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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler
Autoren: Craig Russell
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Topografie, die er überflog. Er sah Artikel über den sowjetisch-afghanischen Krieg und Ausschnitte aus Zeitschriften und Büchern. Ein Text fiel ihm besonders auf, der offenbar Teil einer größeren Arbeit war. Das sorgfältig ausgeschnittene Zitat begann und endete mitten im Satz.
    ... sich anschließender Missklang. Unfähig, in ihren eigenen Reihen einen geeigneten Herrscher zu finden, kamen die Kriwitschen, Tschuden und Slowenen überein, einen ausländischen Fürsten oder König zu suchen, der sie regieren und die Herrschaft des Gesetzes errichten sollte. Sie hielten bei den französischen Wikingern Ausschau, die als Normannen bekannt sind. Sie suchten unter den Angeln von Jütland und England und unter den Svear oder Schweden. Die Schweden werden von den Mauren auch als Rus bezeichnet, und von ihnen kamen drei Brüder, Rjurik, Sineus und Truwor, mit ihren Familien und erlangten die Herrschaft über die Völker des Dnjepr. Rjurik, der älteste, wurde Herrscher von Nowgorod, und das Volk jener Region erhielt den Namen Russen. Rjuriks Brüder starben beide kurz darauf, und Rjurik wurde zum einzigen Herrscher. Man machte ihn darauf aufmerksam, dass im Süden eine Stadt lag, die sich in großer Gefahr befand. Sie war von dem polianischen Fährmann Kij, seinen Brüdern Schtschek und Choriw sowie seiner Schwester Lybed gegründet worden. Diese Stadt hatte Kijs Namen übernommen, war als Kiewetz oder Kiew bekannt und besaß eine kluge und gute Regierung. Nach dem Tod Kijs und seiner Verwandten war die Stadt jedoch in Gefahr geraten und litt unter den Grausamkeiten der Chasaren. Rjurik rührte die Not der ...
    Fabel las den Abschnitt noch einmal. War dies etwa die Einschätzung, die MacSwain von sich selbst und Witrenko hatte? Sah er Witrenko als neuzeitlichen Rjurik, während er selbst die Rolle des loyalen Gefolgsmanns einnahm? Fabel streifte weiter durch die Wahnlandschaft. Noch ein Zeitungsausschnitt. Dieser handelte von dem Stellvertreter des Kriegsherrn Igor, einem Waräger namens Sveneid oder Sveinald. Der Name, zeitlich und geographisch fern, hatte eine ähnliche Wurzel wie der von MacSwain und wurde unter dem Vergrößerungsglas von MacSwains Wahnsinn in die Gegenwart befördert. Fabels Blick streifte weiter. Zahlreiche Abbildungen des einäugigen Odin. Ein ganzseitiges Pantheon der zwölf Hauptgötter unter den Asen. Ein weiteres der Vanen, geführt von Loki. Ausschnitte aus Dateien über Asatru, die aus dem Internet heruntergeladen worden waren. Das größte Objekt war die Reproduktion des Holzschnitts einer gigantischen Esche, deren Äste und Wurzeln sich wie Fangarme durch Darstellungen eines Dutzends anderer Welten streckten und krümmten. Ein mächtiger Adler saß auf dem oberen Ast. Das war, wie Fabel wusste, Yggrasil, der Weltenbaum und das Zentrum des nordischen Glaubens. Yggrasil verknüpfte alle Dinge miteinander: Sterbliche mit Göttern, die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft, den Himmel mit der Erde und der Hölle, das Gute mit dem Bösen. 
    Marias Stimme ließ ihn zusammenschrecken. »Das Team, das wir zum Hafen geschickt haben, hat sich gemeldet. MacSwains Boot ist verschwunden.«
    »Shit!« Fabel spie das englische Schimpfwort in die Enge der Abstellkammer.
    »Aber es gibt auch eine gute Nachricht, Chef«, sagte Maria, deren hellblaue Augen funkelten. »Kommissar Kassel von der WSP hat mich angerufen. Er hat uns kürzlich geholfen, als MacSwain aufs Wasser hinausgefahren war.« Fabel nickte ungeduldig. »Im Moment verfolgt er ein Boot, das entlang der Südküste der Elbe Kurs nach Westen genommen hat. Er ist sicher, dass es sich um MacSwain handelt.«
    Fabel stürmte hinaus, und Maria musste rasch zurückweichen, um nicht umgestoßen zu werden.
    »Paul, Werner, Maria, ich möchte, dass ihr mit mir kommt ...« Er wandte sich an die beiden anderen Beamten der Mordkommission.
    »Landsmann, Schüler, warten Sie hier, falls er auftaucht.« Dann klappte er sein Handy auf und begann zu sprechen, während er, Werner, Paul und Maria im Gefolge, MacSwains Wohnung mit zügigen Schritten verließ. »Verbinden Sie mich sofort mit Kriminaldirektor van Heiden.«
    Van Heiden hatte dafür gesorgt, dass ein Hubschrauber auf dem Landeplatz der Landespolizeischule, direkt neben dem Präsidium, auf Fabel und sein Team wartete. Buchholz und Kolski waren verhaftet worden, und Fabel hatte darum gebeten, Norbert Eitels Anwalt mitteilen zu lassen, dass eine Polizeibeamtin von MacSwain entführt worden sei
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