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Leitfaden China

Leitfaden China

Titel: Leitfaden China
Autoren: Hans Jakob Roth
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Vorwort
    Eigene Identität und globale Welt
    Wir wachsen immer schneller in eine globale Welt und ihre Wirtschaft hinein. Die Entwicklungen im Transportbereich geben uns die Möglichkeit, innerhalb von einigen Stunden in völlig anderen Kulturräumen zu sein. Die Fortschritte in der Kommunikation erlauben uns, ohne nennenswerte Zeitverzögerung weltumspannend kommunizieren zu können.
    Doch diese Kontaktmöglichkeiten täuschen uns das Bild einer Internationalität vor, die noch kaum vorhanden ist. Nehmen wir allein die Fremdsprachenkenntnisse. In wie vielen dieser Kulturräume, in denen wir für Geschäft oder Erholung hinreisen, verstehen wir auch die Sprache der Gastgesellschaft? Englisch und vielleicht noch Französisch und Spanisch sind die Weltsprachen, die in manchen Regionen auch kulturübergreifend verstanden werden. Wenn es darum geht, die immer wichtiger werdenden Länder Ostasiens zu verstehen, so sind wir bereits in grossen Schwierigkeiten. Japanisch, Chinesisch oder Koreanisch erlernt sich nicht in einem Tag. Und die Sprachen des näher liegenden Mittleren Ostens auch nicht.
    Dabei sind Sprachkenntnisse nicht einmal das Entscheidende an Kontakten mit anderen Kulturen. Wenn es um Kollektivkulturen geht, ist das Interesse am Gegenüber viel wichtiger als das verbale Verstehen. Ich habe einen Freund, der mich verschiedene Male in Japan und China besucht hat und der weder die eine noch die andere Sprache spricht. Sein Vorgehen war einfach. Er hat Schweizerdeutsch gesprochen, wenn er in ein Geschäft ging oder wenn er auf der Strasse etwas wollte. Natürlich hat keiner die Sprache des anderen verstanden, aber ich habe verschiedentlich erlebt, wie beide Parteien am Schluss gelacht haben und genau das erhielten, was sie sich im Geschäft gegenseitig erhofft hatten – die eine Person einen Kauf zu einem annehmbaren Preis, die andere einen Verkauf mit demselben Ziel – und beides in einer angenehmen Atmosphäre, die in Zufriedenheit für beide Seiten endete. Die Kommunikation lief nicht über die verbale Schiene, sondern über die Körpersprache. Und weil von Anfang an klar war, dass die Sprache kein Hilfsmittel war, haben sich beide auf diese nichtverbale Form konzentrieren können. Hätte mein Freund die paar Worte anzubringen versucht, die er hinten in einem Reiseführer gefunden hätte, wäre er glatt auf die Nase gefallen. Die falsche Aussprache, das nachhaltige Bemühen, die Lokalsprache zu sprechen, hätte auch die andere Seite gezwungen, sich auf die verbalen Versuche des Fremden einzulassen. Bei dieser Konzentration auf die Sprache wären die Zeichen der Körpersprache hoffnungslos verloren gegangen – und damit hätte die Verbindung zwischen beiden nie funktioneren können. Das Interesse am Anderen, die Akzeptanz der anderen Person, sind die Schlüssel, die den Zugang zum Gegenüber sichern.
    Entscheidend wird in diesen interkulturellen Kontakten das eigene Selbstverständnis, wie die oben geschilderte Situation zeigt. Akzeptanz des Anderen heisst nicht, sich selbst aufzugeben, sondern sich selbst zu sein, auch wenn gleichzeitige Selbstkritik immer eine wichtige Ingredienz für interkulturelle Offenheit bleibt.
    Das Buch soll deshalb auch nicht als Leitfaden für westliche Geschäftsleute verstanden werden, um im schlitzäugigen China Erfolg zu haben. Unsere schlitzohrige westliche Haltung ist durchaus geeeignet, hier ein Gegengewicht zubilden. Es geht mir im wesentlichen im Buch darum, Haltungen zu finden, die beiden Seiten ermöglichen, eine langfristig erfolgreiche Geschäftsbasis aufzubauen. Nur wenn beide Seiten zufrieden sind, wird sich langfristig eine fruchtbare Zusammenarbeit ergeben. Wenn ich deshalb manche problematischen Seiten Chinas aufzeige, geht es mir nicht um eine Verunglimpflichung des Landes. Ich liebe das Land, sonst hätte ich nicht zwölf Jahre meines bisherigen Lebens in China verbracht. Aber ich stehe dem Land so kritisch gegenüber, wie meinem eigenen Heimatland. Es geht mir darum, offen aufzuzeigen, wo die Probleme liegen, um eine beidseitige Zufriedenheit zu schaffen. Wenn das Buch nur da wäre, um Illusionen zu kreieren, dann würde die Wirklichkeit früher oder später mit ihrer harten Hand eingreifen. Besser ist es, bereits zu Beginn auf dem Boden der Realität zu operieren, damit später weniger Enttäuschungen entstehen können.
    Gerade für eine westliche Person wird Ostasien, und zu einem gewissen Grad auch der Mittlere Osten zu einer grossen Herausforderung. Bis
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