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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht
Autoren: Wallace Hamilton
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den Matratzen bequem. «Nette Höhle haste hier.»
    Gino legte sich zurück und rieb sich zwischen den Beinen. «Ich werd’ mir ‘n paar Tussies hier runterholen und sie ficken.»
    «Hä?» Kevin rutschte verlegen hin und her.
    «Ja. Ich denk’ drüber nach. Ich geh’ hier runter, hör’ Radio und mal’ es mir aus.»
    Kevin fühlte Ekel, aber er richtete sich auf. «Ja, ich denk’ auch drüber nach.»
    «All diese Miezen...» Gino schien sich in seine Fantasien zu verlieren, angetörnt von der Musik aus dem Radio. Dann stützte er sich plötzlich auf einen Ellbogen. «Hey, dein kleiner Bruder ist echt stark.»
    «Dennis? Wie kommst du darauf?»
    «Weiß nicht. Man braucht nur einen Blick auf ihn zu werfen, um zu wissen, daß er einiges los hat. Ihr zwei seid gerade erst zusammengekommen, nicht wahr?»
    «Ja.»
    «Ganz schön hart für dich, was?»
    «Ich weiß nicht, woran ich mit ihm bin.»
    Gino nickte mit dem Kopf. «In dieser Stadt passiert ‘ne Menge
    Verrücktes, und ich glaube, Dennis hat in allem seine Finger.»
    «Er ist erst dreizehn.»
    «Eher wie 60. Er war bei Pflegeeltern, nicht wahr?»
    «Ja. Wie ich.»
    «Wo hat er gewohnt?»
    «Rowland Street. Unten am Hafen.»
    «Jemals da gewesen?»
    «Nein.»
    «Geh nicht.»
    «Warum nicht?»
    Gino schüttelte den Kopf. «Von allem, was um die Hafenstraße
    ‘rum geschieht, sollte man sich fernhalten.» Er seufzte. «Gibt Ärger da. Nichts, wo man reingeraten möchte.»
    «Warst du da?»
    Gino zögerte. «Ja. Einmal. Ich brauchte Geld.»
    «Geld? Da?»
    «Vergiß es!» Ein plötzlicher Zornesausbruch. «Geh da bloß nicht
    hin, verstehste?»
    Kevin war aufgeregt und neugierig. Was war los in der Hafenstraße? Aber er wollte Gino nicht drängen. Er wollte Gino zum Freund. Aber was Gino wußte... er könnte es rausfinden, und der Entschluß begann Form anzunehmen in seinen Gedanken.
     
    Als Kevin an jenem Nachmittag spät von Gino zurückkam, fand er Jake in seinem großen Sessel vor dem Fernseher sitzend vor, eine Bierdose fest in seiner Rechten. Kevin brauchte einen Moment, bis er merkte, daß zwar der Bildschirm vor Jakes Gesicht flimmerte, aber daß Jake weder was sah noch was hörte oder was merkte. Jake war weggetreten.
    Er ging in die Küche und fand seine Mutter vor, wie sie in einem Topf auf dem Herd mit einer Hand herumrührte. In der anderen Hand hielt sie ein Glas, voll mit ihrem üblichen ‹halb und halb› – Whisky mit Brause zum Mischen. Die Flaschen waren auf einem Bord neben der Spüle. Er nahm an, daß was Genießbares im Topf war. Seine Mutter sah ihn an, mit glasigem Blick. «Wo warste?»
    «Drüben bei Gino.»
    «Bist dir zu fein, hierher zurückzukommen, was? Hier hab’ ich das Abendessen fast fertig, und weder du noch Dennis lassen sich hier blicken. Weiß nicht, was in euch Kinder gefahren ist.»
    «Ich bin hier.»
    «Klar... klar... kommst hierher, um zu essen und gleich wieder abzuhauen.» Sie nahm einen Schluck von ihrem Drink. «Sind wir dir nicht gut genug, hä?»
    «Mutti...»
    «Immer mit diesen Itakern rumzuhängen. Und bald werden’s Nigger sein.»
    «Mutti...»
    «Und nach all der Mühe, die ich auf mich genommen habe, euch ein anständiges Zuhause zu geben.»
    Kevin schlang seine Arme um die Taille seiner Mutter. «Mutti, ich weiß, was du getan hast, und das ist in Ordnung, und ich bin stolz auf dich, raus aus dem Krankenhaus und alles...»
    Millie umarmte ihn mit einem Arm, während sie das Glas in der anderen Hand hielt. «Schon gut, Kevie. Ich weiß, du bist ein guter Junge, und du liebst deine Mutter. Es ist nur... nur... daß das Leben zu schwer...» Sie begann zu schniefen. «Eben... zu... schwer.» Sie wandte sich von ihm ab und putzte sich die Nase mit einem Wischtuch.
    Kevin hörte, wie die Haustür aufging und Dennis’ Stimme, heiter wie ein Frühlingstag. «Horrido, Onkel Jake.» Und er hörte Jake grunzen und schnaufen.
    Wieder Dennis’ Stimme. «Wie gefällt’s dir, hä?»
    «Toll... toll... wo hast es her?»
    «Hat mir jemand gegeben.»
    Ein weiterer Grunzer von Jake. «Her mit dir, und gib deinem On‐
    kel ‘nen Schmatz.»
    Millie seufzte. «Nun ja, ‘s gibt doch noch was, was Jake aufweckt.»
     
    Kurz darauf erschien Dennis in der Küchentür. Er trug eine leuchtend rote Windjacke. «Seht mal, was ich habe.» Und er drehte sich wie ein Mannequin.
    «Wirklich hübsch», sagte Millie, und dann, nach einer Pause: «Wo biste gewesen, um so was zu kriegen?»
    «Ein Freund von mir hat es mir
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