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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman
Autoren: Matt Beaumont
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MONTAG
    Kate : Was geht hier eigentlich vor? Er schläft neben mir – die Unschuld in Person, nur einen halben Meter von mir entfernt, und doch scheint es, als befände er sich auf einem anderen Planeten. Da lebt man nun fast zehn Jahre mit einem Mann zusammen, nur um eines Nachts zu erkennen, dass man fast gar nichts über ihn weiß, dass in seinem Kopf eine Welt zu existieren scheint, in der man nicht mal gelegentlich zu Gast ist. Ob so was früher oder später allen Paaren widerfährt? Man kommt zusammen, erfährt seine Schuhgröße, seine Lieblingsband, seine Vorlieben und Abneigungen – unterm Strich genug, um ihn sympathisch zu finden. Dann heiratet man, und es legt sich ein Schalter um. Stillstand.
    Ob es ihm wohl genauso geht? Ob er mich, abgesehen von der Tatsache, wie ich meinen Kaffee mag und dass ich Gewalt in Filmen nicht ausstehen kann, womöglich so gut wie gar nicht kennt? Nein, für so was hab ich jetzt keine Zeit. Nicht um zwei Uhr morgens. In sieben Stunden muss ich meinen Vorgesetzten in der Kanzlei gegenüber so tun, als hätte ich den neuesten Entwurf für das aktuelle Arbeitsschutzgesetz ganz allein verfasst. »Der Arbeitsvertrag: Vertragsverletzungen und Gehaltskürzungen (PL810) …« Warum um Gottes willen tue ich mir diesen Mist um zwei Uhr morgens an? Cameron ist aufgewacht und weint. Der arme kleine Krümel. Ich werde mal besser nach ihm sehen und … Nein! Dafür hab ich jetzt keine Zeit! Wahrscheinlich will er nur sein Häschen. Soll sich doch Christie darum kümmern; dafür wird sie schließlich bezahlt. Los jetzt, Kate, der Arbeitsvertrag!
    Ach, Marco, was zum Teufel geht bloß in deinem attraktiven Köpfchen vor?
    Marco : Ich stehe vor dem Laden … Alles ist genau wie im richtigen Leben, nur irgendwie noch schöner … neuer … pinkfarbener … wohlriechender … brennende Kerzen und liebenswerte, hübsche Objekte, wohin man sieht … Es ist ein Schrein … Ein Schrein für sie … Und da ist sie auch schon. Wo sie immer ist … hinter der Ladentheke. Genau wie im richtigen Leben, nur irgendwie noch schöner … Sie ruft mich … Marco  … Sie kennt meinen Namen! Ich frage mich, ob sie tatsächlich weiß, wie ich heiße … Im richtigen Leben, meine ich … Das wäre toll … Aber das hier ist ein Traum, oder? Ich frage mich, was sie gerade tut. Im richtigen Leben, meine ich …
    Ali : Ich schnappe mir das Kopfkissen und hebe es hoch. Jetzt schwebt es nur noch wenige Zentimeter über seinem Kopf. Ich werde es tun. Ich werde es tun .
    Im Kino sieht das immer so leicht aus. Man presst ihnen das Kissen fest aufs Gesicht und wartet einfach ab, bis aller Widerstand erlahmt. In den einschlägigen Hollywoodschinken schaffen die so was regelmäßig unter zehn Sekunden. Im richtigen Leben zieht sich die Sache vermutlich ein bisschen länger hin. Aber ich weiß, ich könnte es tun. Natürlich ist er stärker als ich, aber mit dem Überraschungseffekt auf meiner Seite und meinem vollen Gewicht auf seinem Brustkorb – ich habe etwas zugenommen in letzter Zeit – könnte ich ihn sicher erledigen, oder nicht? Dann wäre er im Schlaf dahingeschieden. Was für ein gnadenvolles Ende. Im Grunde tue ich ihm sogar einen Gefallen damit. Will denn nicht jeder von uns in seinem eigenen Bett sterben? Ich zumindest würde es mir wünschen.
    Er schnarcht immer noch. Ohrenbetäubend .
    In Wahrheit ist es gar nicht soooo laut. Doch im Verlauf der letzten drei Stunden scheint dieses entsetzliche Geräusch immer weiter angeschwollen zu sein. Als ob es in meinem Kopf durch eine Art Verstärker gejagt würde. Das Getöse klingt wie U2 live; in einem richtig großen Stadion; auf einer gigantischen Freilichtbühne irgendwo in Texas. Nein, nicht wie U2. Die sind mir eigentlich egal. Bono mag ein nerviger kleiner Penner sein, aber ich könnte die Musik von U2 wahrscheinlich an die drei Stunden ertragen, ohne durchzudrehen. Gibt’s noch ’ne nervtötendere Band? Vielleicht Status Quo oder so.
    Er schnarcht immer noch.
    Immer noch und immer wieder.
    Wieder und wieder.
    Jedes Mal, wenn er ausatmet, versteift sich mein Körper in Anbetracht des Unausweichlichen, in perverser Erwartung des durchdringenden, röchelnden Luftholens. Und jedes Mal gibt es dazwischen diese trügerische Pause von einigen Sekunden. Eine Pause, die keinen Aufschub oder gar das Ende dieser Tortur signalisiert, sondern die Anspannung nur noch vergrößert. Im Grunde so eine Art Davina-McCall-Trick. Wann immer sie
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