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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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er stellte sich vor, wie sie sich verzehrten in sorgenvoller Spannung, was wohl der Gott Domitian über sie beschließen werde. Er lächelte tief und böse. Nein, sie sollen unter sich bleiben, er wird sie sich selber überlassen. Sie sollen warten, den Tag über, die Nacht, und vielleicht noch einen Tag, ja vielleicht noch eine Nacht, denn der Gott Domitian wird seine Entschlüsse langsam bedenken und nichts übereilen.
      In dieser seiner Residenz Alba wird jetzt vielleicht auch schon Lucia eingetroffen sein, Lucia Domitia, seine Kaiserin. Des Domitian Lächeln schwand von seinem Gesicht, da er an Lucia dachte. Er ist ihr gegenüber lange nichts anderes gewesen als der Mann Domitian, dann aber hat er auch ihr den Herrn und Gott Domitian zeigen müssen, er hat ihren Lieb ling Paris beseitigen und sie durch den Senat wegen Ehebruchs nach der Insel Pandataria verbannen lassen. Es trifft sich gut, daß er vor drei Wochen seinem Senat und Volk Weisung gegeben hat, ihn zu bestürmen, er möge die geliebte Kaiserin Lucia zurückrufen. Er hat sich denn auch erweichen lassen, hat Lucia zurückgerufen. Sonst hätte er zu Felde ziehen müssen, ohne sie zu sehen. Ob sie schon da ist? Wenn die Reise glatt vonstatten ging, dann muß sie schon eingetroffen sein. Er hat nicht zeigen wollen, daß ihm daran liegt, zu wissen, ob sie eingetroffen sei; er hat Weisung gegeben, ihn nicht zu stören, ihm niemandes Ankunft zu melden. Sein Herz sagt ihm, sie sei da. Soll er nach ihr fragen? Soll er sie bitten, mit ihm zu essen? Nein, er bleibt der Herrscher, er bleibt der Gott Domitian, er bezwingt sich, er fragt nicht nach ihr.
      Er ißt allein, hastig, achtlos, er schlingt, er spült die Bissen mit Wein hinunter. Schnell ist die einsame Mahlzeit beendet.
      Und was soll er jetzt tun? Was kann er unternehmen, um den Gedanken an Lucia zu vertreiben?

    Er suchte den Bildhauer Basil auf, den der Senat beauftragt hatte, eine Kolossalstatue des Kaisers anzufertigen. Seit langem hatte der Künstler ihn gebeten, seine Arbeit zu besichtigen.
      Schweigsam beschaute er das Modell. Er war zu Pferde dargestellt mit den Insignien der Macht. Es war ein guter, heldischer, kaiserlicher Reiter, den der Bildhauer Basil geschaffen hatte. Der Kaiser hatte nichts an dem Werk auszusetzen, allein Gefallen daran fand er auch nicht.
      Der Reiter trug zwar seine, des Domitian, Züge, aber er war gleichwohl irgendein Kaiser, nicht der Kaiser Domitian.
      »Interessant«, sagte er schließlich, doch in einem Ton, der seine Enttäuschung nicht verbarg. Der kleine, hurtige Bildhauer Basil, der die ganze Zeit aufmerksam des Kaisers Züge durchspäht hatte, erwiderte: »Sie sind also nicht zufrieden, Majestät? Ich bin es auch nicht. Das Pferd und der Rumpf des Reiters fressen zuviel Raum weg, es bleibt zuwenig für den Kopf, für das Gesicht, fürs Geistige.« Und da der Kaiser schwieg, fuhr er fort: »Es ist schade, daß mich der Senat beauftragte, Eure Majestät zu Pferde darzustellen. Wenn Eure Majestät erlauben, dann mache ich den Herren einen Gegenvorschlag. Ich spiele da mit einer Idee, die mir reizvoll scheint. Mir schwebt vor eine Kolossalstatue des Gottes Mars, die Eurer Majestät Züge trägt. Ich denke natürlich nicht an den üblichen Mars mit dem Helm auf dem Kopf, der Helm würde mir zuviel von Ihrer Löwenstirn wegnehmen. Was mir vorschwebt, ist ein ruhender Mars. Darf ich Eurer Majestät einen Versuch zeigen?« Und da der Kaiser nickte, ließ er das andere Modell herbeischaffen.
      Er hatte dargestellt einen Mann von gewaltigem Körperbau, doch sitzend, in bequemer Haltung ausruhend. Die Waffen hatte der Gott abgelegt, das rechte Bein hatte er lässig vorgestellt, das Knie des linken, hinaufgezogen, hielt er lässig mit beiden Händen umfaßt. Der Wolf lag ihm zu Füßen, der Specht saß frech auf dem abgelegten Schild. Das Modell war offenbar in der ersten Phase, aber der Kopf war schon ausgeführt, und dieser Kopf, ja, das war ein Haupt, wie es dem Domitian gefiel. Die Stirn hatte wirklich das Löwenhafte, von dem der Künstler gesprochen, sie erinnerte an die Stirn des großen Alexander. Und die Haartracht gar, die kurzen Locken, gaben dem Kopf eine Ähnlichkeit mit gewissen bekannten Köpfen des Herkules, des angeblichen Ahnherrn der Flavier, eine Ähnlichkeit, die einige der Herren Senatoren nicht schlecht ärgern wird. Leicht gekrümmt sprang die Nase vor. Die geblähten Nüstern, der halboffene Mund atmeten Kühnheit, herrische
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