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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes
Autoren: Heather Terrell
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konzentrieren lenkte mich ein bisschen von dem Aufruhr ab, der nach wie vor in meinem Innern tobte.
    Als ich mich nach der Stunde wieder mit Michael auf dem Gang traf, war ich nicht weiter erstaunt darüber, dass sich sein nächster Brief um genau dasselbe Thema drehte. Ich hatte mir im Kopf einen ganz ähnlichen Text zurechtgelegt.
    Meine Ellie,
    na, hast Du die ganze Mathestunde darüber nachgegrübelt, was wir jetzt machen sollen? Ich wette, Du hast kein einziges Wort mitgeschrieben, sondern zum Fenster rausgestarrt und an einer Strategie gebastelt.
    Ich habe genau das Gleiche getan.
    Also, wie soll es weitergehen? In Boston haben wir ja immerhin schon einige Dinge über die Nephilim erfahren, und Ezekiel hat uns verraten, dass wir irgendwie mit dem Ende der Welt im Zusammenhang stehen – so unglaublich das auch klingen mag. Ich würde sagen, bevor wir irgendetwas unternehmen, brauchen wir unbedingt mehr Informationen. Wir müssen ganz genau wissen, wer die Nephilim sind – wie sie erschaffen wurden, ihre Geschichte, ihre Kräfte, ob sie sterblich sind und so weiter. Und wir müssen in Erfahrung bringen, wie sie in das Weltuntergangsszenario hineinpassen, das Ezekiel beschrieben hat. Damit stellt sich zwangsläufig folgende Frage: Wie sollen wir an diese Informationen herankommen, wo wir doch beschlossen haben, so zu tun, als wüssten wir von nichts? Würde nicht jede Nachforschung, die wir anstellen – ob nun in der Bücherei oder indem wir mit Fachleuten sprechen wie zum Beispiel diesem Professor in London, den wir besuchen wollten –, sofort unsere Eltern auf den Plan rufen? Oder andere Gefallene, die vielleicht sowieso schon nach uns Ausschau halten? Wäre das nicht dasselbe, als würden wir unsere Kräfte einsetzen? Würde das den Gefallenen nicht signalisieren, dass wir Bescheid wissen – und somit den Endzeit-Countdown in Gang setzen? Wir müssen etwas unternehmen, aber was?
    Ellie, mein Superhirn. Sind Dir in Mathe irgendwelche genialen Ideen gekommen? Wir brauchen einen Plan, und zwar schnell!
    Ich liebe Dich,
Michael
    In den Pausen zwischen den nächsten Stunden tauschten wir noch viele weitere Briefchen aus. Wir hatten beide unsere Theorien, wie am besten an die benötigten Informationen heranzukommen wäre, und sie gingen ziemlich weit auseinander. Ich hatte unter anderem vorgeschlagen, ich könnte – unter dem Vorwand, meine Eltern auf der Arbeit zu besuchen – heimlich in der Universitätsbibliothek recherchieren. Michael war dagegen; er beharrte darauf, dass wir auf keinen Fall selbst Nachforschungen anstellen durften. Stattdessen schlug er vor, über einen Mittelsmann Verbindung zu dem Londoner Professor aufzunehmen, von dem wir in Boston erfahren hatten. Ich erinnerte ihn daran, dass Ezekiel den Namen des Professors gekannt hatte. Es war nicht auszuschließen, dass er einen der anderen Gefallenen gewarnt und ihm gesagt hatte, dass wir möglicherweise versuchen würden, den Professor zu kontaktieren.
    Am Ende des Schultags hatten wir uns schließlich auf eine Vorgehensweise geeinigt. Sie war riskant, aber wir mussten es versuchen.

Fünf

    N ach der letzten Stunde begleitete ich Michael noch wie jeden Tag zum Footballfeld, wo sein Training stattfand. Wir hatten beschlossen, uns so weit wie möglich an unsere normalen Gewohnheiten zu halten – nur für den Fall, dass einer der Gefallenen uns beobachtete.
    Bevor er in der Umkleidekabine verschwand, küsste ich Michael zum Abschied. Auch daran war absolut nichts Besonderes. Doch heute flüsterte er mir statt des üblichen »Bis später« ein »Viel Glück« zu.
    Ich würde es brauchen.
    Als Nächstes machte ich mich auf den Weg zum Parkplatz, weil ich mich mit Ruth auf einen Kaffee verabredet hatte. Ich hatte von Anfang an gewusst, dass ich ihr nicht ewig würde aus dem Weg gehen können, und mit unserem Plan im Hinterkopf hatte ich ihr nach der letzten Stunde noch schnell eine SMS geschickt, dass mein Husten jetzt besser sei und ich doch zu unserer wöchentlichen Verabredung im Daily Grind kommen könne. Ich hatte Gewissensbisse, weil ich sie anlog. Früher waren wir immer ehrlich zueinander gewesen.
    Zwischen den vielen Autos und den Schülern, die es gar nicht erwarten konnten, endlich nach Hause zu kommen, konnte ich sie zuerst nirgends entdecken, aber dann sah ich vor dem Hintergrund des verhangenen Himmels ihre roten Haare aufleuchten. Ich lief zu ihrem alten grünen Käfer, unsicher, wie sie sich verhalten würde. Wusste sie noch, dass
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