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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer
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tust das für mich, oder?«
    Joe nickte.
    Sheridan setzte sich wieder auf den Gartenstuhl.

    »Weißt du, Dad - diese Tiere sind ein bisschen wie unsere Familie. Sie sind in großer Gefahr gewesen, und jetzt geht’s ihnen wieder ganz gut.«
    Joe nickte. Bei solchen Gesprächen fühlte er sich immer unwohl.
    »Wir sind ihnen irgendwie ähnlich, Dad, oder?«
    Joe drückte ihre Hand. »Sheridan - manchmal sehen wir in Tieren etwas, das in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist. So was nennt man Übertragung. Vielleicht kannst du damit was anfangen.«
    Sheridan musterte ihn. »Ist doch in Ordnung, oder?«
    »Solange wir uns darüber klar sind, ja. Ich glaube, viele Leute sagen, sie würden etwas für Tiere tun, und in Wirklichkeit tun sie es für sich selbst. Sie sehen etwas in die Tiere hinein, was gar nicht da ist. Und das schadet den Tieren am Ende manchmal. Und anderen Leuten auch.«
    Sheridan dachte darüber nach. »Übertragung«, wiederholte sie.
    »Bei dem, was wir seit dem Herbst erleben, glauben die Leute auf beiden Seiten - also die Verfolger der Wiesel und ihre Beschützer -, Tiere seien wertvoller als Menschen«, sagte Joe.
    Dann hörte er auf zu reden. Vielleicht hatte er ja schon zu viel gesagt.
    Indem er die Miller-Wiesel behielt und die Kolonie nicht meldete, brach er zahllose Vorschriften und Gesetze - das wusste er genau. Und was er mit den Tieren vorhatte, konnte ihn vermutlich in ein Bundesgefängnis bringen. Man konnte ihm vorwerfen, Gott spielen zu wollen. Einige Umweltschutzgruppen mochten es als skandalöses Verhalten auffassen - als Straftat, die mindestens das
Todesurteil verdiente. Er versuchte gar nicht, sich zu rechtfertigen. Nicht mal sich selbst gegenüber. Schließlich spielte er tatsächlich Gott. Er fällte ein Urteil - einfach, weil er an dessen Richtigkeit glaubte. Und daran, dass es seiner Tochter vielleicht irgendwie guttat.
    »Wie lange können wir das noch tun?«, fragte Sheridan. »Den Miller-Wieseln helfen, meine ich.«
    »Solange du willst. Solange du das Gefühl hast, dass es für dich wichtig ist.«
    »Wahrscheinlich sind sie in ein paar Wochen so weit«, sagte sie und unterdrückte ihre Tränen. »Vermutlich fällt dann auch kein Schnee mehr«, gab sie widerstrebend zu.
    Joe erzählte ihr, wo er die Tiere aussetzen wollte. Er hatte ein kleines, geschütztes Tal oben in den Bighorns gefunden, kilometerweit von Straßen und Pfaden entfernt. Es lag auf einer Wanderroute der Wapitis, und dort lebten jede Menge Maultierhirsche. Das Tal lag fast zwanzig Kilometer außerhalb des »Miller-Wiesel-Ökosystems«.
    Sie schniefte und fragte, ob sie die Tiere je wieder sehen würde.
    Joe versprach es ihr. »Diesen Sommer satteln wir Lizzie, und dann reiten wir beide zusammen in die Berge. Ich zeig dir, wo die Wiesel leben, wenn du versprichst, nie jemandem etwas davon zu erzählen.«
    »Klar versprech ich das«, sagte Sheridan. »Ich kann Geheimnisse für mich behalten.«
    Joe lachte. »Das weiß ich inzwischen.«

Die Englische Originalausgabe OPEN SEASON erschien 2001 bei Berkley Prime Crime, The Berkley Publishing Group, New York.
     
    Der Roman erschien bereits 2003 im Blanvalet Verlag, Verlagsgruppe Random House GmbH, unter dem Titel KEINE SCHONZEIT.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Vollständige Deutsche Taschenbuchausgabe 06/2010
    Copyright © 2001 by C. J. Box
    Copyright © 2003 der deutschsprachigen Ausgabe by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Copyright © 2010 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH
     
    eISBN 978-3-641-04623-1
     
    www.heyne.de
    www.randomhouse.de
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