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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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lächerlichen, eingebildeten, aufsässigen Aristokraten seines Senats werden sich natürlich wieder darüber lustig machen, daß er andern jede kleinste Ausschweifung verwehrt, sich selber aber jede Laune, jedes »Laster« erlaubt. Die Narren. Wie soll er, der Gott, dem es nun einmal vom Schicksal aufgetragen ist, römische Zucht und Sitte mit eiserner Hand zu schützen, wie soll er die Menschen und ihre Laster kennen und strafen, wenn er nicht selber zuweilen jupitergleich zu ihnen herabsteigt?
      Sorglich formuliert er die zu erlassenden Vorschriften und Gesetze, numeriert, detailliert, sucht gewissenhaft nach Begründung jeder Einzelheit.
      Dann macht er sich an den Teil seiner Arbeit, der ihm der liebste ist, an die Zusammenstellung einer Liste, einer nicht großen, doch folgenschweren Liste.
      Es sitzen im Senat etwa neunzig Herren, die nicht verhehlen, daß sie ihm feind sind. Sie schauen herunter auf ihn, diese Herren, die ihre Ahnenreihen zurückführen bis zur Gründung der Stadt und noch darüber hinaus, bis zur Zerstörung von Troja. Sie nennen ihn einen Parvenü. Weil sein Urgroßvater Inhaber eines Inkassobüros und auch sein Großvater noch nichts Berühmtes war, darum glauben sie, er, Domitian, wisse nicht, was wahres Römertum sei. Er wird ihnen zeigen, wer der bessere Römer ist, der Urenkel des kleinen Bankiers oder die Urenkel der trojanischen Helden.
      Die Namen von neunzig solchen Herren sind ihm bekannt. Neunzig, das ist eine große Zahl, so viel Namen kann er nicht auf seine Liste setzen, es werden leider nur einige wenige der unangenehmen Herren während seiner Abwesenheit beseitigt werden können. Nein, er wird vorsichtig sein, er liebt keine Übereilung. Aber einige, sieben, sechs, oder sagen wir fünf, werden immerhin auf der Liste stehen können, und der Gedanke, daß er bei seiner Rückkehr wenigstens diese nicht mehr wird sehen müssen, wird ihm, wenn er fern von Rom ist, das Herz wärmen.
      Zuerst einmal, provisorisch, schrieb er eine ganze Reihe von Namen hin. Dann machte er sich daran zu streichen. Leicht fiel ihm das nicht, und bei manches Verhaßten Namenstilgung seufzte er. Aber er ist ein gewissenhafter Herrscher, er will sich bei seinen letzten Entscheidungen nicht von Sympathie oder Antipathie leiten lassen, sondern lediglich von staatspolitischen Erwägungen. Sorgfältig bedenkt er, ob dieser Mann gefährlicher ist oder jener, ob die Beseitigung dieses Mannes mehr Aufsehen erregen wird oder die Beseitigung jenes, ob die Konfiskation dieses Vermögens dem Staatsschatz mehr einbringen dürfte oder die Konfiskation jenes. Nur wenn die Waage durchaus gleich steht, mag seine persönliche Antipathie entscheiden.
      Namen für Namen bedenkt er so. Bedauernd streicht er den Helvid wieder von seiner Liste. Schade, aber es geht nicht, vorläufig muß er ihn noch schonen, diesen Helvid junior. Den Helvid senior hat seinerzeit bereits der alte Vespasian beseitigt. Einmal indes, und hoffentlich ist es nicht mehr lange hin, wird es so weit sein, daß er den Sohn dem Vater wird nachschicken können. Schade auch, daß er den Aelius nicht auf seiner Liste belassen kann, den Mann, dem er einst die Gattin entführt hat, Lucia, jetzt seine Kaiserin. Dieser Aelius pflegte ihn, den Domitian, immer nur »Wäuchlein« zu nennen, nie anders, das weiß er bestimmt, weil er einen beginnenden Bauch hat und weil ihm die Aussprache des B nicht immer glückt. Schön, mag ihn Aelius noch eine Weile Wäuchlein nennen; einmal wird auch für ihn die Stunde kommen, da ihm die Witze vergehen.
      Es blieben schließlich fünf Namen auf der Liste. Doch selbst diese fünf schienen dem Kaiser jetzt noch zuviel. Er wird sich mit vier begnügen. Er wird sich noch mit Norban beraten, seinem Polizeiminister, ehe er sich entschließt, wen er nun endgültig in den Hades hinabschicken wird.
      So, und nun hatte er sein Pensum erledigt, und nun war er frei. Er stand auf, streckte sich, ging zur Tür, sperrte auf. Er hatte die Essenszeit über gearbeitet, man hatte ihn nicht zu stören gewagt. Jetzt wollte er essen. Er hatte fast seinen ganzen Hof hierher nach Alba bestellt und seinen halben Senat, so ziemlich alle, denen er freund und denen er feind war; er wollte die Geschäfte des Reichs, bevor er seine Hauptstadt verließ, hier in Alba ordnen. Soll er sich Unterhaltung schaffen? Soll er den einen oder andern zur Tafel befehlen? Er dachte an die vielen, die jetzt hier eintrafen in ununterbrochenem Fluß,
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