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0757 - Das Reich der Großen Schlange

0757 - Das Reich der Großen Schlange

Titel: 0757 - Das Reich der Großen Schlange
Autoren: Roger Clement
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Es war der Morgen des 30. Juni 1908.
    Der russische Fellhändler Iwan Gonschow wollte gerade seinen Samowar [1] für den Morgentee in Betrieb setzen, als er von einem gleißenden Licht geblendet wurde.
    Es war, als ob ein unglaublich heller Blitz über den sibirischen Himmel gezuckt wäre. Aber dunkle Gewitterwolken konnte man nirgendwo sehen, Donnerrollen nicht vernehmen. Es gab also keine Hinweise auf ein Gewitter.
    Beunruhigt trat Gonschow vor seine Blockhütte. Und er erblickte dasselbe, was von rund 900 weiteren Augenzeugen in Sibirien an jenem 30. Juni 1908 gesichtet wurde.
    Ein schmerzhaft gleißendes zylindrisches Objekt zog donnernd von Südosten nach Nordwesten über den Himmel. Hoch über dem Fluss Tunguska änderte es mehrfach die Richtung.
    Über dem Ort Keschma drehte die riesige Feuermasse Richtung Osten ab. Ein weiterer Richtungswechsel erfolgte über Preobarshenska. Die letzte Sichtung durch offizielle Augenzeugen fand sechzig Kilometer nördlich des Handelspostens Vanavara statt.
    Plötzlich waren Explosionen zu hören!
    Eine enorme Rauchwolke erschien am sibirischen Himmel, und es gab eine ganze Reihe von Detonationen. Wissenschaftliche Forschungen späterer Jahre ergaben, dass dabei die Energie von zweitausend Hiroshima-Atombomben freigesetzt wurde…
    Noch in tausend Kilometern Entfernung von der Tunguska bebte die Erde. Ein Lokführer der Transsibirischen Eisenbahn stoppte den Zug. Er war der festen Meinung, dass ein Kessel der Lokomotive explodiert sein musste. So laut war das ferne Explosionsgeräusch in der Einöde.
    Über zweitausend Quadratkilometer Waldfläche wurden durch das geheimnisvolle Feuerobjekt zerstört, und es entstand eine Druckwelle, die den ganzen Erdball umrundete. Noch über der kalifornischen Küste hagelte es später verkohlte Objekte, die an der Tunguska verbrannt waren und hoch in die Luft geschleudert wurden.
    Und die Erde bebte an jenem Tag!
    Im Jahre 1908 war der Seismograf schon erfunden worden. Die Erschütterungen in der Tunguska-Region wurden nicht nur in der Erdbebenstation im relativ nahen Irkutsk aufgezeichnet. Auch im fernen Berlin schlugen die Seismografen aus!
    In den Nächten nach den Explosionen wurde es in weiten Teilen Europas und Asiens nicht dunkel. Angeblich war es sogar möglich, in London nachts ohne künstliches Licht die Times zu lesen.
    Im Zentrum der Explosion verbrannten ganze Rentierherden nebst ihren Hirten. Die überlebenden Nomadensippen der ortsansässigen Tungusen glaubten an eine Strafe der Götter. Sie konnten nicht ahnen, dass durch den zufälligen Tod des bösen Gottes Rasa [2] noch viel schlimmeres Unheil verhütet worden war.
    In der gesamten Tunguska-Region brach Panik aus. Viele Bewohner des dünn besiedelten Gebietes glaubten an einen japanischen Angriff, denn erst wenige Jahre vor dem 30. Juni 1908 hatte das asiatische Insel-Kaiserreich dem riesigen russischen Nachbarn eine demütigende militärische Niederlage zugefügt.
    Doch der Verdacht gegen Japan war unbegründet.
    Die Wahrheit über den so genannten Tunguska-Zwischenfall kannten nur wenige.
    Wer sollte auch vermuten, dass ein böses Bewusstsein aus den Tiefen des Kosmos dahintersteckte, als es versucht hatte, die Erde zu zerstören…
    ***
    »Ich verstehe nicht, warum wir noch leben«, rief Oleg Petrow mit zitternder Stimme. Sie war schrill vor Aufregung. Zamorra blickte ihn von der Seite her an. Der Dämonenjäger konnte die Verwirrung und Panik seines Begleiters durchaus verstehen.
    Die beiden Männer standen nämlich inmitten einer Feuerhölle!
    Haushohe Flammen schlugen über ihnen zum Himmel. Die Luft flimmerte vor Hitze, und das Krachen und Knistern des brennenden Holzes schmerzte in den Ohren.
    Die Fichten und Tannen, das Unterholz, die Kutsche, auch der schurkische Leutnant Baldew, alles brannte lichterloh, so weit das Auge reichte. Zamorra warf noch einen Blick auf Baldew. Für den grausamen Kommandanten des Straflagers Nr. 252 kam jede Hilfe zu spät.
    Er war es gewesen, der Zamorra und Oleg als menschliche Zugtiere für seine Kutsche missbraucht hatte. Nur deshalb waren die drei Männer hier draußen in der Wildnis gewesen, als die Feuerkugel explodierte.
    Und mm waren nur noch zwei von ihnen allen übrig…
    Oleg Petrow konnte immer noch nicht glauben, dass er und Zamorra inmitten dieses Infernos unversehrt blieben. Es war für den jungen Anarchisten, der wegen des geplanten Umsturzes der Zaren-Regierung im Straflager einsaß, nicht zu verstehen. Es war ein
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