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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika
Autoren: Tania Blixen
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einzigartigen Blick; südwärts sieht man die weite Ebene der großen Jagdgründe, die sich bis zum Kilimandscharo erstrecken, im Osten und Norden das parkartige Gelände der Vorberge mit dem Walde dahinter und das wellige Gebiet des Kikujureservats, das sich hundert Meilen weit zum Kenia hinzieht – ein Mosaik kleiner rechteckiger Maisfelder, Bananenhaine und Wiesen, und hier und da den blauen Rauch aus einem Eingeborenendorf, das wie ein Grüppchen spitziger Maulwurfshaufen sichtbar wird. Im Westen aber, tief unten, liegt die dürre Mondlandschaft des afrikanischen Tieflandes. Die braune Wüste ist regellos gemustert mit kleinen Flecken von Dornengebüsch, die Windungen der Flußläufe sind von zackigen dunkelgrünen Zwickeln umsäumt: das sind die Wälder der mächtigen breitästigen Mimosenbäume, mit Dornen wie Spieße; da gedeiht der Kaktus, da ist die Heimat der Giraffe und des Nashorns.
    Das Bergland selbst in seinem Inneren ist unermeßlich groß, malerisch und wechselnd, voller Schlupfwinkel, langer Täler, Dickichte, grüner Hänge und felsiger Klippen. Hoch oben unter einem der Gipfel grünt sogar ein Bambushain. Quellen und Brunnen rieseln dort oben in den Bergen, ich habe an ihnen gelagert und gerastet.
    Zu meiner Zeit hausten der Büffel, die Elenantilope und das Nashorn in den Ngongbergen, und mir hat es immer leid getan, daß nicht das ganze Bergland in das Jagdschutzgebiet eingeschlossen war. Nur ein kleiner Teil davon war geschützt, die Zacke am südlichen Gipfel bezeichnete die Grenze. Wenn die Kolonie sich entfaltet und die Hauptstadt Nairobi eine große Stadt wird, könnten die Ngongberge einen unvergleichlich schönen Wildpark abgeben. Aber schon in den letzten Jahren, die ich dort war, zogen die jungen Leute aus Nairobi mit ihren Motorrädern sonntags in die Berge und knallten ab, was sie zu Gesicht bekamen. Ich glaube, das Großwild wird aus dem Gebiet fort durch die Dornendickichte und Steinwüsten südwärts gewandert sein.
    Oben auf den Bergen und auf den vier Gipfeln selbst war es bequem zu wandern; das Gras war kurz wie ein geschorener Rasen; hier und da sah das graue Gestein durch die Grasnarbe. Den Kamm entlang, die Gipfel auf und ab, lief, wie eine glatte Berg-und-Tal-Bahn, ein schmaler Wildwechsel. Eines Morgens, in der Zeit, als ich im Gebirge hauste, kam ich dort hinauf und ging den Wechsel entlang; da fand ich die frische Fährte und Losung eines Rudels von Antilopen. Die großen friedfertigen Tiere sind wohl gegen Sonnenaufgang in einer langen Kette den Kamm entlanggewandert, und man kann sich nicht vorstellen, daß sie zu einem anderen Zweck dort oben waren, als um tief hinab nach beiden Seiten ins weite Land zu schauen.
     
    Auf meiner Farm wurde Kaffee angebaut. Die Gegend lag eigentlich etwas zu hoch für Kaffee, man mußte sich mühselig durchschlagen; wir sind nie reich gewesen auf der Farm. Aber eine Kaffeepflanzung ist etwas, das einen festhält und nicht losläßt, es gibt immer etwas auf ihr zu tun, und meistens hinkt man mit seiner Arbeit ein wenig hintennach. Mitten in einem wilden, ungepflegten Lande ist ein Stück Boden, das bearbeitet und regelrecht bepflanzt ist, ein schöner Anblick. Später, als ich Gelegenheit hatte zu fliegen und meine Farm aus der Vogelschau kennenlernte, war ich sehr stolz auf meine Kaffeeplantage, die hellgrün in der graugrünen Landschaft dalag, und fühlte so recht, wie der Mensch ein tief eingewurzeltes Verlangen nach geometrischen Figuren hat. Das ganze Gebiet rings um Nairobi, besonders im Norden der Stadt, ist ähnlich bebaut; der Siedler, der da lebt, denkt und spricht unausgesetzt vom Pflanzen, Beschneiden oder Ernten des Kaffees und sinnt und grübelt nachts über Verbesserungen seiner Kaffeeaufbereitung.
    Kaffeeanbau ist eine langwierige Arbeit. Sie geht durchaus nicht so glatt, wie man sich’s vorstellt, wenn man jung und hoffnungsvoll bei strömendem Regen die Kisten mit den zarten jungen Kaffeepflänzchen von der Baumschule holt und mit allem Gesinde aufs Feld zieht und darüber wacht, daß die Pflänzchen in die ordentlich gereihten Löcher ins nasse Erdreich gesetzt werden, in dem sie wachsen sollen, dicht beschattet gegen den Sonnenbrand durch Zweige aus dem Walde – denn Dämmerung ist die Zuflucht allen zarten Lebens. Es währt vier oder fünf Jahre, ehe die Sträucher Frucht tragen, und derweil können dürre Jahre über das Land kommen oder Krankheiten – die frechen wilden Unkräuter schießen in den Feldern dick
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