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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe
Autoren: E Mier
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ihnen voraus, den silbernen Notfallkoffer heftig schwingend.
Das Stimmengewirr der Polizisten und Quietschen der Reifen, ausgelöst von
den Polizeifahrzeugen, die ganz in ihrer Nähe bremsten, lösten in Carrys Kopf ein
    schmerzhaftes Echo aus. Sie hielt sich die Ohren zu und sah zu dem Arzt, der ge-
rade den Koffer aufklappte. Der Lichtstrahl eines heranfahrenden Polizeiwagens
erfasste Lawrence, der noch immer die wildfremde Frau im Klammergriff hielt.
«Ist Ihnen etwas passiert, sind Sie verletzt?», schrie der Notarzt Carry an.
Sie schüttelte den Kopf.
«Wir nehmen Sie trotzdem zur Untersuchung ins Krankenhaus mit.»
«Nein!», wehrte sie sich, aber sie war zu schwach, um sich gegen den Zugriff
der Sanitäter zu wehren.
«Ich fahre mit», hörte sie Lawrence’ Stimme wie aus weiter Ferne an ihr Ohr
dringen.
«Nein!», sagte eine strenge Männerstimme. «Sie kommen mit uns. Wir brau-
chen Ihre Aussage. Und Ihre auch.» Damit war Robby gemeint, der mit hängenden
Armen neben der Liege stand, auf die die Sanitäter Carry gerade gelegt hatten.
«Es wird alles gut», raunte er ihr zu.
Sie schloss die Augen. Dann fühlte sie eine Hand auf ihrer Stirn. Ohne die Lider
zu heben, wusste sie, dass es Lawrence war, der sie sanft streichelte.
«Es ist vorbei», flüsterte er. «Du brauchst keine Angst mehr zu haben.»
Sie wollte etwas darauf antworten, aber ihre Stimmbänder gehorchten ihr
nicht. Sie fühlte einen kleinen Stich in ihrer Armbeuge, im nächsten Moment
überflutete sie das Gefühl grenzenloser Müdigkeit. Noch bevor die Sanitäter sie in
den Krankenwagen hoben, war Carry eingeschlafen.
    Es war ein deprimierender Anblick . Carry wollte sich am liebsten abwenden,
aber der freundliche OfficerJeff Dark zwang sie mit einer sanften Bewegung, doch
noch einmal durch die große Glasscheibe in das Vernehmungszimmer zu sehen.
«Schauen Sie sich die Frau genau an», bat er sie freundlich. «Ist das die Frau,
die Sie überfallen hat, und kennen Sie sie vielleicht doch?»
Carry gehorchte seufzend.
Die Fremde saß an einem Tisch. An ihrer linken Wange hatte sich ein beachtli-
ches Hämatom gebildet, das bereits jetzt in allen Farben schillerte. Aber sie lehnte
es ab, den Eisbeutel zu benutzen, den der Polizeiarzt ihr verordnet hatte. Ihr Blick
war seltsam leer. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen, das wie festgefroren wirkte.
Neben ihr hockte eine Polizistin, die sie nicht aus den Augen ließ. Außerdem
befanden sich noch zwei Polizisten und der Arzt im Raum. Letzterer hatte darauf
bestanden, bei der Vernehmung anwesend zu sein, falls seine Patientin kollabier-
te.
«Nein ...», sagte Carry langsam. Sie schüttelte den Kopf, aber es wirkte unent-
schlossen. «Nein ...» Sie trat näher an die Scheibe, um die Frau genau betrachten zu
können. Und dann fiel es ihr schlagartig ein.
«Ja!» Sie fuhr zu Officer Dark herum. «Ja, doch, ich kenne sie.» Carry ging von
der Scheibe weg und nahm auf einem der Plastikstühle Platz. «Sie ist mir ein paar
Mal in verschiedenen Restaurants begegnet.»
«Wie oft?», wollte Dark wissen.
Carry hob die Schultern.
«Drei, vier Mal vielleicht.» Sie hob die Schultern. Dann fiel es ihr siedend heiß
ein. Vor Erregung hieb sie mit der Faust auf ihren Oberschenkel. «Ich habe sie im
‹Stings› gesehen, das weiß ich genau. Und zwar deshalb, weil sie mich dort wie
hypnotisiert angestarrt hat. Beim Hinausgehen habe ich mich kurz zu ihr herun-
tergebeugt und ‹Buh› gemacht. Einfach so, weil sie so gestarrt hat.»
Der Officer verbiss sich mühsam ein Grinsen.
«Und Sie sind sich ganz sicher, dass es sich um dieselbe Person handelt?»
«Ja, das bin ich.» Die Kopfschmerzen kehrten zurück. «Sie fiel mir schon vor-
her in den beiden anderen Lokalen auf, weil sie alleine am Tisch saß und irgend-
wie ... einsam und ... ja – entrückt wirkte.» Carry seufzte müde. «Ich weiß nicht,
wie ich es Ihnen erklären soll.»
«Ist schon in Ordnung.» Der Beamte lächelte verständnisvoll. «Wir wissen in-
zwischen ihren Namen. Sie heißt Edna Heeth. Sie bildet sich allen Ernstes ein, mit
Mister Carlson verlobt zu sein.»
Carry schluckte.
«Und ...» Das Sprechen fiel ihr schwer. «Ist sie es?»
    «Nein, ganz sicher nicht.» Jeff Dark nahm behutsam ihre Hand. «Er kennt Miss
Heeth gar nicht. Aber sein Bruder konnte sich erinnern, dass sie sich vor etwa ei-
nem halben Jahr in der Firma der beiden Brüder vorgestellt hat. Er war so freund-
lich, uns die damaligen
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