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Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod

Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod

Titel: Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod
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Der Wagenschaffner, ein freundlich lächelnder grauhaariger Neger, nahm sich Blairs an. Er ließ sich das Ticket geben.
    »Sonderabteil 18! Hier bitte, Sir!«
    Das Abteil war geräumig, eingerichtet mit Klapptisch und einem bequemen Sessel. Die Sitzbank konnte in ein ausreichend breites Bett verwandelt werden. Eine schmale Seitentür führte in das Waschkabinett. Die großen Eisenbahngesellschaften konnten sich der Konkurrenz des Flugverkehrs nur dadurch erwehren, daß sie ihren Passagieren den Komfort eines Hotels boten.
    »Wann erreichen wir Washington?« fragte Blair.
    »Morgen früh zehn Uhr 13 Ortszeit! Wollen Sie zu Abend essen? Soll ich Ihnen einen Platz im Speisewagen reservieren lassen?«
    Der Ingenieur sah, daß die Blicke des Schaffners immer wieder nach der Aktentasche und dem lederumwickelten Stahldrahtband wanderten, das sein Handgelenk mit der Tasche verband.
    »Es macht wenig Spaß, mit diesem Hindernis im Speisewagen aufzukreuzen. Die anderen Gäste würden ebenso neugierig darauf starren wie Sie! Servieren Sie mir das Abendessen hier!« Er bestellte kaltes Fleisch und einige Salate. Außerdem bat er um zwei Dosen Bier.
    Knapp zehn Minuten später brachte der Schaffner ein Tablett.
    »Läuten Sie, Sir, wenn ich Ihnen das Bett richten soll!«
    Der Ingenieur lachte. »Nicht nötig, mein Freund! Dieses Ding zwingt mich, mich mit einer Decke zu begnügen.«
    Der Neger rollte die Augen. »Wichtige Dokumente, Sir?«
    »Natürlich«, antwortete Blair ärgerlich. »Sonst würde man mich nicht daran anketten wie einen Hund an seine Hütte.«
    Er verfluchte die Sicherheitsbestimmungen, die ihm verboten, ein Flugzeug zu benutzen, und ihn zwangen, vierzehn Stunden in einem Eisenbahnabteil zuzubringen, ohne sich ausziehen und richtig waschen zu können. Die feuerfeste Tasche war im geheimen Konstruktionsbüro der Air Trust Company an sein Handgelenk angeschlossen worden, und erst der zuständige Oberst im Pentagon besaß den zweiten Schlüssei, mit dem das Schloß geöffnet werden konnte.
    Das Stahlseil war so lang, daß Blair die Tasche zwischen seine Füße stellen und beide Hände benutzen konnte, wenn er aß, trank oder rauchte. Gegen Mitternacht läutete er noch einmal dem Schaffner und ließ sich eine dritte Dose Bier bringen.
    »Nicht nötig, mich morgen zu wecken«, sagte er. »Legen Sie Kopfkissen und Decke bereit!« Er schloß die Tür hinter dem Schaffner, streckte sich auf den Polstern der Sitzbank aus und leerte die Bierdose im Liegen. Er las noch ein wenig in einer Abhandlung über neue Einspritzsysteme für Raketenmotore, denn auf diesem Gebiet arbeitete er selbst, und die Konstruktionszeichnungen und Berechnungen in der Aktentasche bezogen sich auf solche leistungssteigernden Entwicklungen.
    Gegen ein Uhr, als der Expreß Roanoke in Virginia passiert hatte, löschte Melvin Blair das Licht und zog die Decke zum Kinn. Wenige Minuten später war er eingeschlafen.
    Als er aufwachte, wußte ,er in den ersten Sekunden weder, wo er sich befand, noch welches Geräusch ihn geweckt hatte. Dann hörte er das Einschnappen eines Türschlosses, und das Rattern von Rädern erinnerte ihn daran, daß er in einem Zugabteil lag.
    »Ist dort jemand?« fragte er. Er streckte die Hand aus und tastete nach dem Lichtschalter. Bevor er ihn fand, traf ein scharfer Lichtstrahl sein Gesicht. Geblendet kniff er die Augen zu.
    Ein scharfes Fauchen übertönte für eine Sekunde die Fahrgeräusche des Zuges. Blairs Körper bäumte sich auf. Die erhobene Hand fiel zurück und schlug hart auf die Platte des Klapptisches.
    ***
    Als der Tennessee-Washington-Expreß in gedrosseltem Tempo durch die Vorstädte Washingtons glitt, fiel dem Negerschaffner ein, daß er den Reisenden aus Sonderabteil 18 noch nicht gesehen hatte. Er zwängte sich an den Fahrgästen, die plaudernd im Gang standen, vorbei zur Tür von Nummer 18 und klopfte gegen das Holz. »Sir, wir erreichen Washington in fünf Minuten! Wünschen Sie noch Frühstück?«
    Niemand reagierte. Der Schaffner drehte den Türknopf und öffnete. Das helle Tageslicht fiel durch die breite Spiegelglasscheibe. Dem entsetzten Schaffner bot sich ein grausiger Anblick.
    Melvin Blair lag flach auf dem Rücken. Aus seiner Stirn ragte das Ende eines Stahlstiftes von Fingerstärke. Das Blut aus der Wunde war über seine linke Gesichtshälfte geströmt, über die Polster gesickert und hatte eine rote Lache auf dem Boden gebildet. Vom Handgelenk des Toten baumelte ein Stück des Stahlbandes. Die
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