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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika
Autoren: Tania Blixen
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um das Grab das Gras ab und stellten die Steine in einem Viereck auf, um die Stelle zu bezeichnen; nun war sie nicht mehr zu verfehlen.
    Da ich das Grab so oft besuchte und die Kinder aus meinem Hause mitnahm, wurde es für sie ein vertrauter Ort; sie konnten Gästen, die kamen, um es zu sehen, den Weg dahin zeigen. Sie bauten sich im Walde an einem nahe gelegenen Hang eine Laube. Im Laufe des Sommers kam Ali bin Salim, der mit Denys befreundet gewesen war, von Mombasa herauf, um auf dem Grabe liegend zu weinen, wie es bei den Arabern der Brauch ist.
    Eines Tages traf ich Hugh Martin beim Grabe, und wir setzten uns ins Gras und sprachen lange miteinander. Hugh Martin hatte sich Denys’ Tod sehr zu Herzen genommen. Wenn überhaupt ein Mensch in seinem wunderlich abgeschlossenen Dasein einen Platz innehatte, so war es Denys. Ein Idealbild ist ein seltsames Ding; man hätte Hugh kaum zugetraut, daß er ein solches hegte, und gewiß nicht geglaubt, daß sein Verlust ihn treffen konnte, beinahe wie der Verlust eines lebenswichtigen Organs. Aber seit Denys’ Tod war er gealtert und sehr verändert, in seinem Gesicht waren Flecken und müde Falten. Freilich bewahrte er auch jetzt das geruhsame chinesische Götzenlächeln, als wüßte er etwas ungemein Befriedigendes, das der Allgemeinheit verborgen war. Er erzählte mir, er sei plötzlich nachts auf die passende Grabinschrift für Denys gestoßen. Er hatte sie wohl bei einem alten griechischen Dichter gefunden; er zitierte sie mir griechisch und übersetzte sie mir, um sie meinem Verständnis näherzubringen: »Hat auch im Tode Feuer meinen Staub verzehrt; ich frage nicht danach; wo ich bin, ist gut sein.«
    Später ließ Denys’ Bruder, Lord Winchilsea, einen Obelisken auf sein Grab setzen mit einer Inschrift aus dem Ancient Mariner, einem Gedicht, das Denys sehr schätzte. Ich hatte es nie gehört, ehe Denys es mir hersagte; das war – ich erinnere mich noch –, als wir zusammen zu Bileas Hochzeit gingen. Ich habe den Obelisken nicht gesehen; er wurde aufgestellt, nachdem ich Afrika verlassen hatte.
    In England steht auch ein Denkmal für Denys. Seine alten Schulkameraden haben zu seinem Gedächtnis eine Steinbrücke über einen Bach zwischen zwei Spielplätzen in Eton gebaut. Auf einer der Brüstungen stehen sein Name und die Daten seines Aufenthalts in Eton, auf der anderen die Inschrift: »Auf diesen Plätzen viel gerühmt und viel geliebt von seinen Freunden.« Zwischen dem Bach in der lieblichen englischen Landschaft und dem afrikanischen Gebirgskamm lief der Pfad seines Lebens hin; es ist eine optische Täuschung, wenn man meint, daß er krumm und gewunden war – was ihn umgab, war krumm. Die Bogensehne schwirrte auf der Brücke in Eton, der Pfeil beschrieb seinen Bogen und traf den Obelisken auf den Ngongbergen.
    Als ich schon fort war von Afrika, schrieb mir Gustav Mohr von einer seltsamen Begebenheit, die sich auf Denys’
    Grab zugetragen hatte, derengleichen ich noch nie gehört habe. »Die Massai«, so schrieb er, »haben dem Bezirkskommissar in Ngong berichtet, daß sie zu wiederholten Malen bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf dem Grabe Finch-Hattons in den Bergen Löwen gesehen hätten. Einige Inder, die mit ihren Lastautos auf dem Wege nach Kajado an der Stelle vorübergekommen sind, haben sie auch gesehen. Seitdem Sie fort sind, ist der Platz zu einer großen Terrasse ausgeebnet worden; der offene Platz mag ein verlockender Rastort für die Löwen sein; von da können sie hinausschauen auf die Steppe und nach den Herden und dem Wilde darauf.«
    Es war angemessen und würdig, daß die Löwen Denys’ Grab besuchten und ihm ein afrikanisches Denkmal stellten. »Geehrt werde dein Grab.« Lord Nelson selbst, ging mir’s durch den Sinn, hat auf dem Trafalgar Square nur Löwen aus Stein.

Ausverkauf
    Nun war ich auf der Farm allein. Sie gehörte nicht mehr mir, aber die Käufer hatten mir das Anerbieten gemacht, solang ich wollte, im Hause wohnen zu bleiben; aus rechtlichen Gründen vermieteten sie es mir für einen Schilling pro Tag.
    Ich beschäftigte mich mit dem Verkauf meiner Möbel, der Farah und mir viel zu schaffen machte. Wir mußten das ganze Porzellan und die Gläser auf dem Eßtisch ausstellen; als dann der Tisch verkauft war, richteten wir sie in langen Reihen auf dem Fußboden aus. Der Kuckuck sang über sie hin seine Stunden ab, dann wurde auch er verkauft und flog davon. Eines Tages verkaufte ich meine Gläser, und nachts besann ich
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