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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika
Autoren: Tania Blixen
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einer von ihnen zu mir und klagte über einen Löwen, der ihnen die Kühe raubte, und bat mich, auszuziehen und ihn für sie zu schießen. Das tat ich dann, wenn ich konnte. Manchmal ging ich an Samstagen hinaus auf die Orungisteppe und schoß ein oder zwei Zebras als Braten für meine Arbeiter; ein ganzer Schwanz vertrauensseliger junger Kikuju zog hinter mir her. Ich schoß Geflügel auf der Farm, Spornhühner und Perlhühner, die sehr schmackhaft waren. Aber auf Jagdzüge ging ich viele Jahre nicht mehr.
    Doch erzählten wir uns auf der Farm noch oft von den Safaris, die wir mitgemacht hatten. Lagerplätze prägen sich in das Gedächtnis ein, als hätte man ein ganzes Stück seines Lebens auf ihnen verbracht. Man erinnerte sich an die Kurve einer Radspur im Gras der Steppe, als hätte sie sich einem ins Gemüt eingedrückt.
    Auf Safari habe ich einmal eine Büffelherde von einhundertundneunundzwanzig Stück unter einem kupferbraunen Himmel einzeln aus dem Morgennebel hervortauchen sehen, als ob die dunklen, schwarzen, ehernen Tiere mit ihren mächtigen, seitlich geschwungenen Hörnern nicht auf mich zukämen, sondern vor meinen Augen erschaffen und stückweise, wie sie fertig wurden, herausgeschoben würden. Ich habe eine Herde von Elefanten durch den dichten Urwald wandern sehen, da, wo die Sonnenstrahlen sich zwischen dem dichten Gerank in lauter kleine Lichter und Flecken zerteilen; sie schritten aus, als hätten sie eine Verabredung am anderen Ende der Welt. Sie wirkten wie die riesenhaft vergrößerte Kante eines sehr alten, unendlich kostbaren persischen Teppichs von grüner, gelber und schwärzlichbrauner Farbe. Ich habe wiederholt die Giraffen durch die Steppe ziehen sehen mit ihrer seltsamen, unvergleichlichen pflanzlichen Anmut, als seien sie nicht eine Herde von Tieren, sondern eine Gattung langstengeliger, gesprenkelter Riesenblüten, die langsam vorwärts schwebten. Ich bin in der Frühe zwei Nashörnern auf ihrem Spaziergang gefolgt; sie sogen schnaubend und grunzend die Morgenluft ein, die so kalt ist, daß sie die Nüstern beizt, und sahen aus wie zwei klobige Felsblöcke, die durchs Tal kobolzten und ihren Spaß miteinander hatten. Ich habe den königlichen Löwen gesehen, wie er vor Sonnenaufgang im Schein des verblassenden Mondes über die graue Steppe heimkehrte vom nächtlichen Beutezug – dunkel zog sich seine Spur durch das silbrige Gras, sein Maul war noch rot bis an die Ohren –, oder bei seiner Mittagsrast, wenn er behaglich im Kreise der Seinen auf dem kurzen Rasen im hellen, frühlingszarten Schatten der Schirmakazien in seinem Lustgarten Afrika ausruhte.
    Es war schön, all dieser Bilder zu gedenken, wenn es still und öde auf der Farm war. Und die wilden Tiere lebten noch da draußen in ihrem Revier, ich konnte hinausziehen und sie wiedersehen, wenn ich wollte. Ihre Nähe gab der Stimmung auf der Farm etwas Beschwingtes, Lockendes. Farah, der mit den Jahren einen warmen Anteil am Fortgang der Farm nahm, und meine anderen alten Jagdgenossen lebten in der Hoffnung auf neue Safaris.
    Draußen in der Wildnis habe ich gelernt, hastige Bewegungen zu meiden. Die Tiere, denen man dort begegnet, sind scheu und wachsam, sie verstehen es, einem zu entwischen, wenn man es am wenigsten erwartet. Kein Haustier kann so still sein wie ein wildes Tier. Die Kulturmenschen haben die Fähigkeit des Stillseins verloren und müssen vom wilden Tier Ruhe lernen, wenn sie von ihm anerkannt werden wollen. Die Kunst der Bewegung ohne plötzlichen Ruck ist die erste, die der Jäger sich aneignen muß, zumal der Jäger mit der Kamera. Jäger dürfen nie ihrer Laune folgen, sie müssen sich anpassen an Wind und Farben und Geruch der Landschaft und müssen sich das Zeitmaß ihrer Umwelt einverleiben. Sie wiederholt zuweilen dieselbe Bewegung immer und immer wieder, und der Jäger muß das gleiche tun.
    Wer den Rhythmus Afrikas erfaßt hat, wird finden, daß er in all seinen Melodien wiederkehrt. Was ich beim Wild des Landes gelernt hatte, kam mir zugute beim Umgang mit den Eingeborenen.
     
    Frauen und Weiblichkeit lieben ist eine Männereigenschaft, so wie Männer und Männlichkeit lieben eine Fraueneigenschaft ist, und so gibt es eine Leidenschaft für den Süden und seine Menschen, die nur der Nordländer empfindet. Die Normannen haben sich wohl auch in die fremden Länder verliebt, erst in Frankreich und dann in England. Die alten Mylords, die die Geschichtsschreiber und Romandichter des achtzehnten
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