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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition)
Autoren: Raik Thorstad
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Prolog
    Hamburg. Das Tor zur Welt, wie der Hafen liebevoll genannt wurde. Eine Stadt im tänzerischen Wiegeschritt zwischen dem maritimen Raubein-Charme vergangener Zeiten, Kultur und dem neu gewonnenen Ruf, eine der exklusivsten Städte Deutschlands zu sein. Eine Metropole, der es gelang, ein breit gefächertes Publikum anzuziehen und manchen Gast als Einwohner zu binden. Ein in sich geschlossenes und gleichzeitig weit offenstehendes Universum von einzigartiger Atmosphäre.
    Der Frühling war nass in diesem Jahr. Nicht nur Regen und Hagel prasselten auf die Stadt nieder, sondern auch die über die Ufer tretende Elbe trug dazu bei, dass die Hamburger häufig feuchte Füße bekamen. Zwischenzeitlich stand das Wasser so hoch in den Straßen, dass eine Durchfahrt für die Autos unmöglich wurde.
    Doch an diesem Morgen bahnte sich die Maisonne endlich einen Weg durch die zähen Wolkenschichten. Unter ihren Strahlen glänzten die Dächer vor Feuchtigkeit. Überall sah man Café-Besitzer Tische und Stühle nach draußen schleppen, während sich fleißige Hausfrauen ihrer Fenster annahmen. In Mauervorsprüngen nistende Singvögel fütterten ihre zwitschernde Brut. Im Spritzwasser zu schnell fahrender Wagen bildeten sich für den Bruchteil einer Sekunde Regenbögen.
    Im Grenzbereich von St. Georg hatte der Stadtteil den Sprung vom Drogenviertel zum In-Bezirk noch nicht geschafft. Schlecht renovierte Häuser aus der Jahrhundertwende, verklinkert und mit hohen Fenstern, dominierten das Bild der Seitenstraße. Schiefe Briefkästen fanden sich neben vielfach überklebten Namensschildern. Fahrräder stapelten sich in bis zu drei Reihen an den Wänden, und niemand störte sich an der lauten Musik, die aus einigen Wohnungen schallte. Es war eine Gegend für Studenten.
    Die Häuser besaßen Flair. Dafür nahm man gern Holzfenster in Kauf, von deren Rahmen die Farbe absplitterte, und Bodenfliesen im Flur, die mehr Sprünge als Farbe ihr Eigen nannten.
    Weiches Morgenlicht fiel in das Erdgeschoss des Hinterhauses und setzte die Geschehnisse auf dem niedrigen Futon in Szene. Einzelne Strahlen trafen die apfelsinenfarbenen Laken und verfingen sich auf von Schlafstriemen übersäter Haut.
    Sie waren zu zweit und schienen unentschlossen, ob sie sich nach körperlicher Befriedigung oder Schlaf sehnten. Träge bewegten sie sich gegeneinander, berührten sich, fassten zu und ließen die Fingernägel über Stellen kratzen, die für grobe Spielereien empfänglich waren. Sie unterschieden sich wie Tag und Nacht. Wo der eine hochgewachsen, breitschultrig und schwarzhaarig war, war der andere klein, schlaksig und dunkelblond. Und während der braun gebrannte Kleine leidenschaftlich küsste und leckte, blieben die Bewegungen seines Liebhabers faul und langsam.
    Aus der Küche der Wohngemeinschaft drang das Gurgeln der Kaffeemaschine zu ihnen herüber; vermengt mit dem Gemurmel der Gäste, die sich zum Frühstück bei ihnen eingeladen hatten. Die im Bett übereinander liegenden Studenten störten sich nicht daran. Sie bewohnten die Altbauwohnung zu dritt, aber meistens blieben die Türen zu allen Wohneinheiten des Hauses offen, sodass man stets damit rechnen musste, Fremde auf dem eigenen Sofa vorzufinden. Ihre Mitbewohnerin Svenja lud gern zum morgendlichen Kaffee ein. Aber das bedeutete nicht, dass sie ebenfalls aufstehen mussten.
    Mit einem seligen Lächeln schlang Nils die Beine um die Hüften seines Freunds, um ihn näher an sich heranzuziehen. Ihre nackte Haut schmiegte sich gegeneinander, als er sich von unten an dem festen Körper rieb.
    »Komm«, murmelte er und küsste Sascha hinter dem Ohr. »Mach schon.«
    Ein wenig schwerfällig griff Nils an ihnen vorbei und zauberte ein Kondom unter dem Kissen hervor. Mit einem süffisanten Lächeln nahm Sascha es ihm aus der Hand. »Schon wieder? War da heute Nacht nicht schon was?«
    »Sicher«, schnurrte Nils wohlig, während er die Finger verführerisch durch die Furche zwischen den festen Hinterbacken seines Freunds gleiten ließ. »Aber das will ja nichts heißen …«
    Hieß es nicht. Getrieben von ihrer morgendlichen Erregung und dem guten Gefühl, einen anderen Körper an ihrem eigenen zu spüren, gaben sie ihrer Lust nach. Nils war erst zufrieden, als er Sascha tief in sich spüren konnte. Schnell verloren sie sich im zwingenden Rhythmus ihrer Vereinigung. Hörten nichts außer ihrem Keuchen, spürten nichts außer dem Sog ihres Hungers. Sex war ein guter Anfang für einen Tag, der
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