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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Niel Bushnell
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Außenmauer eine kleine Treppe gebaut war. Die beiden gingen ein Stück, betraten ein anderes Becken und verschwanden.
    »Mach dich bereit«, sagte Sexton in demselben desinteressierten Tonfall, den Jack schon kannte. Sie sahen zu, wie Leute durch die verschiedenen Kreuzkammern kamen und gingen, und warteten auf den richtigen Moment. Eine einsame Ge stalt überquerte die gewaltige Ausdehnung des Gewölbes und betrat ein Becken zu ihrer Rechten. Die Gestalt verschwand und das Becken war leer.
    Sexton schlich unbeholfen, Rouland in den Armen, von einen Pfeiler zum anderen und näherte sich langsam einem Becken. Als er es beinahe erreicht hatte, verfiel er in ein schiefes Laufen, ließ sich auf den Beckenrand fallen und schob Roulands Leiche schweratmend ins Wasser. Sie trieb absurderweise, und das Schwert sah aus wie der Mast eines kleinen Bootes.
    Sexton stieg ins Becken und bedeutete Jack mit einem Ni cken, ihm zu folgen. Er zog eine Münze aus der Westentasche und warf sie ins Wasser. Das Wasser schimmerte und strahlte. Jack spürte, wie der Boden unter seinen Füßen verschwand, und dann fiel er. Der Sinneseindruck war nach wenigen Sekunden vorbei, und er fand sich stehend in einem kleinen Raum wieder, der gegen die prunkvolle Eleganz der Hauptkammer schmucklos und unbedeutend wirkte.
    Roulands Leiche lag auf dem Boden. Sexton beugte sich darüber und vergewisserte sich, dass das Schwert noch an Ort und Stelle war. Dann hob er die Leiche ächzend wieder hoch und schlurfte zu einer Tür aus Holz. Dahinter lag ein feuchtes Treppenhaus, so schmal, dass er Rouland nicht weiter allein tragen konnte. Jack legte die Spaten auf die Leiche und übernahm ihre Füße.
    Als sie am Kopf der Treppe angelangten, öffnete Sexton wie der eine kleine Tür.
    »Letzter Halt, St. Bartholomew«, verkündete er.
    Jack lachte, als sie den Friedhof der kleinen Kirche betraten. Er war hier schon gewesen – in den Jahren 19 40 und 18 1 3.
    Sexton übernahm die Leiche nun wieder allein und schleppte sie über den Friedhof. Unter einem knorrigen Baum, der längst abgestorben war, blieb er stehen, legte die Leiche auf den Boden und nahm einen Spaten.
    »Was machen wir hier?«, fragte Jack.
    »Ihn begraben.«
    »Wieso hier?«
    »Ist eine gute Stelle. Sicher. Versteckt.« Er tätschelte den Baum, als wollte er auf eine verschleierte Bedeutung hinter seinen Worten hindeuten, dann machte er sich ans Graben. Jack krempelte sich die Ärmel hoch und half mit. Als sie aufhörten, war die Grube mindestens zwei Meter tief. Sie zogen Rouland an den Rand und ließen ihn hineinrutschen, wobei sie darauf achteten, dass sich das Schwert nicht aus seiner Brust löste. Sexton zog eine lange Halskette unter seiner Kleidung hervor; daran hing ein Anhänger, den er einen Moment lang betrach tete, während er unter seiner alten Hand baumelte, einen Ausdruck des Bedauerns im Gesicht, dann schleuderte er die Kette in die Grube. Sie landete auf dem Schwertgriff.
    Die Sonne versank hinter den Bäumen, als sie das Loch wieder zuschaufelten und Rouland in der kalten Erde be statteten.
    Als sie fertig waren, starrten sie den Erdhügel an und schnauften. Jack tat alles weh, und sein Hemd war klatsch nass und schmutzig. Schließlich zog Sexton eine kleine Münze aus der Tasche und schnippte sie Jack zu.
    »Für den Heimweg.«
    Jack starrte auf die Silbermünze in seiner Hand, auf das vertraute Siegel der Ersten Welt, das in sie eingeprägt war, und begriff, dass er allein zurückkehren würde. Er fragte sich, wo sein wirkliches Zuhause war. Konnte er nach all dem hier noch bei seiner Tante leben?
    Der Alte hustete laut, um die Kehle freizubekommen. »Ich bleib hier und pass auf ihn auf.«
    Jack sah hoch in Sexton zerknittertes Gesicht. »Sexton, ich muss Sie warnen …«
    Der Alte hob entschlossen die Hand. »Geht es dabei um meinen Tod?«
    »Ähm, ja.«
    »Will ich nicht wissen. Wäre nur dumm.«
    »Aber Sie können ihn vermeiden. Sie können …«
    »Kann der Boden die Morgensonne vermeiden?« Sextons Augen glitzerten, als er Jack musterte. Sein wilder Blick wurde weicher, und er lächelte warm, während er sich mit einem schmutzigen Taschentuch die Stirn abtupfte.
    Jack nickte widerstrebend und streckte Sexton die Hand hin, der sie unbehaglich anstarrte. Der Händedruck war so kurz, wie es nur ging, aber Jack lächelte trotzdem, dann drehte er sich mit einem Nicken auf dem Absatz um und ging zurück zur Kirche. Als er hineintrat, sah er ein letztes Mal zu Sexton zurück
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