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Jagd auf Roter Oktober

Jagd auf Roter Oktober

Titel: Jagd auf Roter Oktober
Autoren: Tom Clancy
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voll gestopft, letztere außerhalb des Druckkörpers und zehnmal so groß wie auf vergleichbaren amerikanischen Booten. Trotz weitgehender Automation, die es zum modernsten Schiff der sowjetischen Marine machte, war seine Bedienung und Wartung eine Riesenaufgabe für eine so kleine Mannschaft. Die Hälfte seiner Mannschaft bestand aus Wehrpflichtigen auf ihrer ersten Einsatzfahrt und selbst die erfahreneren Leute wussten herzlich wenig. Anders als bei westlichen Kriegsmarinen bildeten nicht die Glawniji Starschini (Bootsmänner), sondern die elf Mitschmani (Decksoffiziere) das Rückgrat der Mannschaft. Jeder Einzelne war darauf gedrillt, genau das zu tun, was die Offiziere befahlen. Und die Offiziere hatte Ramius selbst ausgewählt.
    »Möchten Sie denn gerne zwei Monate lang kreuzen?«, fragte Putin.
    »Auf Diesel-U-Booten habe ich das getan. Ein Unterseeboot gehört aufs Meer, Iwan. Unsere Aufgabe ist es, die Imperialisten das Fürchten zu lehren. Erreicht wird das nicht, wenn wir die meiste Zeit in unserem Stall in Polyarniji verbringen, aber wir können halt nicht länger als zwei Wochen auf See bleiben, weil sonst die Tauglichkeit der Mannschaft nachlässt. In zwei Wochen wird aus dieser Kinderbande ein Haufen abgestumpfter Roboter.« Darauf baute Ramius.
    »Und sollen wir dieses Problem mit kapitalistischem Luxus lösen?«, höhnte Putin.
    »Ein wahrer Marxist ist objektiv, Genosse Politoffizier«, wies Ramius, der seine letzte Meinungsverschiedenheit mit Putin genoss, zurecht. »Und objektiv gesehen ist das, was uns bei unserer Aufgabe hilft, gut, und das, was uns behindert, schlecht. Widrigkeiten sollen unsere Sinne und Fähigkeiten schärfen, nicht abstumpfen. Das Leben auf einem U-Boot ist auch so schon hart genug.«
    »Für Sie offenbar nicht, Marko.« Putin grinste über seine Teetasse hinweg.
    »Ich bin Seemann. Unsere Männer nicht und die meisten werden es auch niemals werden. Das ist ein Haufen Bauern und Jungen, die am liebsten in der Fabrik arbeiten würden. Wir müssen uns den Zeiten anpassen, Iwan. Diese Jugend ist anders als wir früher.«
    »Da haben Sie allerdings Recht«, stimmte Putin zu.
    Beide Männer wussten genau, weshalb sowjetische Raketen-U-Boote nur so wenig ihrer Zeit – gerade fünfzehn Prozent – im Einsatz verbrachten, und mit mangelndem Komfort hatte das nichts zu tun. Roter Oktober trug sechsundzwanzig SS-N-20-»Seahawk«-Raketen, jede mit acht unabhängig steuerbaren Atomsprengköpfen (MIRVs), Sprengkraft 500 Kilotonnen, bestückt; genug, um zweihundert Städte auszulöschen. Landgestützte Bomber konnten jeweils nur ein paar Stunden fliegen und mussten dann zu ihren Horsten zurückkehren. Landgestützte Raketen entlang des russischen Ost-West-Schienensystems waren immer in Reichweite von paramilitärischen Truppen des KGB, die eingreifen konnten, falls einem Regimentskommandeur seine Macht zu Kopfe stieg. Raketen-U-Boote aber waren per Definition von Land aus nicht zu kontrollieren. Ihre einzige Rolle war zu verschwinden.
    Angesichts dieser Tatsache überraschte es Marko, dass seine Regierung überhaupt welche gebaut hatte. Den Mannschaften solcher Boote musste man vertrauen können. Und so kam es, dass sie seltener in See stachen als ihre westlichen Gegenstücke, und wenn, dann mit einem Politoffizier an Bord, der neben dem Kommandanten stand, gleichsam mit einem zweiten Kapitän, der jede Handlung gutzuheißen hatte.
    »Brächten Sie es fertig, Marko, zwei Monate lang mit diesen Dorfjungen zu kreuzen?«
    »Wie Sie wissen, ziehe ich halb ausgebildete Jungs vor. Denen braucht man nicht so viel abzugewöhnen. Dann kann ich sie auf meine Art zu ordentlichen Seeleuten machen. Ist das Persönlichkeitskult?«
    Putin steckte sich lachend eine Zigarette an. »Das höre ich über Sie nicht zum ersten Mal, Marko. Aber Sie sind halt unser bester Ausbilder und für Ihre Zuverlässigkeit bekannt.« Das stimmte. Ramius hatte Hunderte von Offizieren und Matrosen ausgebildet und auf andere Unterseeboote geschickt, zu dankbaren Kommandanten. Putin hob einen Zeigefinger. »Sie sollten eine unserer Marineakademien kommandieren, Kapitän. Dort würden Ihre Talente dem Staat besser nützen.«
    »Ich bin und bleibe Seemann, Iwan Jurijewitsch, und kein Schulmeister. Der Weise kennt seine Grenzen.« Und der Kühne ergreift eine Gelegenheit, wenn sie sich bietet. Alle Offiziere an Bord hatten schon unter Ramius gedient, abgesehen von drei Leutnants, die gehorchen würden wie jeder Leichtmatrose,
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