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Juli, Die Viererkette

Juli, Die Viererkette

Titel: Juli, Die Viererkette
Autoren: Joachim Masannek
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den Holzpfahl berührte.
    „Hey, Michi!“, rief er vom Geschützstand des zweiten Stockes hinab und hielt den Dampfstrahler in seiner Hand. Neben ihm rappelte und ratterte schon der Kompressor.
    „Hey, Michi!“, rief Raban noch mal. „Wie gefällt dir denn dieses Kindergartenspielzeug?“
    Der Dicke Michi runzelte seine Stirn, erkannte die neue Gefahr und wollte schon fluchen, da schoss Raban los. Lachend und grölend schoss er den gebündelten, knallharten Wasserstrahl einen halben Meter über den Kopf des Dicken Michi hinweg.
    „Oh Mann, Raban! Wo schießt du denn hin?“, raufte sich Vanessa die Haare.
    „Genau! Was machst du da?“, lachte der Dicke Michi und setzte zum ersten Schnitt an.
    Doch Raban ließ sich in seinen Schießkünsten in keinster Weise beirren.
    „Ich honige dich!“, zischte er. „Hey, Michi, du schwabbelbauchiger Weltraumpups, schau doch einfach mal hoch. Man sollte immer wissen, was über einem hängt, findest du nicht?“
    Der Dicke Michi verstand kein Wort. Verdattert schaute er zum Dampfstrahl empor, folgte ihm, sah das Brett, das sich unter seinem ständigen Druck langsam drehte, und schrie dann viel zu spät auf.
    Der Honigeimer war längst schon gekippt, und zehn Liter klebriger Bienensaft stürzten auf ihn herab, erstickten den Schrei in seinem Mund und würgten den Monsterakkubohrer in seiner Hand ab.
    Der Dicke Michi wirbelte und würgte, doch er brachte keinen Ton mehr heraus. Schließlich rieb er sich den Honig aus seinen Augen und ballte die Faust zu Raban empor.
    Doch da stand jetzt Leon und hielt ein großes Plastikrohr in der Hand.
    „Hey, Michi, soll ich dir mal etwas sagen?“, fragte Leon so sanft wie ein Engel. „Ich bin mir jetzt sicher. Du bist absolut aggressiv. Wusstest du das?“
    Der Dicke Michi platzte vor Wut. Er warf seine Säge zu Boden und hob beide Fäuste Richtung Leon empor. Doch der schüttelte nur verständnisvoll den Kopf: „Siehst du, was hab ich gesagt? Ich glaube, dagegen müssen wir endlich was tun.“
    Leon griff unter das Plastikrohr, zog einen Haken nach hinten, und im selben Moment schnellte eine Feder nach vorn und schoss eine Sackladung Hühnerfedern auf den Dicken Michi hinab. Der hustete und prustete, aber die Federn blieben am Honig, der ihn am ganzen Körper bedeckte, nur zu gerne kleben. Binnen Sekunden verwandelte sich Darth Vader, der Schrecken der Stadt, in einen lustigen Schneemann. Selbst seine gefürchteten Fäuste, mit denen er jetzt wie wild um sich schlug, waren auf einmal so putzig wie Wattekugeln.
    „So, jetzt siehst du doch schon viel, viel friedlicher aus!“, lachte Leon, und das war dem Dicken Michi zu viel.
    Er brüllte vor Wut und suchte das Weite. Doch so weit kam er gar nicht. Schon vor dem Gartentor hielt er an, denn dort wartete Socke auf ihn, Leons und Marlons Hund mit den großen Fledermausohren.
    Doch Socke versuchte erst gar nicht, seine Ohren vor ihm zu verstecken. Er war sehr nett zum Dicken Michi, das sage ich euch. Fast glaube ich, dass er wusste, wie gebeutelt der arme Kerl war.
    Deshalb rümpfte Socke ganz vorsichtig seine Nase, knurrte noch ein bisschen und trieb den Dicken Michi wieder zurück, ohne auch nur einen Reißzahn zu zeigen.
    Dort, vor dem Baumhaus, warteten die Wilden Kerle auf ihn, und dort ergriff ich jetzt das Wort. „Ist es nicht komisch, wie man sich verändert, wenn man ohne Freunde dasteht?“, lachte ich.

    Dann wurde ich ernst: „Nun, du schuldest uns Geld. 168 Euro und keinen Cent mehr. Kreuzkümmel und Hühnerkacke! Die wollen wir wieder haben, ist dir das klar? Deshalb nutzt du deine Verkleidung. Geh so, wie du bist, zu deinem Cousin und sag ihm, dass es Winter geworden ist. Du brauchst jetzt dein Geld, und zwar heute noch und sofort. Dafür werden wir dann einige Sachen für uns behalten. Verstehst du mich jetzt?“
    Der Dicke Michi versuchte es wenigstens. Immer wieder sah er uns an, wie wir unseren Kreis um ihn herum schlossen und ihn immer enger und enger umringten. Dann knurrte Socke ganz leise, aber abgrundtief tief. Und da spätestens waren die Würfel gefallen.
    „Okay! Okay!“, beeilte er sich. „Ich bin in vier Stunden wieder zurück. Reicht euch das aus?“
    Ich zuckte die Achseln.
    „Mir schon. Aber was, meinst du, sagen deine Freunde dazu? Würdest du gern für vier lange Stunden in einer Hundehütte oder einer Mülltonne stecken?“
    Da rannte der Dicke Michi los. Doch vor dem Gartentor pfiff ich ihn noch mal zurück.
    „Hey! Warte!“, rief ich, und
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