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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Niel Bushnell
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letztes Andenken, das ihn an sie erinnern sollte. Er stand auf, um zu gehen, und sah, dass der Grimnar nach getaner Arbeit wieder verschwunden war.
    Jack wartete draußen, bis eine Stunde später sein Vater eintraf, um sicherzustellen, dass er in die Wohnung ging und Jacks jüngeres Ich schlafend vorfand. Die kommenden Wochen und Monate würden nicht leicht für seinen Vater sein, und auch nicht für Jack. Diese kleine Wohnung würde voller Trauer, Verzweiflung und Schmerz sein.
    Jack ging zum Friedhof von Whitechapel, und ihm war das Herz schwer von all dem, was hätte sein können.
    Als er ins Jahr 2013 zurückkehrte, war der Sommer schon zu Ende, und die Blätter an den Bäumen nahmen bereits lebhafte Brauntöne an.
    Ihm wurde klar, dass er irgendwann unterwegs dreizehn geworden war. Es spielte kaum noch eine Rolle. Er war nur wenige Wochen fort gewesen, und doch hatte er sich unwider ruflich verändert. Er konnte jetzt nicht in sein altes Leben zurückkehren und bei einer Tante wohnen, die er kaum kannte. Sein Vater saß im Gefängnis von Pentonville und fragte sich, was aus seinem Sohn geworden war, der nun sicher in der Kartei der jugendlichen Ausreißer geführt wurde, ein Flüchtling, dessen Familie zerbrochen war.
    Er ging nach Hause und fand die Wohnung leer vor; ihre wenigen Besitztümer waren vermutlich verkauft worden. Ihn verband nichts mehr mit seinem alten Leben, kein Zuhause, keine Familie.
    Er dachte daran, seinen Vater zu besuchen, damit er sich keine Sorgen mehr um ihn machen musste. Aber wie hätte er ihm von all dem erzählen können? Wie hätte er dort hinge hen können, ohne sich der Obhut von Fremden auszuliefern? Selbst seine Tante war eine Fremde, verglichen mit den Freun den, die er im Jahr 1940 zurückgelassen hatte. Er brauchte Zeit. Zeit zum Nachdenken. Alles, was ihm jetzt wichtig war, gehörte der Vergangenheit an, und er eben auch. Außerdem gab es dort einiges zu tun – er wusste genau, dass sich seine Gabe auch im Guten verwenden ließ, und er brauchte irgend einen sicheren Ort, an dem er seine neuen Fähigkeiten aus probieren konnte. Irgendwo zusammen mit Freunden, die ihn verstanden.
    Er schwor sich, seinen Vater bald zu besuchen. Morgen. Morgen war immer noch Zeit.
    Erst als er auf der kleinen Bank auf dem Friedhof saß, begriff er allmählich das ganze Ausmaß seines Abenteuers. Unbewusst zog er das Buch hervor, das er 1813 gestohlen hatte: Über das Wesen der Verborgenen Reiche von Magnus Hafgan. Es hatte ihn zu seiner Mutter und zur Rose geführt, es hatte ihm eine Möglichkeit aufgezeigt, Rouland zu besiegen, und er war sicher, dass auf seinen Seiten noch weitere Geheimnisse verborgen lagen, die darauf warteten, enthüllt zu werden.
    Er blätterte zur letzten Seite mit dem handgeschriebenen Kryptogramm. Er betrachtete die Buchstaben mehrere Minuten lang, bevor ihm klar wurde, was ihn immer wieder dorthin zurückzog. Die Symbole waren sauber und ordentlich geschrieben und ihm trotzdem so vertraut, dass er sich fragte, warum ihm das nicht vorher schon aufgefallen war. Er kannte die Handschrift: Es war seine eigene.
    Jack lächelte müde. Er wusste, dass sein Abenteuer gerade erst begann, und dieses kleine Buch stand im Zentrum des Ganzen. Eines Tages würde er seinem begehrten Inhalt eine weitere Seite hinzufügen, eine Seite, die ihn über den Kreislauf der Zeit hierherführen würde, zu diesem Moment. Für heute schloss er das Buch und steckte es wieder in die Tasche.
    Er saß dort in der kühler werdenden Brise und schrieb einen Brief an seinen Vater, damit er erfuhr, dass es ihm gut ging. Er deutete mit keinem Wort an, was aus ihm geworden war, was er nun wusste, sondern versicherte ihm, dass sie sich bald wiedersehen würden. Er fischte den Ehering sei ner Mutter aus der Hosentasche und tat ihn mit in den Briefumschlag. Dann schrieb er die Anschrift darauf, suchte den nächsten Briefkasten und warf ihn ein. Mit diesem Schritt riss auch seine letzte schwache Verbindung zum Jahr 2013 ab und ließ ihn zurück wie jemanden, der verloren, der aus der Zeit gefallen war. Aber es erfüllte ihn nicht mit Angst. Er war schließlich einzigartig. Er kannte einen Weg hinaus aus der Verzweiflung, zurück in eine bessere Zeit. Er würde wieder auf die Reise gehen, zurück ins Jahr 1940, zurück zu seinen Freunden, seiner Familie. Das war alles, was er jetzt noch hatte.
    Jack spazierte über den vertrauten Friedhof, bis er fand, was er suchte. Er berührte den Grabstein mit den
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