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Jennerwein

Jennerwein

Titel: Jennerwein
Autoren: Manfred Böckl
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wetterte weiter: »Warum dies geschah?! Warum dies nötig war?! Ich will es euch erklären, geliebte Söhne und Töchter! Vom Teufel ist der König besessen, vom Satan, vom belialischen Feind! In Weibsgestalt hat das Abscheuliche sich ihm genähert; schamlose Kleider trägt es, hat sich die Fratze geschminkt und umzüngelt den vom rechten Weg Abgeirrten gleich einer Schlange! Sie, die Natter, hat ihm das Gift der sündigen Lust in den Leib gespritzt, hat das an ihm verbrochen, was die schleimigen Weibsbilder seit jeher mit ihren Opfern anstellen; von Adams Zeiten an!«
    Die Großhartpenninger stöhnten; geil die einen, entsetzt die anderen. Am lautesten, die eigene Herabwürdigung verdrängend, die Frauen.
    Der Geistliche beugte sich über die Kanzelbrüstung, schien seine Gemeinde jetzt förmlich anspringen zu wollen, fuhr fort: »Lola Montez {4} lautet der Name der Ungeheuerlichen! Eine Tänzerin ist sie, stammt aus Spanien, aus dem Welschland! Den König umgarnte sie dort, wo die Versuchung stets lebendig ist – im Theater! Dort zeigte sie ihm ihr verworfenes nacktes Fleisch! Unaussprechliches«, der Prälat keuchte gierig, »ließ sie ans Licht quellen! War es ein Wunder, daß der Monarch ihr daraufhin verfiel mit Haut und Haaren?! Nein, sage ich euch, denn das Böse lauert allüberall, und selbst der heilige Antonius {5} hatte übermenschliche Mühe, sich gegen den schillernden Lindwurm zu behaupten! Nur durch den Beistand der unermeßlich huldreichen Mutter Kirche bewahrte der, welcher nunmehr zur Rechten Gottes sitzt, die Unbeflecktheit seines Leibes vor dem Übel! Der König aber, der Wittelsbacher, ließ sich vom dämonischen Weibsvieh um den Verstand bringen!«
    Drohend bleckte der Prälat gegen etliche aufgrunzende Burschen hin und polterte sodann: »Seine Exzellenz der Erzbischof von München und Freising in höchsteigener Person versuchte dem Abtrünnigen ins Gewissen zu reden, trat zum Kampf um die unsterbliche Seele des Vermessenen an! Der König jedoch – fast möchte man ihn ja gar nicht mehr so bezeichnen – verspottete den Geweihten des Herrn bloß! Mehr noch! Er wagte es sogar, dem Schlangenvieh eine neunzackige Krone aufs Haupt zu setzen! Zur Gräfin Landsfeld ernannte er die Teufelin, die doch in Wahrheit aus einem Hurenhaus in Madrid gekrochen ist! In den bayerischen Adelsstand erhob er sie, um seine Gotteslästerung und seinen Ehebruch damit zur Vollendung zu bringen!«
    Der Pfarrer wartete ab, bis sich das Raunen, Stöhnen und Zischeln unten im Kirchenschiff einigermaßen wieder beruhigt hatte. »Aber das christkatholische Volk dieses Landes läßt sich solches nicht bieten«, setzte er anschließend seinen Sermon fort, und nun schwang ein geradezu umstürzlerischer Unterton in seiner Stimme mit. »Ihr habt es ja schon vernommen, geliebte Söhne und Töchter, daß das Kabinett Abel {6} – und ist nicht allein schon der Name dieses von der Kirche geliebten Mannes ein Omen?! – aus Protest gegen die Sündhaftigkeit des Verbohrten zurückgetreten ist! Mit päpstlichem Segen«, der Prälat bekreuzigte sich wieselflink dreifach, »geschah dies; der fast schon Verlorene sollte dadurch dringlich zu Umkehr, Reue und Buße aufgefordert werden! Jedoch brachte diese Mahnung den Wittelsbacher noch immer nicht zur Einsicht, sondern jetzt verstieg er sich auch noch dazu, katholische und brav ultramontane Beamte zu entlassen und gottesfürchtige Professoren auf die Straße zu setzen – bloß, um sich weiter im Schleim der Schlange suhlen zu können! Daß daraufhin ein Sarg aus seiner Gruft fahren mußte, habe ich euch vorhin schon gepredigt! Auch der Görres war ja einst ein von Todsünden Befleckter und diente den Satansbuhlen in Frankreich, nachdem sie zu Paris den König und zahllose Priester Gottes hingeschlachtet hatten! Aber grenzenlos ist die Gnade des Herrn und seines eingeborenen Sohnes, und so fand dieser Görres zuletzt zur einzigen Wahrheit zurück, sagte sich los von den französischen Umstürzlern, welche einst allesamt in der Hölle brennen werden, und wurde ein Philosoph des Katholizismus, was beinahe soviel zählt, als hätte er die Weihen empfangen! Ungeheuerliches also vollbrachte die Dreifaltigkeit an ihm; hochgelehrt lebte er zu München und war bis zu seinem Tode eine wahre Stütze der heiligen Mutter Kirche in dieser Stadt! Um so schlimmer aber peinigten ihn die Missetaten Ludwigs, welche er aus dem Jenseits mit ansehen mußte, und so war es nur recht und billig, daß Studenten
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