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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1
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vier Goldgulden verurteilte. Darüber fing der Abt an um Gnade zu flehen. Der genannte Herr aber, als er hörte, daß er um Gnade flehe, sagte zu ihm: »Wenn du mich über vier Dinge ins klare setzest, so will ich dir ganz und gar vergeben. Es sind folgende: Du sollst mir sagen, wie weit es von hier bis zum Himmel ist; wieviel Wasser im Meer ist; was in der Hölle geschieht; und wieviel meine Person wert ist.«
    Als der Abt dies hörte, fing er an zu seufzen, und es schien ihm, als sei er nun schlimmer daran als zuvor. Um indes Zeit zu gewinnen und den Zorn des Herrn sich abkühlen zu lassen, sagte er, er möge ihm gnädigst eine Frist verstatten, um so hohe Dinge zu beantworten. Der Herr gab ihm den ganzen folgenden Tag Bedenkzeit, und begierig, den Ausgang der Geschichte zu hören, verlieh er ihm sicheres Geleit zur Rückkehr.
    Gedankenvoll und sehr tiefsinnig kehrte der Abt zu seiner Abtei zurück und keuchte wie ein Pferd, wenn es scheu wird. Daselbst angelangt, begegnete er einem seiner Müller. Als der ihn so niedergeschlagen sah, fragte er: »Was ist Euch, Herr, daß Ihr so keucht?«
    Der Abt antwortete: »Ich habe wohl Ursache, denn der Fürst hat stark im Sinn, mich dem Teufel in den Rachen zu jagen, wenn ich ihn nicht über vier Dinge ins klare setze, die selbst Salomo und Aristoteles zu hoch gewesen wären.«
    Der Müller sagte: »Und was sind das für Dinge?«
    Der Abt sagte es ihm. Darauf sagte der Müller nach einigem Nachsinnen zum Abte: »Wenn es Euch recht ist, so will ich Euch wohl aus dieser Verlegenheit helfen.«
    »Wollte Gott«, sprach der Abt.
    »Gott und alle Heiligen«, sprach der Müller, »werden es, denke ich, schon wollen.«
    Da begann der Abt, der nicht wußte, wie ihm geschah, und sprach: »Wenn du das ausrichtest, so nimm dir von mir, was du willst; denn nichts in der Welt kannst du von mir fordern, das ich dir nicht gäbe, wenn es irgend möglich ist.«
    Der Müller versetzte: »Dies will ich Eurem Belieben überlassen.«
    »Wie willst du es aber anfangen?« fragte der Abt. Da antwortete der Müller: »Ich will mir Euren Rock und Mantel anziehen, mir den Bart scheren und morgen früh bei guter Zeit vor ihn treten und sagen, ich sei der Abt. Alsdann will ich ihm die vier Dinge auf solche Art auseinandersetzen, daß ich denke, er soll zufrieden sein.«
    Der Abt konnte die Zeit nicht erwarten, bis er den Müller an seine Stelle geschoben. Und so geschah es. Der Müller verwandelte sich in einen Abt und machte sich am Morgen bei guter Zeit auf den Weg. Als er an dem Tore anlangte, wo der Herr innen wohnte, klopfte er an und sagte, der und der Abt wolle dem Herrn auf gewisse Dinge antworten, die er ihm aufgegeben habe. Der Herr, begierig zu hören, was der Abt sagen könne, und verwundert, daß er so bald wieder da war, ließ ihn zu sich rufen. Der Müller trat vor ihn, stellte sich ein wenig in den Schatten, machte seine Verbeugung und hielt die Hand öfters vor das Gesicht, um nicht erkannt zu werden, und als der Herr ihn nun fragte, ob er ihm über die vier Dinge Bescheid sagen könne, die er ihm aufgegeben habe, antwortete er: »Ja, Herr! Ihr fragtet mich, wie weit es von hier bis zum Himmel ist. Nachdem ich nun alles wohl ermessen, so ist es von hier bis da oben sechsunddreißig Millionen achthundertvierundfünfzigtausendzweiundsiebzig und eine halbe Meile und zweiundzwanzig Schritte.« Der Herr sprach: »Du hast es sehr genau angesehen. Aber wie beweisest du das ?«
    »Laßt es ausmessen«, antwortete er; »und wenn dem nicht so ist, so hängt mich an den Galgen! – Zum andern fragtet Ihr mich, wie viel Wasser das Meer enthält. Dies ist mir sehr sauer geworden herauszubringen, denn es steht nicht fest und kommt immer neues hinzu. Aber ich habe doch ermittelt, daß im Meere fünfundzwanzigtausendneunhundertundzweiundachtzig Millionen Fuder, sieben Eimer, zwölf Imi, zwei Maß sind.«
    Da sprach der Herr: »Wie weißt du das ?«
    Er antwortete: »Ich habe es nach bestem Vermögen untersucht. Wenn Ihr es nicht glaubt, so laßt Eimer holen und es nachmessen! Befindet Ihr es anders, so laßt mich vierteilen! – Drittens fragtet Ihr mich, was sie in der Hölle machen: In der Hölle köpfen, vierteilen, zwicken und hängen sie nicht mehr und nicht minder, als Ihr hier auf der Erde tut.«
    »Welchen Beweis hast du dafür?«
    Er antwortete: »Ich habe einmal einen gesprochen, der da gewesen war, und von dem hatte der Florentiner Dante, was er über die Dinge in der Hölle geschrieben. Aber
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