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Intruder 6

Intruder 6

Titel: Intruder 6
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Arachnidenpopulation informiert. Es gab Taranteln und Schwarze Witwen, und speziell in Nevada eine besonders heimtückische Art von Springspinnen, von denen man sich besser nicht beißen ließ. Dieses Tier gehörte zu keiner der drei Gattungen. Allerdings: Es war eine Spinne, und Mikes Herz machte einen fast ebenso heftigen Satz in seiner Brust, wie er selbst zurück.
    Die Erschütterung reichte nicht nur, eine fast hüfthohe Staubwolke vom Boden aufsteigen zu lassen, sie zerriss auch endgültig das Netz. Die Spinne verlor den Halt und drohte, zu Boden zu stürzen. Im letzten Moment schoss sie einen glit-zernden Faden aus ihrem Hinterleib ab, der tatsächlich irgendwo Halt fand - scheinbar in der leeren Luft -, vollführte eine komplizierte und ungemein schnelle Bewegung und begann, auf wirbelnden, spindeldürren Beinchen an ihrem Faden nach oben zu klettern.
    Mike sah ihr eine halbe Sekunde lang dabei zu, mit klopfen-dem Herzen und von genau jenem klebrig kalten, mit Ekel gemischtem Entsetzen erfüllt, das ihn stets beim Anblick einer Spinne überkam. Und dann tat er etwas, das ihn selbst überraschte: Er machte wieder einen Schritt nach vorne, streckte den Arm aus und zerquetschte die Spinne in der bloßen Hand.
    Es war ein unvorstellbar ekelhaftes Gefühl. Eine halbe Sekunde lang zappelte das Tier verzweifelt in seiner hohlen Hand, bevor er diese endgültig zur Faust schloss und die Spinne zu einem klebrigen, warmen Brei zermalmte. Sein Magen revoltierte, und er konnte spüren, wie sich jedes einzelne Haar auf seinem Kopf aufstellte. Es war wie ein elektrischer Schlag, pure Angst, die durch seine Hand pulsierte und überall zugleich in seinem Körper zu explodieren schien. Aber er ließ das zerquetschte Tier noch immer nicht los, sondern drückte noch fester zu, bis ein einzelner, hellrot schimmernder Tropfen aus seiner Faust quoll und einen winzigen Bombentrichter in die Staubschicht auf dem Boden grub.
    Langsam bückte sich Mike nach der zerrissenen Gardine, hob sie mit der linken Hand auf und öffnete dann die andere Faust.
    Der Anblick erfüllte ihn mit unbeschreiblichem Ekel, zugleich aber auch mit einer grimmigen, fast an Triumph grenzenden Zufriedenheit. Was sollte ihm jetzt noch passieren? Er hatte einen seiner schlimmsten Feinde besiegt - sich selbst - und etwas getan, was er noch vor zehn Sekunden für unmöglich gehalten hätte. Diese Spinne zu töten - erst recht auf diese Weise! - war mehr als ein Reflex gewesen. Obwohl ihm entsetzlich übel war, obwohl sein Herz raste und seine Stirn von kaltem Schweiß bedeckt war, fühlte er sich ... gut. Er bezweifelte, dass er in der Lage war, diese Attacke zu wiederholen, aber er hatte sich wenigstens ein Mal selbst bewiesen, wozu er in der Lage war, wenn es wirklich darauf ankam.
    Mike wischte seine Hand sorgfaltig ab und tat dann das, wozu er eigentlich hergekommen war: Er trat an die Tür und sah auf die Straße hinaus.
    Sanora bot sich ihm genau wie am vorangegangenen Tag dar: trostlos, eine winzige Stadt, deren Hand voll Häuser sich ausnahmslos rechts und links der Straße entlangzogen und die, wie er nun wusste, ausnahmslos leer standen. Die wenigen Automobile, die vor dem ein oder anderen Gebäude standen, waren uralt, Wracks, die zu entsorgen sich niemand die Mühe gemacht hatte. Nicht alle Fenster waren vernagelt, aber doch viele, und in etlichen der anderen fehlte das Glas. Als sie gestern in die Stadt gefahren waren, waren sie viel zu aufgeregt und angespannt gewesen, um es zu erkennen: Sanora war eine Geisterstadt. Die letzten Bewohner hatten den Ort vor mehr als einem Jahrzehnt verlassen und ihn dem Verfall preisgegeben.
    Die Natur hatte längst angefangen, sich das Terrain zurückzu-erobern, von dem die Menschen irrtümlicherweise angeno mmen hatten, es gehöre ihnen.
    Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte die kleine Holz-kirche im Zentrum der Stadt der Zeit bisher getrotzt. Zumindest aus der Entfernung wirkte sie wie frisch gestrichen: ein absurder, fast aberwitziger Anblick inmitten all des Verfalls. Wer pflegte die Kirche und den kleinen dazugehörigen Garten mit seinem Rasen und den bunten Blumenrabatten? Amerika war eben nicht nur das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, der Spaceshuttles und Microsoft-Computer, sondern auch ein Land voll Verrückter und religiöser Fanatiker. Nun, Mike sollte es recht sein. Solange sie nicht ausgerechnet innerhalb der nächsten vierzig oder fünfzig Minuten auftauchten, konnten diese Wahnsinnigen hier
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