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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika
Autoren: Tania Blixen
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hinunter zwischen den Schambas und den Hütten der Schwarzen entdeckt, flink wie ein Maultier fand er am schlüpfrigen steilen Hang seinen Weg, und in dem braunen strömenden Wasser hatte ich meinen Kopf und den seinen dicht beieinander gesehen. Mögest du in einem Tal voll kühlem Schatten, Nelken zur Rechten und Levkojen zur Linken, schmausen.
    Die zwei jungen Windhunde, die ich damals besaß, David und Dinah, Panias Sprößlinge, gab ich einem Freunde auf einer Farm bei Gilgil, wo es eine gute Jagd für sie hatte. Sie waren starke und lustige Tiere; als sie in einem Auto von der Farm abgeholt wurden und im Triumph abzogen, schauten sie, die Köpfe dicht beieinander, hechelnd über den Wagenschlag, mit hängenden Zungen, als wären sie einem herrlichen neuen Wild auf der Spur. Mit ihren flinken Augen und Füßen und mutwilligen Herzen verließen sie Haus und Steppe, um auf neuen Jagdgründen zu atmen, zu wittern und selig zu rennen.
    Einige von meinen Leuten verließen allmählich die Farm. Da es aus war mit dem Kaffee und der Aufbereitung, wurde Pooran Singh überflüssig. Er wollte keine neue Arbeit in Afrika anfangen, nach einigem Hin und Her beschloß er, nach Indien zurückzukehren.
    Pooran Singh, der Meister der Elemente, war außerhalb seiner Werkstatt wie ein Kind. Er konnte nicht im mindesten begreifen, daß es mit der Farm zu Ende sei; er jammerte darüber, er weinte, daß ihm die Tränen in seinen schwarzen Bart rollten, und quälte mich lange Zeit mit allerhand Versuchen, mich auf der Farm zurückzuhalten, und mit Plänen für ihren Fortgang. Er hing mit Stolz und Liebe an unseren Maschinen und stand nun oft lange Zeit wie gebannt vor dem Dampfkessel und der Trockentrommel der Anlage, jede Niete mit den sanften schwarzen Augen verschlingend. Als er dann schließlich die Hoffnungslosigkeit der Lage einsah, gab er mit einem Schlage alles auf, er blieb zwar sehr traurig, war aber völlig ergeben und sprach einige Male, als ich ihn traf, lange Zeit mit mir über seine Reisepläne. Als er abzog, nahm er kein Gepäck mit, nur einen kleinen Kasten mit Werkzeug und Lötgerät; es war, als hätte er sein Herz und sein Leben schon über den Ozean vorausgesandt und als gelte es nur noch, diese hagere, bescheidene braune Gestalt und das Lötgerät hinterdreinzuschicken.
    Ich wollte Pooran Singh gern etwas schenken, ehe er abzog, und hatte gehofft, daß ihm irgend etwas aus meinem Besitz eine Freude machen würde, aber als ich zu ihm davon sprach, erklärte er sofort mit großer Freude, er wünsche sich einen Ring. Ich hatte keinen Ring und kein Geld, ihm einen zu kaufen. Das begab sich schon Monate früher, zu der Zeit, als Denys abends auf die Farm herauskam, und ich erzählte ihm bei Tisch von meiner Verlegenheit. Denys hatte mir einmal einen abessinischen Ring aus weichem Gold geschenkt, der sich verstellen ließ, so daß er auf jeden Finger paßte. Nun meinte er, ich ginge insgeheim mit dem Gedanken um, ihn Pooran Singh zu schenken, denn er klagte gern darüber, daß er mir nichts geben könne, was ich nicht sogleich an meine Schwarzen weiterverschenkte. Um es nicht dazu kommen zu lassen, zog er mir den Ring von der Hand und steckte ihn sich selber an; er wolle ihn behalten, sagte er, bis Pooran Singh aus dem Hause sei. Das geschah, ein paar Tage bevor er nach Mombasa fuhr, und so kam es, daß der Ring mit ihm begraben wurde. Bevor Pooran Singh abreiste, kriegte ich durch den Verkauf meiner Möbel genug Geld in die Hand, um ihm in Nairobi den Ring zu erstehen, den er sich wünschte. Er war von schwerem Gold und hatte einen roten Stein, der aussah wie Glas. Pooran Singh war so glücklich darüber, daß er wieder etliche Tränen vergoß; ich glaube, der Ring hat ihm über die letzte Trennung von der Farm und von seinen Maschinen ein wenig hinweggeholfen. Die letzte Woche trug er ihn täglich; wenn er ans Haus kam, hob er die Hand empor und zeigte ihn mir mit einem strahlenden, sanften Lächeln. Das letzte, was ich auf dem Bahnhof in Nairobi von ihm sah, war diese schmächtige, dunkle Hand, die mit solch rasender Fixigkeit am Amboß ihre Arbeit verrichtet hatte. Sie reckte sich aus dem Fenster des überfüllten und überhitzten Eingeborenenwaggons, in dem Pooran Singh sich auf seinem Werkzeugkasten eingerichtet hatte, und der rote Stein blitzte wie ein kleiner Stern, Lebewohl winkend, auf und nieder.
    Pooran Singh kehrte nach dem Punjab zu seinen Angehörigen zurück. Er hatte sie jahrelang nicht gesehen, aber sie
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