie ihr als ernsthaften Bewerber empfehlen konnte.
    »Was ist dir für ein Läuschen über die Leber gelaufen, meine Liebe?«, hörte sie ihren Ehemann fragen.
    »Nur ein Leutnant, der sich etwas zu aufdringlich um Nathalia bemüht«, antwortete Lore und gab dann zu, sich über Rodegard von Philippstein geärgert zu haben. »Denk dir nur, sie hat mir Vorwürfe gemacht, weil Nati schon das dritte Mal mit von Bukow tanzt. Dabei würde sie Beifall klatschen, wenn dieser den ganzen Abend nur für ihre Gottlobine Augen hätte. Mein Gott, wie
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