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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1
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zurück.
    Ganz bestürzt erhob sich Parcittadino von der Erde; kaum wußte er noch, wo er sich befand, und fast bedäuchte ihn nun, er habe so manchen Schritt vergebens getan und auch das Lob an den König verschwendet. So stand er ganz unglücklich da und wußte nicht, was er beginnen sollte. Endlich faßte er sich ein Herz und wollte den Versuch machen, ob es ihm vielleicht besser ausschlage, wenn er dem König ganz entgegengesetzte Dinge sage, da ihm das Lob so übel aufgenommen worden war. Er hub also an und sprach: »Verwünscht sei der Tag und die Stunde, die mich an diesen Ort geführt haben! Ich glaubte, ich sei gekommen, einen edlen König zu schauen, wie der Ruf ihn pries, –und ich bin gekommen, einen undankbaren und unerkenntlichen König zu sehen. Ich glaubte, ich sei gekommen, einen tugendhaften König zu sehen, – und ich bin gekommen, einen bösen König zu sehen. Ich glaubte, ich sei gekommen, einen weisen und verständigen König zu schauen, – und ich bin zu einem boshaften und verdorbenen gekommen. Ich glaubte, ich sei gekommen, eine heilige und gerechte Krone zu sehen, und ich bin zu einem gekommen, der Gutes mit Bösem vergilt: denn das beweist der Augenschein, da er mich Armseligen, der ihn ehrte und lobpries, so zugerichtet hat, daß ich nicht weiß, ob ich je wieder ein Sieb werde machen können, wenn ich einst zu meinem alten Handwerk sollte zurückkehren müssen.«
    Bei diesen Worten erhob sich der König zum zweitenmal und noch heftiger als zuvor, trat an die Tür und rief einen seiner Hofdiener. Als Parcittadino dies sah, kann man sich denken, welcher Schreck ihn ergriff; er schien eine zitternde Leiche und zweifelte nicht, der König werde ihn umbringen lassen; denn als er sah, daß der König jenen Hofdiener herbeirief, bildete er sich ein, er rufe einen Schergen, der ihn ans Kreuz schlagen solle. Als aber der von dem König gerufene Baron kam, sprach der König zu ihm: »Geh hin und gib diesem Mann das und das meiner Staatskleider und bezahle ihn damit für die Wahrheit, die er mir gesagt hat; denn für seine Lügen habe ich ihn schon selber ausbezahlt.« Der Baron ging eilends und brachte Parcittadino eines der schönsten königlichen Kleider mit so großen Knöpfen voll Perlen und Edelsteinen, daß es, die empfangenen Fußtritte und Faustschläge ungerechnet, wohl dreihundert Gulden oder mehr wert war. Parcittadino argwöhnte anfangs, das Kleid möchte eine Schlange oder ein Basilisk sein und ihn beißen, und griff nur vorsichtig zu. Bald aber faßte er Mut, zog es an und stellte sich darin dem Könige vor.
    »Gnädigster König«, sagte er, »wenn Ihr mich für meine Lügen immer so bezahlen wollt, werde ich selten die Wahrheit sprechen.«
    Er lernte den König aus dem, was er gehört hatte, kennen, und der König hatte mehr Freude an ihm. Nachdem er geblieben war, solange ihm gefiel, nahm er Urlaub und verabschiedete sich vom König. Er reiste nach der Lombardei zurück, wo er die Höfe aller Herren besuchte und diese Geschichte erzählte, die ihm hier mehr als noch einmal dreihundert Gulden einbrachte, womit er nach Toskana zurückkehrte und in Linari seine armen, in saurer Arbeit ganz verkommenen Verwandten vom Siebmachergewerbe in seinem Staatskleide besuchte. Diese machten große Augen; Parcittadino aber sprach zu ihnen:
Am Boden keucht' ich unter Schlag' und Tritten,
Eh' ich in England dieses Kleid erstritten.
     
    Er tat vielen von ihnen Gutes; dann nahm er Abschied und ging seinem Glücke nach.
    Das war doch eine so schöne Geschichte, wie sie nur je einem Könige begegnen konnte. Und wie viele sind, die, wenn sie gelobt worden wären wie dieser König, nicht die Backen aufgebläht hätten vor Stolz? Er aber, obwohl er wußte, daß er jene Lobsprüche verdiente, wollte zeigen, daß es nicht wahr sei, übte aber am Ende solche Klugheit. Viele Unwissende, wenn Schmeichler sie ins Gesicht loben, werden es glauben; er aber, der ein tüchtiger Mann war, wollte das Gegenteil beweisen.

Der Müller und der Abt
(Bürger, Der Kaiser und der Abt)
    Messer Bernabò, Herr von Mailand, war zu seiner Zeit gefürchteter als irgendein anderer Fürst; und obgleich er grausam war, so besaß er doch dabei einen guten Teil Gerechtigkeit. Unter vielen andern Abenteuern begegnete es ihm auch eines Tages, daß er einen reichen Abt, der die Nachlässigkeit begangen hatte, zwei dem genannten Herrn gehörige Doggen nicht recht zu halten, so daß diese räudig geworden waren, zu einer Geldbuße von
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