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Jennerwein

Jennerwein

Titel: Jennerwein
Autoren: Manfred Böckl
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die Schwarzhaarige, als er ihr wild und zärtlich die Flechten löste, als er ihr das Pfoad über den Kopf zog, als er sich festsaugte an ihren Brüsten, als er sie auf die Bettstatt drückte. »Ja!« wimmerte und keuchte sie, als sie dann endlich seine Männlichkeit spüren durfte; eine ungebändigte und nicht eine dressierte. Ins Stammeln glitt das letzte, das befreiende Wort weg, das sie bewußt gesagt hatte; die Hüften reckte und hieb sie ihm entgegen, den feuchten Schoß, und später wuchs ihr Entzücken noch, als er sie in die Bauchlage zwang und dann sogar von ihr verlangte, daß sie ihn ritt. Und als sie zuletzt atemlos an seiner Seite lag, da dachte sie: Das hätte der Pföderl nie gemacht mit mir! So was Schönes kann bloß von einem Wildschützen kommen, von ihm; von IHM!
    »Siehst du«, murmelte gleichzeitig der Jennerwein in ihre Ohrmuschel hinein, »jetzt hast du es begriffen! Jetzt brauchst du den anderen nicht mehr. Brauchst nur noch mich…«
    »Das nächste Mal, wenn er kommt, dann sag’ ich’s ihm«, versprach die Agatha, kuschelte sich noch näher an den Girgl heran, fuhr mit dem Zeigefinger unendlich sanft über seine Narbe.
    Und das war der eigentliche, der größte Sieg des Grauäugigen in dieser Mainacht. Daß er seinen Todfeind jetzt im innersten, im allertiefsten Kern seines Da-Seins ausgestochen hatte.
     
    *
     
    Während Georg Jennerwein die Schwarzhaarige benützte, ihr in den Phasen zwischen seinen renegatischen Waldgängen nichts versprach und sich alles nahm, kam Johann Pföderl mehr und mehr herunter. Hatte das, was ihm irrlichternd an fleischwarmer Geborgenheit und daraus resultierender Lebenshoffnung für eine Weile vergönnt gewesen war, jäh wieder verloren. Besaß jetzt bloß noch die Büchse, das Lodengewand, die Geierfeder und den Schnaps. War zurückgestürzt in seinen menschenscheuen, geprügelten und scharfkantigen Anbeginn. Den Spott, den Hohn, die vermeintlich tückischen Blicke von allen Seiten mußte er außerdem ertragen. Die Rüffel des Vorgesetzten, die Verachtung der anderen Jagdgehilfen dazu, weil er – während es in seinem Revier jetzt immer unverfrorener knallte – noch immer der Zuchtl {85} nachtrauerte.
    Im Rausch dann, wenn der Alkohol ihm trügerisch den Mut zurückgab, sagte sich Johann Pföderl während dieser qualvollen Monate immer öfter, daß ihm nur noch ein einziger Ausweg, eine allerletzte Möglichkeit der Befreiung blieb…

Allerseelenzeit
     
    Allerheiligen war vorüber, Allerseelen auch {86} , die Novembernebel aber hingen weiterhin in den Tälern und umflatterten die Berge, und am sechsten Tag des Monats, früh noch am Morgen, verließ Georg Jennerwein seine Behausung in der Unterschwaig. Unbeschwert lief er dahin, trug sein gutes Gewand, und als er auf dem Westenhofener Dorfplatz einen zeitigen Kirchgänger traf, der ihn anredete, erklärte ihm der Girgl, daß er nach Tölz unterwegs sei, um die dortige Leonhardifahrt {87} mitzumachen.
    Kaum war er jedoch außer Sichtweite gekommen, änderte der Neunundzwanzigjährige seine Marschrichtung. Den Breitenbach lief er hinauf und dann weiter bis zum Arzgraben, wo die Buchenruine mit dem vom Blitz gespaltenen Stamm stand. Lange witterte der Schiefzähnige dort in die Runde; er wußte, daß die Jäger wieder einmal besonders scharf waren auf ihn; daß er dem Pföderl im Frühjahr die Agatha ausgespannt hatte, trug ihm nicht allein der mit der Geierfeder nach. Doch es blieb alles ruhig, bloß die Dunstschwaden trieben, und jetzt wühlte der Wilderer sich mit beiden Händen hinein ins Geborstene, tauchte mit dem halben Oberkörper unters verrottete Laub, ertastete den Rucksack und zerrte ihn ins Freie. Mit wenigen Griffen schraubte er den zerlegbaren Stutzen zusammen, lud die beiden Läufe der Waffe, verwahrte Pulverhorn, Kugelbeutel und Zündhütchen in den Joppentaschen, warf sich den Rucksack auf den Buckel, behielt die Büchse in der Faust und lief weiter.
    Den Brunstkogel passierte er, dann den Westerberg; wie gescheucht plötzlich, schlug er einen Haken um die Klamm dort und befand sich eine Stunde später am Wasserspitz. Von da aus war es nicht mehr weit bis zur Bodenschneid, einem forstdunklen Kamm, der wiederum in den Hang des Peißenbergs einmündete. Und auf einer Lichtung hier, das hatte Georg Jennerwein schon vor einiger Zeit herausgefunden, pflegte sich regelmäßig ein Prachtbock zu zeigen. Hinter einem Wurzelstock ging der Wilderer in Deckung. Tiefhängende Tannenbärte verbargen
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