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0440 - Mein letzter Fall?

0440 - Mein letzter Fall?

Titel: 0440 - Mein letzter Fall?
Autoren: Jason Dark
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Manchmal nahm sie einen Schluck Wein. Auch jetzt wieder. Mit einem Zug leerte sie das Glas. Dann stand sie auf. Mit einer automatischen Bewegung strich sie den geblümten Stoff des Sommerkleides glatt. Es hatte einen viereckigen Ausschnitt. Auf der Haut wuchsen zahlreiche Sommersprossen. Sie waren ebenso fahl wie die einstmals blonden Haare.
    Noch zwanzig Sekunden!
    Auch ich erhob mich. Lilian ging vor mir her zur Tür. Dort blieb sie stehen, eine Hand auf die Klinke gelegt. Sie sah mich fragend an, ich aber nickte.
    »Wir werden es gemeinsam durchstehen.«
    »Ja, das hoffe ich. Ich habe es immer wieder erlebt. Peter wird auch in dieser Nacht schreien.«
    Peter war ihr zwölfjähriger Sohn. Seinetwegen war ich eigentlich hier, um ihn drehte sich alles. Seit einigen Tagen schon hatte Lilian Whyler bei uns im Büro angerufen. Glenda Perkins hatte sie stets vertrösten müssen. Nun hatte ich mir endlich die Zeit nehmen können. Der letzte Fall in Deutschland lag hinter mir. Dabei war ich in eine lebensgefährliche Lage geraten, und wäre da nicht ein Mädchen namens Ute Bender gewesen, hätte es mich nicht mehr gegeben.
    Es war nicht einfach für mich gewesen, dies zu verkraften. Überhaupt wird es irgendwann zur Qual, wenn man unter Dauerstreß steht und dem Tod so oft ins Auge schauen muß.
    Ich hatte an meine Vision immer wieder denken müssen, die mich überfiel, als ich auf dem Bett gelegen hatte. Da hatte ich einen Grabstein gesehen, auf dem mein Name stand. Auch jetzt fiel sie mir wieder ein.
    Lilian Whyler sah mir an, daß etwas nicht stimmte. »Haben Sie was?«
    »Nein, es ist alles okay. Ich dachte nur gerade über eine bestimmte Sache nach.«
    »Dann können wir?«
    »Ja, es wird Zeit.«
    Sie öffnete die Küchentür, so daß wir hinaus in den kleinen Flur treten konnten. Er war wirklich sehr schmal, man konnte sich kaum drehen.
    Dafür zweigten zwei Türen zu anderen Räumen ab.
    Einmal in das winzige Bad. Zum zweiten in den Wohn-/Schlafraum, in dem Peter Whyler lag und noch schlief.
    Der Linoleumbelag war wellig geworden. Im Flur brannte eine Wandleuchte. Ihr fahles Licht verdeckte gnädig den schlechten Zustand der Wohnung. In dem größeren Zimmer sah es auch nicht anders aus.
    In einem Raum leben, kochen und schlafen ist nicht gerade ein Vergnügen.
    Fünf Sekunden noch!
    Lilian Whyler hatte die Tür geöffnet. Auf Zehenspitzen betrat sie das Zimmer. Sie hätte auch normal gehen können, von ihrem Sohn wäre sie kaum gehört worden.
    Er lag in seinem Bett und schlief. Tagsüber war es eine Couch. Sie wurde am Abend in eine Schlafstätte verwandelt.
    Lilian Whyler blieb nahe der Tür stehen. Ich wollte nicht und schob mich an ihr vorbei.
    »Aber erschrecken Sie sich nicht, Mr. Sinclair. Das fängt sehr plötzlich an.«
    »Danke, ich bin vorbereitet.«
    Neben dem Bett blieb ich stehen. Es war zu dunkel, um den Jungen erkennen zu können. Ich sah nur seine Umrisse. Er lag nicht unter der Decke, sondern hatte sich auf sie gelegt und ein Bein angezogen. Sein Gesicht malte sich schemenhaft unter den dunklen Haaren ab.
    Es war Mitternacht, und er schrie nicht!
    Die Sekunden verrannen. Ich beobachtete einmal das Zifferblatt meiner Uhr, zum anderen den Jungen. Er lag ruhig, und seine Mutter, die ebenfalls bemerkt hatte, daß die Zeit überschritten worden war, trat kopfschüttelnd näher.
    »Das begreife ich nicht!« hauchte sie. »Er hat doch immer…«
    »Stopp!« flüsterte ich, da ich festgestellt hatte, daß etwas mit dem Jungen geschah.
    Er atmete heftiger. Schwer holte er Luft, als würde auf seiner Brust der schreckliche Alp sitzen, wie ich ihn bei meinem letzten Fall erlebt hatte.
    Über seine Lippen strömte ein leises Keuchen. Wenn mich nicht alles täuschte, lag bereits eine Schweißschicht auf seiner Stirn.
    Der Traum kam…
    Ein Wahrtraum? Ich wußte nur bruchstückhaft Bescheid und hoffte intensiv, in den folgenden Sekunden mehr zu erfahren.
    Lilian Whyler stand neben mir. Ihre Hand lag auf meiner Schulter, die Finger waren dabei gekrümmt. Irgendwann mußte sie ein paar Tropfen Parfüm auf ihre Haut gegeben haben, denn der Duft wehte in meine Nase.
    Peters Hände bewegten sich. Er öffnete und schloß sie. Auch sein Kopf blieb nicht ruhig. Ungestüm warf er ihn von einer Seite auf die andere, während sich sein Mund öffnete.
    »So ist es immer gewesen!« hauchte seine Mutter. »Ja, so hat es stets angefangen.«
    Ich enthielt mich eines Kommentars, denn ohne Vorwarnung schnellte der Körper des
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