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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman
Autoren: Matt Beaumont
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nimm mal ab«, schreit Kate aus dem Flur. »Ich bin schon ziemlich spät dran!«
    Ich ignoriere auch sie.
    »Marco!«
    »Ich telefoniere gerade auf der anderen Leitung!«, gebe ich zurück. Ich schnappe mir das Geschäftstelefon von meinem Schreibtisch und presse es an mein Ohr – für alle Fälle.
    »Christie … Christie! «, ruft Kate. »Das Telefon!«
    Keine Antwort. Ich hab gehört, wie unser Kindermädchen vor ein paar Minuten mit Cameron das Haus verlassen hat. Aber das erzähle ich Kate nicht. Immerhin telefoniere ich ja gerade auf der anderen Leitung … Ich höre, wie ihre Absätze verärgert über die Fliesen klackern. Ich höre ihr kurz angebundenes »Hallo?«, als sie den Anruf entgegennimmt. Und dann: »Siobhan, hallo. Sorry, bin gerade auf dem Sprung. Wie immer … Nein, kein Problem, ein paar Minuten Zeit hab ich noch … Dinner am Samstagabend? Diesen Samstagabend …?«
    Ich zucke zusammen. Dinner bei Siobhan. Das bedeutet auch Dinner bei Dominic. Dom ist Standup-Comedian. Hat vor einigen Jahren sogar fast mal einen Preis in Edinburgh gewonnen. Ich war noch nie bei einem seiner Auftritte, aber ich habe gehört, er soll recht witzig sein. Andererseits war er noch nie sonderlich witzig, wenn ich ihn getroffen habe. Er meint, das liege daran,dass er dann außer Dienst sei. Er meint auch, ein Erdkundelehrer würde seiner Familie nach dem Unterricht schließlich auch nicht einen Vortrag über den Ostafrikanischen Grabenbruch halten. Eigentlich ein nicht unkomischer Vergleich, mit dem er sich meiner Meinung nach aber selbst in den Fuß geschossen hat.
    Der langen Rede kurzer Sinn: Ich fühle mich in Dominics Gesellschaft einfach nicht wohl. Obwohl er kein bisschen witzig ist, wann immer ich ihn treffe, weiß ich, dass er es ist. Das Problem dabei ist, dass ich es nicht bin – ich habe nicht den geringsten Sinn für Humor. Und bevor ich dann irgendwas unglaublich Peinliches, unglaublich Unwitziges sage, sage ich lieber gar nichts. Was dazu führt, dass Kate mich vorwurfsvoll anstarrt. Was wiederum dazu führt, dass ich mich noch unwohler fühle. Was dazu führt, dass Kate mich noch vorwurfsvoller anstarrt, und so weiter.
    »… Ja, wir kommen gern«, sagt Kate. »Acht Uhr, prima. Soll ich was mitbringen …? Gut, also nur was zu trinken … Ja, wir freuen uns auch … Bye.«
    Sie beendet das Gespräch, und ich beginne, in mein Telefon zu sprechen: »Okay … Ja, gut … In ein paar Tagen, schätze ich …« Ich hebe eine Hand, als Kate um die Ecke meines Arbeitszimmers lugt. »… mailen Sie mir doch einfach die JPGs, und ich rufe Sie dann zurück … Prima, bis später. Bye.« Ich lege mein Telefon auf den Tisch.
    »Das war Siobhan«, verkündet Kate. »Hat uns für Samstagabend eingeladen.«
    »Oh«, sage ich.
    »Ist doch okay, oder?«
    »Tja, ich –«
    »Also ich muss mich jetzt sputen. Bin ziemlich spät dran. Mit wem hast du eigentlich telefoniert?«
    »Ach, nur mit einem Kun …«
    Doch sie ist schon weg. Hinaus zur Vordertür. Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie sie über die Auffahrt eilt und dabeidie Funkschlüssel ihres Autos schüttelt. Sehe, wie sie ihre Aktentasche auf den Beifahrersitz wirft, den Wagen anlässt und verschwindet.
    Ich entspanne mich.
    Kate trägt heute einen kreidegrauen Anzug – Hose und Jackett in klassisch geradem Schnitt – zu schwarzen Schuhen. Eine beängstigende Kombination, wenn Sie mich fragen, obwohl ich glaube, dass sie dieses Outfit gewählt hat, weil sie diejenige ist, die Angst hat. Ich verstehe Kate nicht. Ich verfüge nur über wenige Anhaltspunkte, die dazu angetan wären, ihre Persönlichkeit zu beleuchten. Eigentlich nur über diesen einen: diese Power-Dressing-Sache. Ich weiß, sie trifft heute Morgen die Partner ihrer Kanzlei. Die halbe Nacht hat sie sich auf das Meeting vorbereitet. Während ich neben ihr lag. Und mich über sie geärgert habe.
    Ich fahre meinen Computer hoch. Habe heute nicht viel zu tun. Nichts, um genau zu sein. Ich sollte ein paar Kunden anrufen und ein bisschen akquirieren. Sie wenigstens anmailen. Aber daraus wird vermutlich nichts. Das Hintergrundbild auf meinem Monitor ist ein Foto von Cameron und Kate. Es wurde am Strand aufgenommen. Die beiden lächeln, während sie im Sand liegen. Ein süßes Bild. Ich werde es dennoch austauschen. Ich sichte meinen Fotoordner, um meinem Bildschirm ein neues Design zu verpassen.
    Endlich finde ich das Bild. Es zeigt den Eingang zu einem Geschäft. Aber ich kann sie
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