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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen
Autoren: Iny Lorentz
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mein Mündel unbeschadet zurückgebracht haben!« Lores Lächeln fehlte die Wärme, die Bukow sich erhofft hatte, und sie wandte sich sofort an Nathalia. »Du siehst erhitzt aus, meine Liebe. Du solltest für den restlichen Abend auf weitere Tänze verzichten.«
    »Das wäre grausam, gnädige Frau!«, rief Bukow aus. »Ich hatte die Hoffnung, das gnädige Fräulein zum Abschlusstanz führen zu dürfen.«
    »Dieses Vergnügen wird Ihnen nun leider verwehrt bleiben.« Lores Miene zeigte dem Leutnant deutlich, dass er für diesen Tag keinen weiteren Erfolg erwarten konnte. Daher verbeugte er sich erneut und bat, sich verabschieden zu dürfen.
    »Ich hoffe, Sie bleiben noch ein wenig. Fräulein von Philippstein hat für den nächsten Tanz noch keinen Kavalier gefunden.« Um Lores Lippen spielte ein amüsiertes Lächeln, als der Leutnant kurz durchatmete und auf Gottlobine zuging.
    Für einige Augenblicke waren Lore und Nathalia allein. »Was hast du eigentlich gegen Bukow?«, fragte das Mädchen sogleich.
    Lore wusste, dass sie mit Nathalia offen reden konnte. »Er hat mir ein paar Frauengeschichten und Skandale zu viel auf dem Kerbholz! Außerdem halte ich ihn für einen Mitgiftjäger, denn so gewiss, wie er immer tut, scheint ihm das Erbe seines Oheims nicht zu sein.«
    »Es gibt noch zwei Mitbewerber, doch der Leutnant glaubt, beide mit Leichtigkeit ausstechen zu können. Sollte dies der Fall sein, wäre Herr von Bukow auch für eine Komtess Retzmann die passende Partie«, erklärte Nathalia leichthin.
    Lore glaubte nicht recht zu hören. »Du hast dich doch nicht etwa in Bukow verliebt?«
    »Was heißt schon verliebt? So etwas gibt es nur in Romanen. Ich prüfe die Herren, die sich um mich bewerben, ob sie meinen Ansprüchen genügen. Tun sie das, überlege ich mir, wer sich am besten als mein Gatte eignet. Für Bukow sprechen einige Gründe, allerdings auch genügend dagegen. Übrigens verbringt er seine Ferien auf dem Gut seines Erbonkels – gemeinsam mit seinen beiden Konkurrenten, wie er zu seinem Leidwesen erfahren hat. Nun möchte er, dass ich ihn dort besuche. Du hast gewiss nichts dagegen, dass ich diese Einladung in unser beider Namen angenommen habe. Es ist nur etwa zehn Kilometer von meinem eigenen Gut entfernt, und die Fahrt dorthin wird ein gemütlicher Nachmittagsausflug werden.« Nathalia zwitscherte wie ein Vogel, so schien sie sich auf diesen Besuch zu freuen.
    Lores Sympathie für diesen Herrn sank weiter. Wie kam von Bukow dazu, ihren Schützling einzuladen. Schließlich war er weder der Besitzer des Ritterguts Nehlen noch der ausgewiesene Erbe, auch wenn er sich über seine Konkurrenten erhaben zu fühlen schien. Doch da sie Nathalia kannte, verkniff Lore sich jede weitere Kritik. Denn wenn sie ihrem Schützling etwas verbot, pflegte dieser ihre Worte eher als Aufforderung aufzufassen, es nun erst recht zu tun.
    »Also gut, schauen wir uns dieses Gut an. Schließlich musst du dich ja überzeugen, ob es einer Komtess Retzmann angemessen ist.«
    »So sehe ich es auch!« Nathalia lächelte ihr zu, entdeckte dann einen anderen jungen Offizier, der schnurstracks auf sie zueilte, und seufzte. »Ich habe ganz vergessen, dass ich Hauptmann Gierke auch einen Tanz versprochen habe. Wenn er nur nicht so langweilig wäre.«
    Ihren Worten zum Trotz neigte sie freundlich den Kopf und reichte dem Offizier die Hand. Als sie an dessen Arm über die Tanzfläche schwebte, sah sie in Lores Augen ganz und gar nicht so aus, als langweile sie sich in von Gierkes Gegenwart. Sie lachte sogar mehrfach über dessen Komplimente und bot genau das Bild, das Frauen wie Rodegard von Philippstein als ungezügelt bezeichneten.
    »Wie es aussieht, habe ich wieder einige Arbeit vor mir, was Natis Erziehung angeht«, seufzte Lore.
    Im nächsten Augenblick wurde sie von Wilhelmine von Dohnke in Beschlag genommen, der Ehefrau von Fridolins Kompagnon Emil. Während sie mit der Bankiersgattin plauderte, hielt sie Ausschau nach ihrem Ehemann. Doch wie es aussah, hatte dieser sich bereits mit seinen Geschäftspartnern zurückgezogen und es ihr überlassen, das kleine Fest mit Anstand zu beenden.

VI.
    F ridolin von Trettin wartete, bis ein Diener Zigarren und Likör bereitgestellt und das Zimmer wieder verlassen hatte, dann sah er Emil von Dohnke und dessen Schwiegervater auffordernd an. »Nun sagen Sie bitte, was Sie auf dem Herzen haben. Ihren Mienen zufolge muss die halbe Bank zusammengebrochen sein.«
    »Das nicht gerade«,
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