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Jagd auf Roter Oktober

Jagd auf Roter Oktober

Titel: Jagd auf Roter Oktober
Autoren: Tom Clancy
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oranges Licht und lila Schatten auf die Fjordwände.
    »Eisblumen natürlich«, versetzte Putin und lachte laut. »An einem Tag wie heute haben die Frauen und Kinder rosa Gesichter, und der Wodka schmeckt besonders gut. So schön ist’s nur in Gorki!«
    Es war ungewöhnlich, dass ein Nichtrusse an Bord eines Schiffes der Roten Marine eine Funktion hatte oder es gar kommandierte. Markos Vater, Alexander Ramius, war ein Parteiheld gewesen, ein glühend überzeugter Kommunist, der Stalin treu gedient hatte. Als die Sowjets Litauen 1940 erstmals besetzten, hatte Ramius senior entscheidend beim Zusammentreiben von Abweichlern, Ladenbesitzern, Priestern und anderen, die dem neuen Regime im Wege standen, mitgewirkt. Alle wurden verschleppt und über ihr Schicksal kann heutzutage selbst Moskau nur Vermutungen anstellen. Ein Jahr später, nach dem deutschen Einfall, kämpfte Alexander heldenhaft als politischer Kommissar und zeichnete sich später bei der Schlacht um Leningrad aus. 1944 kehrte er mit dem Stoßkeil der Elften Gardearmee in seine Heimat zurück, um blutige Rache an tatsächlichen oder angeblichen Kollaborateuren zu nehmen. Alexander Ramius war ein Held der Sowjetunion gewesen  – und Marko schämte sich seiner. Die endlose Belagerung von Leningrad hatte die Gesundheit seiner Mutter ruiniert, sodass sie seine Geburt nicht überlebte. Marko wuchs bei seiner Großmutter in Litauen auf, während sein Vater im Zentralkomitee der Partei herumstolzierte und auf Beförderung und Versetzung nach Moskau wartete. Die bekam er auch und war Kandidat des Politbüros, als ein Herzschlag seiner Karriere ein Ende setzte.
    Markos Scham hatte allerdings ihre Grenzen. Immerhin hatte die Berühmtheit seines Vaters ihm Gelegenheit gegeben, sein gegenwärtiges Ziel ins Auge zu fassen. Marko plante, persönlich an der Sowjetunion Rache zu nehmen; und zwar gründlich, um auch Vergeltung für jene Zahllosen zu üben, die vor seiner Geburt ermordet worden waren.
    »Wo wir hinfahren, Iwan Jurijewitsch, wird’s noch kälter sein.«
    Putin schlug seinem Kapitän auf die Schulter. War seine Freundschaft echt oder gespielt? Vermutlich echt, sagte sich Ramius; dieser laute Ochse schien doch ein paar menschliche Seiten zu haben.
    »Wie kommt es eigentlich, Genosse Kapitän, dass es Sie immer so freut, in See zu stechen und die Heimat zurückzulassen?«
    Ramius lächelte hinter seinem Fernglas. »Ein Seemann hat ein Vaterland, Iwan Jurijewitsch, aber zwei Frauen. Das werden Sie nie verstehen. Ich bin nun unterwegs zu meiner zweiten Frau, der kalten, herzlosen See, der meine Seele gehört.« Ramius schwieg. Sein Lächeln verschwand. »Sie ist jetzt meine einzige Frau.«
    Putin blieb zur Abwechslung einmal still. Der Politoffizier war bei der Einäscherung gewesen und hatte echte Tränen geweint, als der Sarg ins Krematorium gerollt war. Für Putin war Natalia Bogdanowa Ramius’ Tod ein Trauerfall gewesen, der Akt eines gleichgültigen Gottes, dessen Existenz er ansonsten hartnäckig leugnete. Für Ramius war er ein Verbrechen gewesen, begangen vom Staat. Ein überflüssiges, monströses Verbrechen, das bestraft werden musste.
    »Eis!«, meldete der Ausguck.
    »Loses Packeis an Steuerbord, vielleicht vom Ostgletscher gekalbt. Passieren wir«, sagte Kamarow.
    »Käpt’n!«, klang es metallisch aus dem Brückenlautsprecher. »Nachricht vom Flottenhauptquartier.«
    »Bitte verlesen.«
    »Übungsgebiet klar. Keine Feindschiffe in der Nähe. Entsprechend Order verfahren. Gezeichnet: Korow, Flottenkommandant.«
    »Verstanden«, sagte Ramius. Es klickte im Lautsprecher. »Also keine Amerikanski in der Nähe?«
    »Glauben Sie dem Flottenkommandanten nicht?«, fragte Putin.
    »Ich hoffe, dass er sich nicht irrt«, erwiderte Ramius aufrichtiger, als seinem Politoffizier lieb war. »Vergessen Sie die Geheimdienstinformationen bei der Einsatzbesprechung nicht.«
    Putin trat von einem Fuß auf den anderen. Vielleicht spürte er die Kälte.
    »Es geht um die amerikanischen U-Boote der 688- oder Los-Angeles -Klasse. Wissen Sie noch, was einer ihrer Offiziere unserem Spion über sie erzählte? Sie können sich an einen Wal heranmachen und ihn vögeln, ehe er etwas merkt.« Der Kapitän grunzte erheitert. »Vor den Los-Angeles -Booten der Amerikaner und den Trafalgars der Briten müssen wir uns in Acht nehmen. Die sind eine Bedrohung.«
    »Die Amerikaner mögen gute Ingenieure haben, Genosse Kapitän«, meinte Putin, »aber unsere Technologie ist
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