Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte
Autoren: Nyx Smith
Vom Netzwerk:
gegessen. Ha-ha-ha!
    Monk grinst. »Sahne.«

83
     
    Als er den Kopf hebt und sich den Speichel von den Lippen wischt, sieht Ben Hill, daß er das kleine Wunder der Transformation wieder nicht mitbekommen hat.
    Striper liegt auf der Seite. Sie hat erneut ihre natürliche Gestalt angenommen, den massigen Körper, der so stark an einen sibirischen Tiger erinnert. Das Blut aus der riesigen Kopfwunde hat ihr rotes, schwarzgestreiftes Fell befleckt. Die Wunde scheint sogar für ihre bemerkenswerte Werbiologie zu groß zu sein, um noch zu heilen.
    Ihr Kind hat sich ebenfalls wieder verwandelt. Es steht auf vier Beinen neben dem reglosen Körper seiner Mutter. Sein Blick irrt hierhin und dorthin, und es brüllt traurig, mitleiderregend, und jetzt beschnüffelt es die grausame Wunde und leckt daran. Ben kann den Anblick einfach nicht mehr ertragen. Er wendet sich ab, nur um Germaine zu sehen, die kaum eine Armeslänge entfernt auf dem Rücken liegt. Ihre Brust ist mit Blut durchtränkt, das sich in der Umgebung der Einschußlöcher in ihrer Bluse konzentriert.
    Es übersteigt jedes Begreifen, jedes Vorstellungsvermögen, daß die Dinge eine derart furchtbare Wendung nehmen konnten, daß die Suche nach einem metabiologischen Serum mit dem Tod, mit einem Doppelmord, enden konnte.
    Zwei Leben unwiederbringlich verloren, vergeudet...
    Liron Phalen war die motivierende Kraft, und Germaine hat ihre Rolle gespielt, doch Ben weiß ganz genau, bei wem die eigentliche Schuld liegt, wo sie immer gelegen hat. Er fühlt sich an die Worte von Sir Thomas More erinnert. Als man ihn aufforderte, sich um der Kameradschaft willen den Adligen anzuschließen, die einen König unterstützten, erwiderte More: »Und wenn wir sterben, und ihr werdet in den Himmel geschickt, weil ihr eurem Gewissen gefolgt seid, und ich in die Hölle, weil ich meines mißachtet habe, werdet ihr dann um der Kameradschaft willen mit mir kommen?«
    Das rückt alles ins rechte Licht.
    Er hat sich von Liron Phalen übermäßig beeinflussen lassen. Er hatte nicht die Willenskraft, darauf zu bestehen, daß ihre Forschung den moralischen und ethischen Prinzipien folgt, die einzuhalten er sich während seines gesamten Erwachsenenlebens bemüht hat. Als es darauf ankam, als er vielleicht sogar zwei Leben hätte retten können, hat er versagt. Er hat versagt, weil er seine eigenen Prinzipien mißachtet hat. Er hat sich selbst verraten, die Wissenschaft, die ganze Metamenschheit. Und dies ist nur ein weiterer Verrat am Ende einer Karriere, die von Unzulänglichkeiten und krassem Versagen geplagt war.
    Er hat noch nie ein sonderlich ausgeprägtes Vorstellungsvermögen gehabt. Vielleicht ist das sein größtes Versagen. Vielleicht hat ihn das dazu verdammt, immer nur den verantwortlichen Personen zu assistieren und nie selbst die Verantwortung zu übernehmen.
    Doch das ist jetzt bedeutungslos. Er muß nur noch eine Aufgabe erfüllen. Er muß die Verantwortung für seine Taten übernehmen. Er muß reinen Tisch machen. Die endgültige Verantwortung akzeptieren.
    Langsam greift er nach der Pistole, die neben ihm liegt, und schiebt sich den Lauf in den Mund. Das glänzende Metall fühlt sich hart und unnachgiebig an seinen Zähnen an und schmeckt nach scharfen Chemikalien. Genau wie das Leben.
    Es bedarf nur eines sanften Fingerdrucks.

84
     
    Das Ende des Tunnels erstrahlt in grellem Licht. Sie spürt, wie sie von ihm angezogen wird. Auf eine Weise, die sie nicht versteht, spürt sie, daß irgendwo hinter dem grellen Licht ein goldenes Land der Beute und der Verheißung liegt.
    Plötzlich erhebt sich eine Gestalt vor ihr, eine dunkle vierbeinige Gestalt, unbestreitbar männlich und so massig, daß sie den Blick auf das Licht versperrt. Das Brüllen des Männchens ist wie ein Donnerschlag, der das Ende der Welt ankündigt. Sein Geruch kündet von Besitz und von der Gewalt, die er auszuüben bereit ist, um das zu verteidigen, was er als sein Eigentum betrachtet.
    Geh zurück! sagt er.
    Nein... sie will weitergehen.
    Du hast keine Wahl...
    Eine Woge der Bestürzung überfällt sie plötzlich, niederschmetternd, überwältigend. Die Beute und die Verheißung jenes Landes werden ihr verweigert. Das Land gehört dem Männchen. Es ist sein Revier. Ein Kampf mit dem Männchen um das Recht, es zu betreten, würde unausweichlich zur völligen Auslöschung ihrer Existenz führen.
    Sie muß zurück.
    Das strahlende Licht verblaßt zu Schwärze, und plötzlich hört Tikki einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher