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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer
Autoren: authors_sort
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Problemkind war - werde das Zentrum all der Liebe und Mütterlichkeit sein, die sich in ihr für ihr eigenes Baby aufgebaut habe. April begann nur langsam, sich Marybeth und Joe zu öffnen, obwohl sie quälend schüchtern war und sich ihrer Lage schämte. Marybeth verbrachte täglich viele Stunden mit ihr. Lucy war darauf natürlich etwas eifersüchtig, aber Sheridan schien es zu verstehen.
    In den ersten sechs Wochen nach Marybeths Rückkehr aus dem Krankenhaus war die Lage für alle schwierig gewesen. Joe, Marybeth und Sheridan waren durch verschiedene, aber miteinander in Verbindung stehende Torturen gegangen. Marybeths Hass konzentrierte sich auf Vern Dunnegan, und Sheridan wetterte über Wacey Hedeman. Marybeth versuchte Joe zu erklären, wie sie sich damit fühle, ein Kind verloren zu haben. Und dass sie dieses Gefühl nie verlassen werde. Dass sie sich ihr Leben lang vorwerfen werde, das als Mutter zugelassen zu haben. Oft hielt Joe Marybeth nachts stundenlang in den Armen, wenn sie weinte. Und in anderen Nächten hielt er Sheridan.
    Joe war sich darüber klar, die Gefühle, die Marybeth und Sheridan über das Geschehene hatten, nie vollkommen ermessen zu können. Indem er aber da war und zuhörte - so schloss er -, tat er alles, was er tun konnte.
    Er hatte sich Sorgen gemacht, beide würden verbittert sein, aber das bewahrheitete sich nicht. Stattdessen waren sie alle als Familie noch enger zusammengerückt.
Nach dem Frühstück taten Joe und Sheridan die übrig gebliebenen Pfannkuchen und Speckscheiben in eine Tüte, gingen durch die Hintertür und ums Haus herum und setzten sich auf zwei Gartenstühle, die zur Rückwand der Garage gedreht waren. Es war inzwischen warm geworden - die Sonne schien. Der Schnee, der am Abend gefallen war, verschwand schon wieder. Ein kräftiger Schmelzwasserbach schoss durch den Canyon. Sheridan brach kleine Stückchen von den Pfannkuchen ab und riss den Speck in mundgerechte Portionen. Sie streute alles vor der Garagenmauer auf den Boden. Joe schnitt ein paar dünne Scheiben aus der Lende eines totgefahrenen Wapitis, das er in der Kühltruhe gelagert hatte, und warf sie dazu. Bald darauf kamen die Miller-Wiesel aus ihrem Bau geflitzt und schnappten sich das Futter. Joe und Sheridan sahen zu und tauschten manchmal ein Verschwörerlächeln.
    Aus gutem Grund waren die Wiesel aus dem Holzstapel in die geräumige Höhle unter der Garage umgezogen. Sheridan - so stellte sich heraus - hatte zwar richtig damit gelegen, dass Lucky ein Männchen und Hippity-Hopp ein Weibchen war. Aber bei Elway hatte sie sich getäuscht - das war nicht der Sohn der beiden. Vor ein paar Wochen hatte Elway nämlich zehn Junge bekommen, von denen acht überlebt hatten.
    Es war faszinierend, sie zu beobachten. Denn obwohl sie viermal kleiner als die ausgewachsenen Tiere waren, schossen sie genauso schnell unter dem Fundament hervor, schnappten mit den Vorderpfoten Futter und verschwanden sofort wieder im Bau. Als Joe einmal mit der Taschenlampe hineinleuchtete, sah er einen Haufen sich krümmender, fiepsender, langer brauner Körper. Und alle
Wiesel waren über diese Störung gleichermaßen aufgeregt. Von Zeit zu Zeit kamen die Jungtiere in die Sonne und versuchten, wie die Großen auf den Hinterläufen zu stehen. Joe und Sheridan lachten sehr darüber, wie die Kleinen das Gleichgewicht verloren, auf den Boden purzelten und sich wieder aufrappelten, bis sie ihre berühmte Stellung schließlich länger behaupten konnten.
    »Sie werden allmählich groß.« Sheridan nickte zu den Jungen rüber und warf ihnen Futter hin.
    »Stimmt«, sagte Joe.
    »Dad, was passiert wohl, wenn jemand von ihnen Wind bekommt?« Joe wusste, dass sie über diese Frage schon ein Weilchen nachdachte. Er hatte Sheridan staunend zugehört, als sie ihm die ganze Geschichte mit den Wieseln erzählt hatte. Dann hatten sie einander versprochen, niemandem etwas davon zu verraten. Alle dachten, die Miller-Wiesel, die Ote Keeley aus den Bergen mitgebracht hatte, seien - wie Wacey gesagt hatte - im Holzstapel verbrannt.
    »Na ja, ich weiß nicht genau«, antwortete Joe. »Auf jeden Fall ist das, was wir hier tun, nicht erlaubt. Ein paar Biologen würden bestimmt fuchsteufelswild werden, wenn sie dahinterkämen. Und viele andere Leute auch.«
    »Aber das sind doch die, die da sind, wo ständig Miller-Wiesel sterben.«
    Joe lachte. »Genau die sind das.«
    Sheridan streute gewissenhaft die allerletzten Futterkrümel vor die Garagenwand.
    »Du
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