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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Geißelung auf sich genommen hatte, um sich von seiner lächerlichen jüdischen Frau scheiden und sie heiraten zu können, wie sie untergetaucht und versunken waren in ihrer Liebe dort in dem kleinen Haus, das Titus ihnen überlassen, wie die Feindschaft zwischen ihnen aufgesprungen war, wie sie mit ihm um ihren Sohn gekämpft hatte, um diesen Paulus, wie sie ihn in seinem Triumph gesehen hatte, da man seine Büste aufgestellt im Friedenstempel und Rom ihm zugejauchzt, alles das, ihr wilder Haß und ihre wilde Liebe waren jetzt in ihr, unzertrennbar.
      Auch Phineas gab es auf, den Gleichgültigen zu spielen, als Annius von Judäa zu sprechen anfing, und sein großer, blasser Kopf rötete sich. Wenn wirklich Wirren in Judäa ausbrächen, so daß es gezüchtigt würde, das barbarische Land, wie herrlich wäre das! Phineas gönnte es den abergläubischen Juden, daß sie wieder einmal die Faust Roms zu spüren bekämen. Er gönnte es vor allem einem, diesem Josephus, seinem früheren Herrn. Er verachtete ihn, diesen Josephus, alles an ihm, seinen albernen Kampf um Paulus, seine Großmut und seine Demut, seinen Aberglauben, seine billigen Erfolge, sein elendes Griechisch, alles, alles. Herrlich wäre es, wenn diesem Josephus einmal wieder gezeigt würde, wie armselig sein Judäa war, wenn er wieder einmal zu spüren bekäme, was es heißt, Knechtschaft zu erleiden.
      In seine und der Dorion aufgewühlte Gedanken und Gefühle kamen Worte des Paulus. »Das wird einem gewissen Manne gewisse Schwierigkeiten bereiten«, sagte Paulus. Es waren einfache Worte, doch die Stimme, die sie sprach, war so erfüllt von Haß und Triumph, daß Dorion erschrak und daß selbst Annius Bassus hochsah. Auch ihm war Flavius Josephus zuwider; der offene, lärmende Soldat fand den Juden geduckt, schleicherisch. Doch wenn er, der römische Offizier, der gegen die Juden zu Felde gezogen war, zuweilen über den Josephus schimpfte und sich lustig machte, ihm war das erlaubt. Auch dem Phineas war es erlaubt, dem Freigelassenen des Josephus. Nicht aber war es erlaubt den beiden andern an diesem Tisch, nicht der Frau, die einmal mit diesem Juden vermählt gewesen war, nicht seinem Sohne. Nicht nur aus soldatischem Anstand lehnte sich Annius dagegen auf, er spürte auch, daß Dorions überhitzter Haß gegen Josephus aus einer Unsicherheit des Gefühls stammte. Wohl führte sie zuweilen ungerechte, ja unflätige Reden gegen ihn, doch dann wieder, wenn von ihm die Rede war, schleierten sich ihre Augen bedenklich. Dem Annius wäre es lieb gewesen, wenn sich seine Frau und sein Stiefsohn von dem zwielichtigen Mann innerlich ganz losgesagt hätten, so daß sie ihn weder haßten noch liebten.
      Vorläufig indes setzte Paulus seine Haßrede fort. Herrlich wäre es, wenn sich Judäa empörte und Anlaß gäbe, es endlich zu züchtigen. Was für ein Leben wäre es, wenn er hinüberfahren dürfte, teilnehmen an einer solchen Strafexpedition unter Führung Julians, dieses guten Lehrers. Wie müßte das seinen Vater, den Juden, treffen. »Ihr müßt mich hinüber nach Judäa lassen!« brach es aus ihm heraus.
      Dorion wandte den langen, dünnen Kopf gegen ihn, und ihre meerfarbenen Augen über der stumpfen Nase beschauten ihn nachdrücklich. »Nach Judäa? Du nach Judäa?« fragte sie. Es klang ablehnend, doch Paulus spürte, daß sie seinen Haß gegen den Juden, seinen Vater, teilte. »Ja«, beharrte er, und seine hellen Augen schauten heftig in die prüfenden der Mutter, »ich muß hinüber nach Judäa, nun es dort losgeht. Ich muß mich reinwaschen.« Sie klangen dunkel, diese leidenschaftlich hervorgestoßenen Worte: »Ich muß mich reinwaschen«; trotzdem verstand selbst der schlichte Soldat Annius, was sie besagen wollten. Paulus schämte sich seines Vaters, es verlangte ihn, gutzumachen, daß er dieses Vaters Sohn war.
      Jetzt aber war es genug, Annius wollte dieses heillose Gerede nicht länger anhören, er griff ein. »Ich höre solche Worte nicht gern aus deinem Mund«, tadelte er.
      Paulus merkte, daß er zu weit gegangen war, aber er beharrte, wenn auch in maßvolleren Wendungen. »Oberst Julian wird es einfach nicht verstehen«, sagte er, »wenn ich jetzt nicht nach Judäa gehe. Ich möchte nicht verzichten auf Oberst Julian.«
      Schmal und zart saß Dorion da, locker und doch streng, ihr ein wenig breiter, aus dem hochfahrenden Gesicht frech vorspringender Mund lächelte ein kleines, schwer deutbares Lächeln. Annius, sosehr dieses
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