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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler
Autoren: Craig Russell
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Vater: Witrenko. Wassyl Witrenko füllt die Lücke, die MacSwains leiblicher Vater durch seine Gleichgültigkeit hinterlassen hat.« Dann wurde er auf etwas anderes aufmerksam. »Hier befinden sich keine Akten aus Angelika Blüms Wohnung, und auch die fehlende Videokamera ist nicht zu sehen. Er hat sie weitergegeben. Man hat ihm befohlen, den Mord zu verüben und bestimmte Dinge vom Tatort mitzunehmen.«
    Werner erschien neben Fabels Schulter. Der Hauptkommissar fühlte sich in dem winzigen, stickigen Raum gefangen. Er drehte sich um und nickte energisch zu der offenen Fläche des Wohnbereichs hinüber. Alle ließen die Abstellkammer hinter sich.
    »Es geht um Anna, Chef.« Werners Gesicht war von Sorge umwölkt. »Sie ist nicht in ihrer Wohnung, und sie hat ihre Handtasche und ihr Handy zurückgelassen.«
    Auf der Elbe, unweit der Landungsbrücken, Hamburg, Samstag, den 21. Juni, 21.40 Uhr
    Der Tag verabschiedete sich mit roten Streifen am Himmel und mit der angenehmen Wärme der Nachtluft. Franz Kassel nahm seine Mütze ab und strich sich die feinen Strähnen seines sandfarbenen Haares zurück. Seine Schicht war fast beendet, und er freute sich auf ein kühles Bier. Oder vielleicht ein paar Biere. Es war eine ruhige Schicht gewesen, und Franz hatte die Dinge genießen können, die ihn bewogen hatten, in die Wasserschutzpolizei einzutreten: das zarte Plätschern des Wassers, das sanfte Knarren und Klingeln vertäuter Boote und das sich stets wandelnde Licht unter den riesigen Schiffsrümpfen, wenn das Streifenboot vorbeifuhr. Vor allem aber bot ihm seine Arbeit eine andere Perspektive. Vom Wasser aus sah man mehr. Das Hamburg, das er jeden Tag vor sich hatte, unterschied sich völlig von dem, das man auf dem Festland wahrnahm. Er fühlte sich privilegiert durch seine einzigartige Sichtweise.
    Er wusste, dass nicht alle seine Meinung teilten, nicht einmal Gebhard, der Polizeiobermeister, der am Ruder stand und die WS-25 zur Außenstelle der Wasserschutzpolizei an den Landungsbrücken zurücksteuerte. Für Gebhard war der Dienst bei der WSP nur ein Job. Er versah ihn seit drei Jahren und sprach unaufhörlich von seinem Plan, sich für ein Mobiles Einsatzkommando an Land ausbilden zu lassen. 
    Kassel beobachtete seinen Untergebenen, der auf das Ufer zuhielt. Gebhard war zwar tüchtig, aber ihm fehlte offenkundig das »Gefühl« für das Wasser, das nach Kassels Ansicht für jeden wahren Flusspolizisten unerlässlich war. Ein natürlicher Seemann empfand den Fluss als Lebewesen, während Gebhard die Elbe als Wasser-Autobahn betrachtete, auf der er sozusagen als Verkehrspolizist fungierte. Kassel überließ Gebhard seiner Arbeit und stellte sich aufs Deck. Die Brise kühlte sein Gesicht, und er seufzte zufrieden wie ein Mann, der seine Bestimmung gefunden hat. Plötzlich entdeckte er ein unbekanntes Boot, das sich von der Anlegestelle an der Überseebrücke entfernte. Kassel hob seinen Feldstecher. Es war das Chris-Craft 308, nach dem die Wasserschutzpolizei ein paar Nächte zuvor hatte Ausschau halten sollen. Er eilte zurück in die Kabine und befahl Gebhard, dem Motorboot in sicherer Entfernung zu folgen.
    »Aber es ist Schichtende, Chef«, protestierte Gebhard. Sein Vorgesetzter schaute ihn streng an, und der Obermeister steuerte die WS-25 zurück auf die Elbe. Kassel wusste nicht, ob die junge Dame von der Mordkommission noch an dem Boot interessiert war, aber er würde sich danach erkundigen. Er griff nach dem Funktelefon und versuchte, sich mit Oberkommissarin Klee verbinden zu lassen.
     

 
    Auf der Elbe bei Hamburg,
    Samstag, den 21. Juni, 22.00 Uhr
      Annas Bewusstsein hatte keine Gestalt, sondern bestand aus zusammenhangloser Verwirrung. Ab und zu stellte sich ein Moment der Klarheit ein, nur um sofort vorüberzugehen. Es war wie ein Flug durch eine dichte Wolkendecke. Gelegentlich löst sich das Flugzeug aus den Wolken, und die Helligkeit des blauen Himmels blendet die Passagiere einen Moment lang, dann wird sie wieder ausgelöscht.
    Anna war wach. Sie erkannte das Innere von MacSwains Bootskabine. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, und sie lag seitlich auf dem Bett. Nun wusste sie, wo sie war und was sich abgespielt hatte. MacSwain hatte sie betäubt. Er war in ihrer Wohnung gewesen und hatte ihrem Mineralwasser im Kühlschrank einen Cocktail aus Flunitrazepam oder Clonozepam mit Gammahydroxybutyrat hinzugefügt. Anna hatte weder ihre Pistole noch ihr Handy bei sich. Fabel hatte ihr freigegeben,
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