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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Ruhelose an ihr, das unberechenbar Wilde, das Schlaue und Kräftige, er liebte in dieser Wölfin das Sinnbild der Stadt und des Reichs. Hochgereckt, die Arme eckig nach hinten gepreßt, den Bauch herausgedrückt, stand er vor dem Käfig. »Der Herr und Gott, der Imperator Flavius Domitianus Germanicus«, sprach er seinen Namen und Titel vor sich hin, und hinter ihm der Zwerg in der gleichen Haltung wie er selber sprach ihm die Worte nach vor dem Käfig der Wölfin.
      Sein Vater und sein Bruder mögen glänzendere Siege errungen haben als er. Aber es kommt nicht auf glänzende Siege an, sondern nur auf die Endresultate eines Krieges. Es gibt Feldherren, die nur Schlachten gewinnen können, aber keinen Krieg. Was er zusammen mit seinem bedächtigen Festungsbaumeister Frontin in Germanien geleistet hat, die Errichtung des Walles gegen die germanischen Barbaren, das glänzt nicht, aber es ist mehr wert als zehn glänzende und folgenlose Siege. Die Ideen dieses Frontin hätten die Feldwebel Vespasian und Titus niemals erfaßt oder gar durchgeführt.
      Schade, daß er den Frontin nicht als Oberkommandanten an die Donau nehmen kann. Aber es wäre gegen seine Prinzipien. Man darf keinen zu groß, man darf keinen übermütig werden lassen. Die Götter lieben nicht den Übermut. Der Gott Domitian liebt nicht den Übermut.
      Es ist natürlich tief bedauerlich, daß das Fünfzehnte Armeekorps aufgerieben ist, aber es hat auch sein Gutes. Wenn er es genau betrachtet, dann ist es ein Glück, daß die dakischen Dinge diese Wendung genommen und einen richtigen Krieg angefacht haben. Denn dieser Krieg kommt zur rechten Zeit, er wird Münder stopfen, die man sonst nicht so bald zum Schweigen hätte bringen können. Dieser Krieg wird ihm, dem Kaiser, den willkommenen Vorwand liefern, endlich gewisse unpopuläre innerpolitische Maßnahmen zu treffen, die er ohne den Krieg noch jahrelang hätte hinausschieben müssen. Jetzt, mit dem Vorwand des Krieges, kann er seine widerspenstigen Senatoren zwingen, ihm Konzessionen zu machen, die sie ihm im Frieden niemals eingeräumt hätten.
      Unvermittelt wendet er sich ab von dem Käfig, vor dem er noch immer steht. Er will sich nicht weiter verlocken lassen, zu träumen, seine Phantasie schweift zu leicht aus. Er liebt Methode, beinahe Pedanterie in den Regierungsgeschäften. Es verlangt ihn nach seinem Schreibtisch. Er will sich Notizen machen, ordnen. »Die Sänfte!« befiehlt er, über die Schulter, »die Sänfte!« gibt der Zwerg kreischend den Befehl weiter, und der Kaiser läßt sich zurück ins Schloß tragen. Es ist ein gutes Stück Weges. Erst geht es durch Oliventerrassen hinauf, dann durch eine Platanenallee, dann an Treibhäusern vorbei, dann durch Ziergärten und Wandelgänge, vorbei an Pavillons, Lauben, Grotten, Wasserkünsten aller Art. Es ist ein schöner, großer Park, der Kaiser liebt ihn, aber heute hat er kein Aug dafür. »Schneller!« herrscht er die Sänftenträger an, er möchte jetzt an seinen Schreibtisch.
      Endlich in seinem Arbeitszimmer, gibt er Weisung, ihn unter keinen Umständen zu stören, riegelt die Tür ab, ist allein. Er lächelt böse, er denkt an die albernen Gerüchte, die im Umlauf sind über das, was er anstelle, wenn er sich tagelang allein einschließt. Er spieße Fliegen auf, sagen sie, schneide Fröschen die Schenkel ab und dergleichen.
      Er macht sich an die Arbeit. Säuberlich, Punkt für Punkt, notiert er, was alles er unter Bezugnahme auf diesen Krieg aus seinem Senat herausholen will. Zunächst einmal wird er, endlich, seinen alten Lieblingsplan verwirklichen und sich die Zensur auf Lebenszeit übertragen lassen: die Zensur, die Oberaufsicht über Staatshaushalt, Sitte und Recht und damit auch die Musterung des Senats, die Befugnis, Mitglieder dieser Körperschaft aus ihr auszuschließen. Bisher hat er dieses Amt nur jedes zweite Jahr bekleidet. Jetzt, zu Beginn eines Krieges, dessen Dauer sich nicht absehen läßt, können ihm die Senatoren eine solche Stabilisierung seiner Rechte schwerlich verweigern. Er hat Respekt vor der Tradition, er denkt natürlich nicht daran, die Verfassung zu ändern, die die Teilung der Staatsgewalt zwischen Kaiser und Senat vorsieht. Er will diese weise Teilung nicht etwa aufheben: nur eben will er selber die Befugnis haben, die notwendige Kontrolle der mitregierenden Körperschaft vorzunehmen.
      Auch die Sittengesetze weiter zu verschärfen, bietet der Krieg willkommene Gelegenheit. Die
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