Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy
Autoren: Mark O'Sullivan
Vom Netzwerk:
egal, wie jung oder alt sie sind. Schmerz auch.
    »Raymond hat mich gebeten, Sie fertig zu machen für den Arzt«, sagt Mam. »Wir wollen doch, dass Sie hübsch aussehen, nicht wahr?«
    Sie wischt Mrs Casey das Gesicht mit feuchten Tüchern, die auf dem Nachttisch liegen. Auch Lidschatten findet sie dort. Ich kann nicht glauben, wie ruhig ihre Hände sind, wie gefasst sie überhaupt ist. Als Mrs Casey die Augen schließt, damit Mam den Lidschatten auftragen kann, macht sie sie nicht wieder auf, und es dauert nicht lange, dann hören wir Schritte auf der Treppe und müssen sie den Sanitätern in ihren gelben Leuchtwesten überlassen und der Krankenschwester in der blauen Strickjacke.
    Von Mrs Caseys Haustür aus sehen wir, dass hinter dem Krankenwagen ein Streifenwagen parkt. Brian redet durchs Seitenfenster mit Starsky.
    »Du hast gesagt, sie sperren mich nicht ein«, beklagt sich Jimmy, aber sie hakt ihn unter und zieht ihn sanft weiter.
    »Sie wollen nur Mrs Casey helfen«, sagt sie.
    »Sie braucht Hilfe, ja«, sagt er. »Ich hab ihr gesagt, wer ich bin, aber sie hat’s mir nicht geglaubt. Wer ist Raymond?«
    »Jemand, den sie gekannt hat«, sage ich.
    Auf dem Weg nach Hause gehen sie vor Sean und mir. Mam versucht, mit ihm im gleichen Schritt zu gehen, aber das ist nicht leicht mit dem Fuß, der alle paar Schritte Zicken macht, und es sieht fast aus, als würde er sie hinter sich herziehen, allerdings nicht unwirsch. Brian und Starsky grüßen ihn, aber er nickt nur und geht so schnell wie möglich an ihnen vorbei.
    Sean bleibt bei ihnen stehen – um ihnen zu erklären, was passiert ist, nehme ich an. In unserer Einfahrt hole ich die beiden ein. Martins Mercedes parkt da noch, und sie haben daneben angehalten. Sie schauen an mir vorbei zu Mrs Caseys Haus zurück. Die Sanitäter kommen gerade mit der metallenen Tragbahre aus dem Haus. Wir spüren die Kälte.
    »Meinst du’s wirklich ernst, dass ich ins Head-Up-Haus ziehen darf?«, fragt Jimmy Mam. »Ja? Bitte, Judy!«
    »Ja.«

36
    Ich weiß nicht, wozu der Stress gut sein soll. Vielleicht ist es noch das Adrenalin in meinen Adern, aber ich hab’s so eilig, aus der Garderobe herauszukommen, dass ich mir nicht mal die dicke Schicht Bühnenschminke vom Gesicht wische. Ich habe schon genug Zeit damit verschwendet, mein Kostüm gegen meine eigenen Klamotten zu tauschen. Jill umarmt mich auf ihre theatralische Weise. Ich spüre Tränen und höre sie flüstern, aber ich kann sie in dem Gekreische und Geschrei nicht verstehen. Ich mache mich von ihr los, lächelnd natürlich und mit einem »Bis morgen dann!«, aber sie kann mich genauso wenig hören wie ich sie, also beschließen wir das Ganze mit einem Lachen, und ich kämpfe mich durch die Menge, lächle wieder, ohne zu verstehen, was man mir sagt oder hinterherruft, und antworte trotzdem. »Super!« »Du warst spitze!« »Sorry!« »Cool!« »Sorry!« »Kann ich mal durch?« »Danke!« »Danke!«
    Draußen klatschen sich ein paar jüngere Typen ab und rempeln sich an, während sie versuchen, sich in die Garderobe zu drängen. Ich schaffe es die Treppe zum Foyer der Aula hinunter. Am Abend der Premiere ist es natürlich brechend voll. Mam und Jimmy kann ich in der Menge nicht sehen. Sie warten wahrscheinlich draußen , denke ich, so einen Lärm hält Jimmy nicht aus.
    Es gibt keine Abkürzung zum Ausgang, darum muss ich durch die Menschenmenge durch. Bekannte und unbekannte Gesichter tauchen vor mir auf, und ich versuche, höflich zu sein und hier und da ein paar Worte zu wechseln, aber es fühlt sich zunehmend absurd an. Die Schminke scheint zu einer grinsenden Maske erstarrt, die ich nicht mehr absetzen kann. Ich mag nicht, wie mein Herz rast, weil ich Angst habe, mein Gehirn rast hinterher. Ich habe immer noch erst die Hälfte des Wegs zum Ausgang geschafft. Denke ich jedenfalls. Jeder hier scheint mindestens einen Kopf größer zu sein als ich, und es ist so heiß, dass ich kaum Luft bekomme.
    Jemand nimmt mich am Arm, und wir gehen schneller. Brian. Sean ist auch dabei. Sie sind nicht so rücksichtsvoll wie ich und benutzen die Ellbogen. Ich halte den Kopf gesenkt und tue so, als ginge es mich nichts an. Dann erreichen wir den Ausgang, und Brian stößt die Tür für mich auf. Eine frische Brise reicht, und ich kann wieder atmen.
    »Sie warten am Schultor auf dich«, sagt Brian. »Du warst klasse, Mann.«
    Sean legt mir den Arm um die Schultern und drückt mich.
    »Toller Auftritt, Eala«, sagt er und lässt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher