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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1
Autoren: Verschiedene Autoren
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jetzt ist er tot. Wenn Ihr es also nicht glauben wollt, so schickt hin und laßt nachsehen! – Viertens endlich fragtet Ihr mich, wie viel Ihr wert seid. Und ich sage: Neunundzwanzig Silberlinge.«
    Als Messer Bernabò dies hörte, wandte er sich voll Wut zu ihm und sagte: »Daß dich der Donner und das Wetter! Bin ich nicht mehr wert als ein Topf?«
    Nicht ohne große Furcht gab der Müller zur Antwort: »Gnädiger Herr, vernehmt den Grund! Ihr wißt, daß unser Herr Jesus Christus um dreißig Silberlinge verkauft wurde; ich rechne, daß Ihr einen Silberling weniger wert seid als er.«
    Als der Herr dies hörte, ward es ihm auf einmal deutlich, daß dies nicht der Abt sei. Er sah ihm starr ins Gesicht, und fest überzeugt, daß dies ein Mann von viel höhern Einsichten sei als der Abt, sprach er dreist: »Du bist nicht der Abt!«
    Man kann sich den Schrecken denken, welchen der Müller hatte. Er warf sich mit gefalteten Händen vor ihm auf die Kniee, bat um Gnade und gestand dem Herrn, daß er der Müller des Abtes sei, und wie und warum er in dieser Vermummung vor seine Herrlichkeit gekommen und in welcher Weise er das geistliche Kleid angezogen habe, und alles dies mehr, um ihm einen Spaß zu machen, als aus böser Absicht.
    Als Messer Bernabò dies vernahm, sprach er: »Wohlan denn, da er dich zum Abt gemacht hat und du mehr wert bist als er, so wahr Gott lebt, will ich dich bestätigen. Du sollst also hinfort der Abt sein und er der Müller. Auch sollst du alle Einkünfte des Klosters haben und er die der Mühle.« Und so mußte es gehalten werden, solange er lebte, daß der Abt Müller war und der Müller Abt.
    Es ist eine sehr mißliche Sache und große Gefahr darin, sich gegenüber von großen Herren zu schützen, wie dieser Müller tat, und die Keckheit zu haben, die er hatte. Aber es geht mit diesen hohen Herren wie mit dem Meer: man geht unter großen Gefahren hin, aber bei großer Gefahr ist auch der Gewinn groß. Und es ist ein großer Vorteil, wenn auf der See Windstille herrscht; ebenso auch bei einem großen Herrn; aber beim einen wie beim andern ist es eine Hauptsache, auf seiner Hut zu sein, denn das Schicksal wendet sich schnell.
    Einige haben berichtet, diese oder eine ähnliche Geschichte sei dem Papst*** begegnet, der einem Abte zur Buße eines begangenen Fehls die Aufgabe gestellt habe, die vier obengenannten Fragen zu beantworten, und noch eine drüber, nämlich welches das merkwürdigste Ereignis sei, das ihm im Leben begegnet wäre. Der Abt bat um Frist, kehrte nach der Abtei zurück, versammelte hier alle Mönche und Laienbrüder bis auf den Koch und den Gärtner, erzählte ihnen, welche Fragen er dem Papst beantworten sollte, und bat sie um Rat und Beistand. Da standen sie alle wie unsinnig da und wußten nicht, was sie antworten sollten. Als aber der Gärtner sah, daß sie alle verstummten, hub er an: »Herr Abt, da diese hier alle kein Wort hervorbringen, so will ich der sein, der redet und handelt. Ich hoffe Euch aus dieser Verlegenheit zu helfen. Gebt mir aber Eure Kleider, daß ich als Abt vor ihm erscheinen kann, und laßt diese Mönche mir folgen!«
    So geschah es. Und als er vor den Papst kam, sagte er, der Himmel sei dreißig Schrei hoch. Vom Wasser des Meeres sagte er: »Laßt die Mündungen der Ströme erst verstopfen, die hineinfallen! Dann wird es zu ermessen sein.«
    Den Wert seiner Person schätzte er auf achtundzwanzig Silberlinge, denn er rechne ihn zwei Silberlinge geringer an als Christus, dessen Statthalter er sei. Das merkwürdigste Ereignis seines Lebens, sagte er, sei gewesen, als er aus einem Gärtner zum Abt geworden. Und in dieser Würde ward er bestätigt.
    Es mag nun geschehen sein, wie es will, mit diesem und jenem oder mit beiden, – jedenfalls wurde aus dem Abt ein Müller oder ein Gärtner.

Die drei Gebote des Vaters
    In Siena lebte vor Zeiten ein reicher Bürger, der einen einzigen etwa zwanzigjährigen Sohn hatte, dem er, als er zu sterben kam, unter andern Vorschriften die drei folgenden gab: erstens, nie mit jemandem so viel zu verkehren, daß er diesem zum Überdruß werde; zweitens, wenn er eine Ware oder sonst etwas gekauft habe, woran er einen Gewinn machen könne, so solle er diesen hinnehmen und auch noch anderen Leuten daran Gewinn übriglassen; drittens, wenn er ein Weib nehme, so solle er eins aus der nächsten Nachbarschaft wählen, und wenn dies nicht sein könne, lieber eins aus seinem eigenen Lande als aus andern entlegenen. Der Sohn
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