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Jagd auf Roter Oktober

Jagd auf Roter Oktober

Titel: Jagd auf Roter Oktober
Autoren: Tom Clancy
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besser.«
    Ramius nickte versonnen. Politoffiziere sollten eigentlich etwas von den Schiffen verstehen, die sie überwachten, so wie es die Parteidoktrin vorschrieb.
    »Wie ich bei der Politischen Hauptverwaltung sagte«, sprach Putin und schlug Ramius erneut auf die Schulter, »ist Roter Oktober in den besten Händen!«
    Du Schwein! dachte der Kapitän, prahlst vor meinen Männern, dass du über meine Tauglichkeit befindest! Ein Mann, dem man kein Schlauchboot in der Flaute anvertrauen würde! Schade, dass du keine Gelegenheit bekommen wirst, diese Worte zu bereuen, Genosse Politoffizier, und wegen einer Fehlentscheidung den Rest deines Lebens im Gulag verbringen musst. Das wäre es fast wert, dich am Leben zu lassen.
    Die nächste Stunde verging rasch. Die See ging höher, als sie sich dem offenen Meer näherten, und ihr Eisbrecher begann, sich in der Dünung zu wälzen. Ramius besah sich das Schiff mit Interesse. Er hatte seine gesamte Dienstzeit auf Unterseebooten verbracht und war noch nie auf einem Eisbrecher gewesen. U-Boote hatten mehr Annehmlichkeiten, waren aber gefährlicher. An Gefahren war er jedoch gewöhnt, und seine langjährige Erfahrung kam ihm jetzt zustatten.
    »Boje in Sicht, Käpt’n.« Kamarow wies auf eine rot beleuchtete Boje, die auf den Wellen tanzte.
    »Kontrollraum, bitte Lotung«, fragte Ramius übers Brückentelefon.
    »Hundert Meter unterm Kiel, Käpt’n.«
    »Fahrt auf zwei Drittel steigern, zehn Grad nach Backbord.« Ramius sah Kamarow an. »Signalisieren Sie der Purga unsere Kursänderung.«
    Kamarow griff nach der kleinen Signallampe, die unter der Brückenkimming verstaut war. Roter Oktober, ein 30 000 Tonnen großer Koloss, begann langsam Fahrt aufzunehmen. Allmählich wuchs die Bugwelle zu einem drei Meter hohen Wasserbogen an; Brecher rollten übers Raketendeck und wurden vom Turm zerteilt. Die Purga änderte ihren Kurs nach Steuerbord und ließ das U-Boot vorbeiziehen.
    Ramius schaute zu den Steilhängen des Kola-Fjords hinüber. Vor Urzeiten hatte ihnen der unbarmherzige Druck der Gletscher ihre Form gegeben. Wie oft während seiner zwanzigjährigen Dienstzeit in der Nordflotte »Rotes Banner« hatte er diese weite, offene U-Form gesehen? Nun ruhte sein Blick zum letzten Mal auf ihr. Was auch geschah, für ihn gab es keine Rückkehr. Wie würde es ausgehen? Ramius gestand sich, dass ihn das wenig scherte. Es gab kein Zurück. Er hatte einen Brief in den letzten Postsack geworfen, der vorm Auslaufen von Bord gegangen war.
    »Kamarow, signalisieren Sie an Purga: Tauchen um –«, er sah auf die Uhr, »13 Uhr 20. Übung OKTOBERFROST beginnt planmäßig. Wir geben Sie für Ihre anderen Pflichten frei. Wir kehren planmäßig zurück.«
    Kamarow blinkte den Spruch hinüber. Die Purga antwortete sofort, und Ramius entzifferte die Lichtsignale ohne fremde Hilfe: »WENN EUCH DIE WALE NICHT FRESSEN! VIEL GLÜCK ROTER OKTOBER!«
    Ramius griff nach dem Hörer, drückte den Knopf für den Funkraum und ließ den Spruch ans Flottenhauptquartier in Seweromorsk senden. Dann setzte er sich mit dem Kontrollraum in Verbindung.
    »Lotung?«
    »Einhundertvierzig Meter, Käpt’n.«
    »Fertigmachen zum Tauchen.« Er befahl den Ausguck unter Deck.
    »Brücke klar. Übernehmen Sie, wenn Sie unten sind, Gregorij.« Kamarow nickte und verschwand in der Luke.
    Ramius, nun allein, suchte noch einmal sorgfältig den Horizont ab. Achtern war die Sonne kaum noch sichtbar, der Himmel bleiern, die See schwarz, abgesehen von den Wellenkämmen. Ist das mein Abschied von der Welt? fragte er sich. Falls ja, hätte er eine heiterere Szenerie vorgezogen.
    Ehe er nach unten glitt, inspizierte er die Dichtung der Luke, zog sie mit einer Kette zu und stellte sicher, dass der automatische Mechanismus richtig funktionierte. Anschließend kletterte er im Turm acht Meter tief hinunter zum Druckkörper und dann weitere zwei zum Kontrollraum. Ein Mitschman (Decksoffizier) schloss die zweite Luke und drehte mit kräftigem Schwung das Verschlussrad bis zum Anschlag.
    »Gregorij?«, fragte Ramius.
    »Alles klar«, sagte der Navigator knapp und wies auf das Taucharmaturenbrett. Alle den Druckkörper betreffenden Kontrolllampen leuchteten grün. »Alle Systeme justiert und tauchbereit. Druckausgleich eingeleitet. Wir sind bereit zum Tauchen.«
    Der Kapitän inspizierte selbst noch einmal alle mechanischen, elektrischen und hydraulischen Instrumente. Auf sein Nicken hin betätigte der Mitschman vom Dienst die
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