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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht
Autoren: Wallace Hamilton
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eine Pause. «Nun brauche ich keinen Sarg.»
    Amory sah, wie Bruce und Kevin einen spannungsgeladenen Blick wechselten. Kevin setzte sich in seinem Sessel auf. Aber Bruce schien sich wohler als je zuvor zu fühlen. Amory spürte, daß von Bruce eine Ausstrahlung ausging. Er hatte sie schon bemerkt, als er und Bruce Liebhaber gewesen waren, aber damals schien es ihm den Anstrich von gedämpftem, blassem, traurigem Blau gehabt zu haben. Nun verbreitete er in Stimme und Bewegung eine Lebenskraft, wie sie Amory nie zuvor gesehen hatte. Vielleicht lag es am Jobwechsel, am Umzug in eine andere Stadt, daran, daß er sich wie ein sich häutendes Tier von seiner Einrichtung getrennt hatte, oder vielleicht lag es auch an Kevin. Aus welchem Grund auch immer – Amory stand dieser Verwandlung fassungslos gegenüber. Und ebenso neidisch. Er selbst kam sich vor wie in einem Sumpf – mit seinem Job, mit seiner Wohnung, mit dem Kreis seiner Freunde, mit dem ganzen schablonenhaften Ablauf seines Lebens. Dennoch... das zu tun, was Bruce getan hatte... er schreckte davor zurück. Er konnte sich nur seiner eigenen blassen Ausstrahlung ergeben.
    Amory spürte, wie die Wärme des Alkohols in ihm aufstieg. «Es muß wunderbar sein, hier zu leben. New York ist so frei.»
    Pause. Diese Blickwechsel zwischen Bruce und Kevin, so intim wie eine Liebkosung. Dann sah Kevin Amory an. «Nun... wenn man jede Nacht vier Stunden Hausaufgaben machen muß, dann ist es mit der Freiheit nicht mehr so weit her.»
    Bruce grinste. «Und wenn du mit einem besitzergreifenden Sechzehnjährigen zusammenlebst, dann scheint es überhaupt keine Freiheit mehr zu geben!»
    Kevin bemühte sich, ernst zu bleiben – ziemlich erfolgreich, dachte Amory. «Ich bin nicht besitzergreifend.» Aber dann trat ein Schimmer in seine Augen. «Nun... nicht allzuviel.»
    Bruce und Amory prusteten lachend los. Amory wurde onkelhaft. «Ich schenk’ dir ‘ne Seite aus meinem Tagebuch, auf der die Tränen getrocknet sind. Falls er noch spät im Büro zu arbeiten hat, ruf jede Sauna der Stadt an.»
    «Da hab’ ich einen besseren Weg», sagte Kevin. Ein knappes Lächeln zuckte um seine Lippen, aber sein Blick war fest und ernsthaft. «Ich sorg’ dafür, daß er erschöpft ist. Völlig erschöpft.»
    Amory nickte. «Ja, das muß ich zugeben. Das ist der bessere Weg.» Und er warf Bruce einen heimlichen Blick zu. Bruce sah erschöpft aus. Amory dachte: ‹Warte nur, bis Gerald das hört! »
     
    Die drei aßen zu Abend in einem chinesischen Restaurant, das Amory beim Eintritt zunächst wie eine Opiumhöhle vorkam. Aber der Kellner war Puertoricaner, und die Nischen und die Tische mit den Plastikblumen in der Mitte spiegelten den allgemeinen Eindruck eines koscheren jüdischen Lokals wieder. Das konnte es nur in New York geben!
    Gang auf Gang wurde an den Tisch gebracht. Aber als Bruce und Amory gesättigt waren, aß Kevin noch alles, was übrig war. Sogar der Puertoricaner war beeindruckt.
    In der theatralischen Beleuchtung des Restaurants sah Amory Kevin unverwandt verstohlen an. Er fragte sich verwundert: Hatte er diesen Jungen nicht schon irgendwo gesehen? Nicht bei Bruce, sondern irgendwo anders? Aber er kam zu dem Schluß, daß dem nicht so war, und er verdrängte diesen Verdacht aus seinen Gedanken.
    An der Ecke 86. Straße und Broadway sagten sie sich Auf Wiedersehen. Als Amory dem U‐Bahneingang zustrebte, erhaschte er noch einen Blick von Bruce und Kevin, wie sie Schulter an Schulter durch das Schneegestöber zum Riverside Drive gingen.
    Amory erwischte einen Zug Richtung Süden und machte sich auf den Weg zur Christopher Street... zu seiner Art von Freiheit.
     

 
    Der eine heißt Kevin. Er ist 15 Jahre jung. Seine Vergangenheit besteht aus Pflegefamilien. Seine Gegenwart ist ein Chaos.
    Der andere heißt Bruce. Er ist 35 Jahre alt. Seine Vergangenheit besteht aus Konventionen. Seine Gegenwart ist Langeweile.
    Ein Junge auf der Suche nach seiner Zukunft. Und ein Mann, der Angst vor seiner Zukunft hat. Als sich beide zum ersten Mal treffen, geht es um ein Abenteuer. Aus dem Abenteuer wird eine tiefempfundene Liebe. Aber können die beiden es wagen, an eine gemeinsame Zukunft zu denken?
     
    Publishers Weekly: „...erfrischend, eine gay novel zu lesen, die ein romantisches HappyEnd hat.“
     
     
    ISBN 3‐925495‐01‐0 ‹1080›
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