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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer
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hatte fallen lassen - die Beweise, die zu seinem Urteil geführt hatten. Die Umweltschützer waren über den plötzlichen starken Schneefall empört und schienen Joe als Einheimischen dafür verantwortlich zu machen. Ihre Organisation war in Arlington, Virginia, angesiedelt. Seit fast zwei Wochen zelteten ein paar Aktivisten hier oben, um die Maßnahmen zur Bestandspflege der Miller-Wiesel zu überwachen. Sie waren allen und allem Einheimischen gegenüber durch und durch misstrauisch - schließlich war das hier das zurückgebliebene Land der Bergleute, Holzfäller, Viehzüchter, Häusermakler und Jäger. Nur widerwillig
hatten sie Joes Beweisführung schließlich akzeptiert und sich wieder in ihre 800-Dollar-Schlafsäcke gepackt.
    Mit dem Schneebesen verrührte Joe in einer Schüssel Eier, Milch, Mehl, Backpulver und Buttermilch, fettete die Edelstahlpfanne und stellte sie auf eine heiße Herdplatte.
     
    Kaum hatte sich bestätigt, dass es noch ein paar Miller-Wiesel gab, trat in den Bergen von Twelve Sleep County fast alles ein, was Vern Dunnegan vorhergesagt hatte.
    Bundesrichter verfügten rasch den vorläufigen Stopp aller beruflichen, sportlichen und touristischen Aktivitäten in den Bergen und folgten damit Hunderten von gefaxten Anträgen von ein paar Dutzend Umweltschutzgruppen. Unterstützende Appelle trudelten von Öko-Organisationen aus Europa, Kanada, Grönland und Asien ein. Die Aufnahme der Miller-Wiesel in die Liste der gefährdeten Arten wurde in Rekordzeit beantragt und bewilligt. Das von Vern erwähnte Dezernat Gott wurde zusammengerufen, um das durchzupeitschen. Biologen und andere Naturwissenschaftler, Journalisten und Umweltschützer fielen in Saddlestring ein, belegten alle Hotelund Motelzimmer und überfüllten die Zeltplätze. Beamte der US-Tierschutzbehörde flogen gruppenweise per Hubschrauber zum Ort des Massakers und fanden bald zwei weitere kleine Kolonien des Miller-Wiesels in der Umgebung. Untersuchungen zeigten, dass die Tiere ihre Ernährung tatsächlich umgestellt hatten - früher lebten sie fast ausschließlich von Bisons, jetzt hauptsächlich von Wapitis. Eine der Gruppen bekam den Namen Cold Springs Group, weil sie in der Nähe kalter Quellen lebte, die andere wurde Timberline Group getauft, denn ihre
Baue befanden sich am Waldrand. Diese Namen wurden durch Medienberichte sehr bekannt. Mehrere Sender übertrugen den Fund direkt über Satellit in den Abendnachrichten, und nach Einschätzung eines berühmten Reporters war dies »die Wohlfühlgeschichte des Jahres«.
    Der Leiter der US-Umweltschutzbehörde und der Innenminister landeten mit der Air Force Two auf dem kleinen Flughafen von Saddlestring und ließen sich - Ferngläser im Anschlag - beim Anschleichen an die Cold Springs Group fotografieren. Fernsehzuschauer waren von den Filmaufnahmen der Miller-Wiesel, wie sie da aufrecht, fiepsend und Rücken an Rücken auf ihren Bauen standen, begeistert. Das Parlament in Cheyenne erklärte das Miller-Wiesel nach einer widerlichen Debatte zur »offiziellen gefährdeten Art von Wyoming« und verwies damit Grizzlybären, Wyomingkröten und die im Bundesstaat frisch ausgesetzten Wölfe auf die Plätze.
    Es kostete Joe viel Mühe, jegliche Interviews zu vermeiden. Die Ermordung der Ausrüster; der Schaden, den seine Familie genommen hatte, und die Bedrohungen, denen sie ausgesetzt gewesen war; Clyde Lidgards Tod und die Verhaftung von Wacey und Vern - all diese Ereignisse wurden in den Medien, wenn überhaupt, nur als Randgeschichten gebracht, die zur Entdeckung der Wiesel geführt hatten.
     
    Eine der Kolonien - die aus achtzehn Tieren bestehende Timberline Group - starb buchstäblich vor laufenden Kameras, und die ganze Nation trauerte um sie. Die Obduktion enthüllte, dass die Tiere an einer Virusinfektion erkrankt waren, die vermutlich von einem der Hunde der Wissenschaftler übertragen worden war. Die Cold
Springs Group schrumpfte ohne feststellbare Ursache von achtundzwanzig auf dreizehn Tiere. Es entstand eine heftige Debatte darüber, ob die restlichen Miller-Wiesel in eine Zuchtstation gebracht oder in Ruhe gelassen werden sollten. Biologen waren ganz aufgeregt - was tun? Das gerade erst geschaffene »Miller-Wiesel-Ökosystem« wurde um weitere gut 200 Quadratkilometer vergrößert. Jeder hatte eine Meinung, auch die Jagd- und Fischereibehörde von Wyoming, die vor Gericht um das »Sorgerecht« für die restlichen Tiere focht.
    Der »Saddlestring Roundup« schätzte, die
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