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Jede Nacht mit Charlie

Jede Nacht mit Charlie

Titel: Jede Nacht mit Charlie
Autoren: Jennifer Crusie
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den Griff bekam. Ohne ihn.
    Sie konnte es kaum erwarten.
    Für den Rest der Sendung herrschte feindseliges Schweigen. Charlie spielte nur Musik. Am schlimmsten war es, als er ein Paul-Anka-Doppel für Sam auflegte – „Puppy Love“ und „Put Your Head On My Shoulder“ – und den Hund, den er im Arm hielt, liebevoll streichelte, bis Sam vor Müdigkeit die Augen zufielen. In diesem Augenblick liebte Allie Charlie so sehr, dass sie glaubte, ihr Herz müsse in tausend Stücke zerspringen. Nur einmal sprach er, diesmal über den Einsatz von Marihuana zur Erleichterung der Chemotherapie. Er fand überzeugende Argumente, doch auch das änderte nichts an der Tatsache, dass er Grady ins Gefängnis bringen würde.
    Als Grady kurz vor zwei das Studio übernahm, entschied Allie sich zu einem letzten Umstimmungsversuch. „Willst du Grady allen Ernstes ins Gefängnis bringen? Schau ihn dir doch an! Er könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun. Im Gegenteil! Er hat seiner Mutter das Leben gerettet! Ohne ihn wäre Beattie an dieser verdammten Behandlung zu Grunde gegangen!“
    Charlie blieb unerbittlich. „Eines der größten Probleme dieses Landes besteht darin, dass die Leute denken, ein Gesetz sei nur dann ein Gesetz, wenn es ihnen in den Kram passt! Wenn nicht, sind Bombenanschläge auf Abtreibungskliniken ebenso legitim, wie es in Ordnung ist, Typen wie Joe aus dem öffentlichen Dienst zu feuern. Das ist Blödsinn, Allie! Gesetz ist Gesetz! Wenn es dir nicht gefällt, setz dich für eine Änderung ein! Aber brich es nicht, und jammere dann über die Konsequenzen!“
    „Setz dich für eine Änderung ein! Wie denn, bitte schön? Politiker sind ja solche Feiglinge, wenn es um die Legalisierung bestimmter Drogen geht, dass sie lieber dem Siechtum unheilbar Kranker zusehen, als ihre kostbaren Karrieren zu riskieren!“
    „Ein Gesetz ist keine Salatbar! Du kannst nicht auswählen, welcher Teil dir zusagt und welchen du lieber ignorieren willst.“
    „Ich wette, im Augenblick siehst du genau aus wie dein Vater!“
    Der Giftpfeil traf sein Ziel. Charlie zuckte zusammen.
    „Allie, lass es gut sein“, unterbrach Grady ihre Tirade. „Danke für dein flammendes Plädoyer, aber Charlie hat recht. Mitgefangen, mitgehangen. Ich bin kein Kind mehr. Also hör auf, mich wie eines zu behandeln. Und vertragt euch wieder. Charlie ist nämlich nur ein unglückliches Opfer der Umstände. Tut mir leid, dass ich dich da reingezogen habe, Kumpel.“
    Allie schluckte und verließ das Studio. Charlie kam es vor, als sei mit ihr auch alle Wärme verschwunden.
    „Keine Angst, sie beruhigt sich schon wieder. Jeder muss mit seinem Gewissen leben. In Anbetracht der Umstände bleibt dir keine andere Wahl.“ Routiniert bediente Grady die Tonregler. „Irgendwann erkennt das auch unser hitziges Goldstück.“
    „Und wenn es doch eine andere Lösung gibt? Du bist kein Krimineller.“ Dennoch ruinierte er Gradys Leben, weswegen Allie höchstwahrscheinlich nie wieder ein Wort mit ihm wechseln würde. Ein Gewissen war ein äußerst kostspieliges Vergnügen.
    „Was ich getan habe, erfüllt den Tatbestand der Herstellung und Weitergabe von Drogen, auch wenn es nicht aus Profitgier geschah. Rein juristisch betrachtet macht mich das zu einem Kriminellen.“
    „Mit einer anderen Sache hat sie ebenfalls Recht.“ Ein Schatten flog über Charlies Gesicht. „Ich benehme mich wie mein alter Herr. Absolut kompromisslos.“
    Grady schüttelte den Kopf. „Dad hat mir von deinem Bruder erzählt. Dein Vater hat Tens Verbrechen geschickt vertuscht. Du machst das genaue Gegenteil. Du stehst auf der Seite der Engel.“
    „Lausige Engel. Ich weiß, ich bin im Recht. Aber mein Dad glaubte sich auch im Recht. Ich bin genau so, wie ich nie sein wollte. Jahrelang habe ich gefühlsmäßige Verstrickungen gemieden, damit ich niemals in Versuchung gerate, einen anderen Menschen zu kontrollieren. Jetzt stehe ich allein da und bringe trotzdem dein Leben aus den Fugen. Es ist an der Zeit, dass ich die Stadt verlasse. Da du es Bill selbst beibringen willst, ist mein Job sowieso erledigt.“ Er fühlte sich plötzlich völlig erschöpft.
    „Du willst einfach gehen?“ Grady verstand die Welt nicht mehr. „Ohne dich von Harry, Joe oder Karen zu verabschieden? Oder von Allie?“
    Charlie lachte kurz auf. „Ich bezweifle, dass Allie mir lange genug zuhören wird für ein Goodbye.“

10. KAPITEL
    E ine Weile fuhr Allie ziellos durch die Gegend und versuchte das Geschehene zu
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