Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman
Autoren: Matt Beaumont
Vom Netzwerk:
damit ist das Thema für ihn erledigt, Leute. Sorry . Das war’s. Aber wie ich bereits erwähnte, ich mache das alles keineswegs zum ersten Mal durch.
    »Toast?«, frage ich.
    »Lieber Bran-Flakes. Ich glaub, ich hab Verstopfung. Fühl mich wie ein Abwasserkanal in Bombay. Nichts geht mehr.«
    Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, die halbe Nacht hindurch Pauls Körperfunktionen lauschen zu müssen, begrüßt er mich am Morgen danach auch noch mit einem Zustandsbericht über das, was man auf keinen Fall hören möchte. Wenn Sie mich fragen: Das Problem von Paaren, die mehr als zehn Jahre verheiratet sind, ist nicht, dass sie nicht mehr miteinander reden. Nein, diese Beziehungen leiden eindeutig unter einem Zuviel an Kommunikation! Inzwischen habe ich das Gefühl, meinen Ehemann buchstäblich in- und auswendig zu kennen, und ich wünschte, dem wäre nicht so. Am Anfang einer Beziehung, da steht Intimität noch für zärtliche Küsse und andere Turteleien, ein Jahrzehnt später hingegen für die schamlose Beschreibung der eigenen, mehr oder weniger intakten Darmtätigkeit.
    »Du siehst müde aus, Ali«, sagt er.
    Ach? Müde ist gar kein Ausdruck, Baby.
    »Warum legst du dich nicht noch ein bisschen hin? Lass doch Michele den Laden öffnen.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage. Nicht nach dem, was das letzte Mal passiert ist.«
    Das letzte Mal, dass ich den Laden hab aufschließen lassen, hat sie es versäumt, zuvor die Alarmanlage abzustellen. Des Weiteren konnte sie sich nicht mehr an den Deaktivierungscode erinnern. Geschlagene zehn Minuten wurde die Nachbarschaft durch kreischende Weltuntergangssirenen malträtiert, bis endlich die Polizei eintraf. Was gut war. Denn während Michele ihre Pflicht getan hatte – also wie ein aufgescheuchtes Huhn im Kreis gerannt war –, hatte sich irgendein Penner in den Laden geschlichen und den Karton mit den Cashmeredecken mitgehen lassen, der einladend neben der Tür gestanden hatte. Was in wenigen Worten der Grund dafür ist, warum Michele nie wieder meinen Laden wird aufschließen dürfen.
    »Die schafft das schon«, versichert mir Paul. »Hattest du ihr den Code nicht auf den Oberarm tätowiert?«
    »Ich hatte ihn ihr extra auf ihre U-Bahn-Chipkarte geschrieben, aber die hat sie verloren. Keine Sorge, mir geht’s prima. Ich werde mich jetzt kurz unter die Dusche stellen, und dann bin ich auch schon so gut wie weg.«
    Ali : Die Dusche hat mich in den trügerischen Zustand des Wachseins versetzt, und die Erschöpfung weicht sonnigem Optimismus. Bis auf Weiteres.
    Ich starre in meinen Kleiderschrank und frage mich, was ich heute anziehen soll. Als Paul von hinten seinen Arm um meine Taille legt, zucke ich erschrocken zusammen.
    »Gibt’s dafür einen besonderen Anlass?«, fragt er, und seine Nasenspitze berührt mein Ohr.
    »Was meinst du?«
    »Na ja, du trägst keine Unterwäsche.«
    »Aber ja.«
    »Nein, du trägst Dessous . An einem ganz normalen Arbeitstag.«
    French Knickers und ein Camisole aus spitzenbesetzter Seide. Normalerweise führe ich in meinem Laden kein großes Sortiment an Leibwäsche, aber als dieser Vertreter mir damals seine Kollektion zeigte, konnte ich einfach nicht widerstehen. Ich gab eine Standard-Bestellung auf, und innerhalb von zwei Wochen war alles ausverkauft. Glücklicherweise hatte ich mir beim Eintreffen der Lieferung ein Set gesichert. Das war vor zwei Monaten, und seitdem lag das Ensemble unberührt in einer meiner Schubladen. Um ehrlich zu sein, ich bin es leid, noch länger auf eine besondere Gelegenheit zu warten, deshalb trage ich es eben heute. An einem ganz normalen Arbeitstag.
    »Ziemlich heiß«, raunt er mir ins Ohr. »Weißt du, wenn ich nicht diesen Artikel zu Ende schreiben müsste, dann …« Ich spüre, wie sich sein harter Schwanz gegen den dünnen Seidenstoff drückt, und es macht mich an. Ja, ich bin hin- und hergerissen. Das ist der Mann, den ich noch vor wenigen Stunden eigenhändig umbringen wollte und dessen allmorgendlicher Bericht über seine Peristaltik mich mehr als kaltlässt. Und es ist der Mann, von dem ich mich am liebsten hier und jetzt, gegen den Kleiderschrank gepresst, nehmen lassen würde. Ich hasse ihn, ich liebe ihn, ich hasse ihn, ich …
    Es liegt nicht an ihm. Es liegt an mir. Bei Licht betrachtet hat er nichts getan, was meine Launenhaftigkeit rechtfertigen würde. Ist es denn so schwierig, mit mir zusammenzuleben? Okay, manchmal finde ich mich wirklich unausstehlich.
    Er dreht mich zu sich um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher