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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler
Autoren: Craig Russell
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›Swain‹ stammt von den Wikinger-Eindringlingen, die sich auf den westlichen Inseln von Schottland niederließen. Es ist eine gälisierte und dann anglisierte Form von ›Svein‹, das heißt ›Junge‹.« Fabel spürte die Elektrizität in der Luft. Alle wussten, was er als Nächstes sagen würde, aber sie wollten es unbedingt hören. »MacSwain bedeutet ›Svens Sohn‹ oder ›Son of Sven‹.«
    »Das habe ich geahnt!«, rief Werner. »Und Anna auch. Irgendwas stimmt mit MacSwain nicht.«
    »Ich habe gerade mit Norbert Eitel gesprochen«, fuhr Fabel fort, »der noch immer unten in Gewahrsam ist, und ihm mitgeteilt, dass ich über Witrenkos und MacSwains Rolle bei den Vergewaltigungen Bescheid weiß. Er hat nicht geantwortet, weil sein Anwalt ihm davon abriet, aber sein Gesicht sprach Bände. Es war die Miene eines Mannes, der bis zum Hals im Schlammassel steckt. MacSwain ist unzweifelhaft der Täter.« Fabel wandte sich an Maria. »Wird er noch beobachtet?«
    »Ich habe einen weiteren Beamten ausgeschickt, aber der Mann, der MacSwain bisher observiert, ist sicher, dass er sich den ganzen Abend nicht gerührt hat.«
    »Gut«, sagte Fabel, »ich möchte, dass wir alle in zwanzig Minuten aufbrechen. Maria, das Überwachungsteam soll sich bereithalten.«
    Eine uniformierte Polizistin klopfte an und steckte den Kopf ins Konferenzzimmer. »Am Empfang ist jemand, der mit Ihnen reden möchte, Herr Hauptkommissar. Eine Frau Kraus.«
    Margarethe Kraus hätte jedes Alter zwischen fünfundvierzig und fünfundsechzig Jahren haben können. Sie war eine jener Frauen, die schon in ihrer Jugend mittleren Alters zu sein scheinen, dafür dann aber noch mit Ende sechzig genauso alt wirken. Wenn es eine Ähnlichkeit zwischen Mutter und Sohn gegeben hatte, so war sie durch Jahre des Drogenmissbrauchs aus Hansis Zügen getilgt worden. Frau Kraus hatte ein rundes, leeres Gesicht und recht kleine braune Augen, die von grenzenloser Mattigkeit erfüllt waren, als hätte sie keinen Moment ihres Lebens hinter sich gelassen, sondern alles stets mit sich herumgetragen.
    Sie saß im Empfangsbereich am Fenster, das vor der draußen herrschenden Nacht tiefschwarz glänzte. Ihre Hände waren um einen kleinen Umschlag gefaltet. Sie erhob sich verlegen, als Fabel hereinkam.
    »Frau Kraus?« Fabel streckte ihr die Hand entgegen. »Mein herzliches Beileid zu Ihrem Verlust.«
    Margarethe Kraus lächelte bitter. »Ich habe Hansi vor vielen Jahren verloren. Der Unterschied ist, dass wir nun einen Toten haben, um den wir trauern können.«
    Fabel fand keine Worte. Er nickte voller Mitgefühl und Verständnis. Nach einem lang anmutenden Schweigen sagte er: »Sie wollten mit mir sprechen, Frau Kraus. Hat es mit Hansi zu tun?«
    Ohne ein Wort reichte sie Fabel den Umschlag. Als sie seine fragende Miene sah, erläuterte sie: »Er ist von Hansi.«    
    Fabel öffnete den Umschlag. Der Brief war mit Bleistift, doch überraschend sauber geschrieben worden. Anscheinend war eine ferne Erinnerung an die Disziplin des Klassenzimmers in Hansi wach geworden. Es musste für ihn ein sehr wichtiger Brief gewesen sein, und es bereitete Schmerzen, ihn zu lesen. Der Großteil des Textes war äußerst persönlicher Art. Im Wesentlichen entschuldigte sich Hansi bei seiner Mutter für die Sorge und den Kummer, die er ihr und seinen Schwestern bereitet hatte. Fabel fragte sich, weshalb Frau Kraus diese intime Botschaft mit ihm teilen wollte, als er die letzten Absätze erreichte.
    Der Grund dafür, Mutti, dass ich dir nach so vielen Jahren schreibe, ist der, dass ich meine Probleme für beendet halte. Ich möchte nicht, dass du traurig oder verängstigt bist, aber ich glaube, dass es jemand auf mich abgesehen hat. Wenn ich Recht habe, dann werden wir einander wohl nie mehr wiedersehen. Falls mir etwas zustößt, möchte ich, dass du diesen Brief zu Kriminalhauptkommissar Jan Fabel im Polizeipräsidium bringst. Er ist ein ehrlicher Polizist und wird die Leute finden, die für die Tat verantwortlich sind.
    Zwei Männer kamen in die Präsidiumskantine, als ich mit Herrn Meyer dort war. Sie setzten sich links hinter uns an einen Tisch. Ein älterer und ein jüngerer Mann. Der jüngere hatte sehr kurzes blondes Haar und war gebaut wie ein Bodybuilder oder Gewichtheber. Ich fragte Herrn Meyer, wer der Bodybuilder ist, und er sagte, Lothar Kolski. Das ist der Mörder, der den Mann in der Schwimmhalle erschossen hat. Der ältere Mann am selben Tisch hatte es ihm befohlen. Ich
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