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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe
Autoren: E Mier
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Bewerbungsunterlagen zu überlassen, sodass wir Miss
Heeth einwandfrei identifizieren konnten.»
«Und was ist mit ihr?» Carry sah zu der Glasscheibe, hinter der die Polizistin
Edna Heeth gerade aus dem Raum führte. «Weshalb hat sie mich angegriffen?»
«Wir vermuten, dass sie Sie schon geraume Zeit beschattet hat», erzählte der
Officer. «Außerdem fanden wir in ihrer Wohnung Zeitungsbilder und Artikel von
Ihnen und auch von Mister Carlson.»
Er dachte an das picobello aufgeräumte Apartment, das er vor wenigen Stunden
mit seinen Kollegen untersucht hatte. Es glich einem Museum, in dem es allerdings
nur ein einziges Ausstellungsstück gab: Lawrence M. Carlson. Edna hatte ihm überall
in ihrer Wohnung regelrechte Altäre gebaut, auf denen Fotos von ihm standen, aus-
geschnitten aus verschiedenen Tageszeitungen und Illustrierten. Ebenso die dazuge-
hörigen Artikel, in denen Lawrence als cleverer Geschäftsmann und erfolgreichster
Unternehmer des Jahres gewürdigt wurde. Das Ganze war umrahmt von roten Plas-
tikrosen, einem Paar Lederhandschuhe, einem Armani-Schal und einer Sonnenbril-
le, die nach Officer Darks Vermutung ein halbes Vermögen gekostet hatte.
Mister Lawrence M. Carlson hatte die Sachen bei seiner späteren Vernehmung
tatsächlich als sein Eigentum identifiziert.
Die Zeitungsausschnitte und die Lawrence-Carlson-Altäre sowie die beiden
Bilder aus dem «Chronicle», die Carry gemeinsam mit irgendeiner Denver-Lokal-
größe zeigten, sprachen für die Theorie, dass es sich bei Edna um eine Psychopa-
thin handelte. Ihre Manie war zu einer schweren psychischen Störung geworden,
welche die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik nötig machte.
«Miss Heeth kann vermutlich die Wirklichkeit nicht mehr von ihrer Schein-
welt unterscheiden», versuchte Jeff Dark zu erklären. «Sie glaubt tatsächlich, mit
Mister Carlson verlobt zu sein. Als sie Sie mit ihm zusammen sah, begann sie
durchzudrehen. Sie wollte Sie umbringen, um ihren Phantasieliebhaber wieder
ganz für sich zu haben.»
«Meine Güte.» Carry schlug die Hände vors Gesicht. «Sie tut mir leid.»
«Sie wird einem Psychologen vorgestellt», sagte Jeff sanft. «Machen Sie sich
keine Sorgen mehr.» Er lächelte ihr beruhigend zu. «Am besten wird es sein, wenn
Sie jetzt nach Hause gehen und sich erst einmal ausschlafen. Ein Beamter von uns
wird Sie nach Hause fahren.»
Carry nickte. Sie hatte mehrere Stunden im Krankenhaus zugebracht und war
von dort direkt zur Vernehmung in die Polizeistation gebracht worden. Jeff Dark
    hatte ihr zwar angeboten, sich mit der Befragung zu gedulden, bis sie sich von ih-
rem Schock erholt hatte, aber Carry wollte es hinter sich bringen.
Noch ging in ihrem Kopf alles durcheinander. Sie begriff nur die Hälfte von
dem, was der Officer ihr gesagt hatte. Alles, wonach sie sich im Moment sehnte,
waren ihr Bett und mehrere Stunden Schlaf, der sie die vergangenen Stunden fürs
Erste vergessen lassen würde.
Daphne nahm sie bei ihrer Rückkehr liebevoll in die Arme. Ohne Fragen zu
stellen, schnappte sie sich Carry und stopfte sie einfach unter die Bettdecke.
«Wir reden, wenn du dich erholt hast», sagte sie nur und strich Carry über das
zerzauste Haar. Sie ließ das Rollo vor Carrys Fenster herunter, angenehme Dunkel-
heit erfüllte den Raum, was umgehend das Summen in Carrys Kopf verstummen
ließ. Als Daphne das Zimmer verließ, war Carry bereits eingeschlafen.
———————
Das Summen des Telefons drang nur mühsam durch den bleiernen Schlaf in
Carrys Bewusstsein. Noch mit geschlossenen Augen tastete sie nach dem Hörer, zog
ihn an ihr Ohr und meldete sich träge. Im nächsten Moment saß sie kerzengerade
im Bett. «Ich bin es, Lawrence. Carry, wie geht es dir? Habe ich dich geweckt?»
Sie schluckte erst einmal.
«Ja, nein, ich meine ...» Oh Gott, wieso brachte sie keine vernünftige Antwort
zustande? «Ja, Lawrence, es geht mir gut.»
«Ich würde dich gerne sehen.» Lawrence klang sehr sanft, sehr besorgt. «Darf
ich dich besuchen?»
«Ja ... äh ...» Carry sank wieder in die Kissen. Wie spät war es? Sechzehn Uhr.
«Wann – denn?»
«Am liebsten gleich.» Das war wieder der alte Lawrence. Bloß nichts liegen
lassen oder verschieben! Es könnten ihm ja wichtige Geschäfte entgehen!
«Ja ... also ... dann ...»
«Ich bin in zwei Minuten bei dir!»
«Was?» Carry fuhr erneut aus den Kissen. «Lawrence, wo zum Teufel steckst
du? In zwei Minuten, das
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