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Intruder 4

Intruder 4

Titel: Intruder 4
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bevor die ersten Menschen hier gesiedelt hatten, vielleicht hatten es aber auch die ersten Indianer mitgebracht.
    Spielte das eine Rolle? Was ihn vielmehr beunruhigte, war die Tatsache, dass er anfing, die Kontrolle über sich und seine Handlungen zu verlieren. Sein Entschluss, sämtliche Planunge n über den Haufen zu werfen, sich durch einen Trick der Hotel-gutscheine zu entledigen und direkt vom Grand Canyon aus nach Moab zu fahren, um damit von einem Staat in den anderen zu wechseln und so der möglichen Verfolgung durch die Cops zu entgehen - war das wirklich sein eigener freier Entschluss gewesen?
    Oder verdankte er diese »Eingebung« nicht vielmehr der Manipulation des Wendigo, der jetzt dort draußen geduldig auf ihn wartete, um ihn erneut zu narren? - Manchmal spielt er So wie im Harley-Shop in Moab. Stefans Versuch, ausgerechnet dort Suzuki- Ersatzteile zu erwerben, war natürlich fehlgeschlagen, aber Mike hatte in dem Laden etwas anderes entdeckt: eine kleine private Indianerausstellung, die sich so selbstverständlich in das Motorradzubehör einpasste, als würde beides unweigerlich zusammengehören.

    6
    Ein Zufall? Vielleicht. Nicht jedoch, was danach geschehen war: Der Besitzer des Shops war brutal abgeschlachtet - und skalpiert! - worden.
    Seitdem waren auch Frank und Stefan in heller Panik, denn nach dem ersten Entsetzen über die unfassbare Bluttat fürchte-ten sie wie er, dass die Cops ihnen die Tat in die Schuhe schieben könnten. Schließlich hatten sie den Laden im Streit verlassen, und dafür gab es Zeugen.
    Und dennoch: Vielleicht waren die beiden Fotos, die Mike im Laden inmitten zahlloser indianischer Waffen, Kult-, und Alltagsgegenstände gefunden hatte, der Schlüssel zu allem. Er hatte nicht vergessen, was sie zeigten und was er später in diesem Traum, dieser Vision, die ihm der Wendigo geschickt hatte, noch einmal gesehen hatte ...
    Der grobschlächtige Kerl, der lässig auf die uralte Harley stieg, sah dem ermordeten Harley-Davidson-Verkäufer geradezu gespenstisch ähnlich; wahrscheinlich war es sein Vater, vielleicht sogar sein Großvater. Mit seiner altertümlichen Maschine brauste er auf den Hogan zu - und auf den Jungen, der gerade aus dem zeremoniellen Bau trat. Bremsen quietsch-ten, das Kind wurde vom Vorderrad getroffen und durch die Luft geschleudert und schlug erst viele Meter weiter entfernt auf dem harten Boden auf, in merkwürdig ver-krümmter Haltung. Mike wusste, dass es im selben Augenblick tot war ...
    ... tot gewesen war, vor unvorstellbar langer Zeit.
    So tot wie der Junge, den er selbst überfahren hatte.
    Es konnte gar nicht anders sein, es musste einen Zusammen-hang zwischen den beiden Ereignissen und dem Mord an dem Ladenbesitzer geben, aber sosehr sich Mike auch den Kopf zermarterte - außer wilden Spekulationen kam nichts dabei heraus.
    Wann würde der Wendigo des Spiels überdrüssig werden?
    Sein Moment, zuzuschlagen, schien noch nicht gekommen.
    Manchmal spielt er ... aber er würde kommen! Vielleicht 7
    morgen, vielleicht in einer Stunde, vielleicht auch erst in drei Tagen, aber er würde kommen.
    »Und was sagst du dazu?« Stefans Stimme riss Mike aus seinen düsteren Gedanken.
    Mike blinzelte und drehte sich mit leicht schuldbewusstem Gesichtsausdruck ganz zu Stefan um. Ein leicht nörgelnder Unterton hatte in seiner Stimme gelegen. Und das war nicht verwunderlich, schließlich hatte er Stefan erst als Letztes in die Sache mit dem toten Indianerjungen eingeweiht - gestern Nacht, um genau zu sein -, während er Frank schon früher alles erzählt hatte. »Wie bitte?«, fragte er.
    Stefan verdrehte die Augen, und Frank sagte: »Ich bin dafür, ganz normal weiterzumachen und erst am Nachmittag weiterzufahren, genau wie wir es geplant hatten. Stefan würde lieber sofort aufbrechen. Und du?«
    Während Mike Frank zuhörte, verwandelte sich die Welt rings um ihn herum wieder in das, was sie immer gewesen war: ein typisch amerikanisches Fast-Food-Restaurant mit billigen Plastikstühlen, rot-weiß gemusterten Wachstuch-Tischdecken und einer lange Resopal-Theke, auf der das Selbstbedienungs-büfett aufgebaut war. Trotz der noch frühen Stunde - es war noch nicht einmal sieben - waren sämtliche Tische vor dem riesigen Panoramafenster besetzt, und aus dem Heulen des Geistersturmes war das monotone Raunen und Geschirrklap-pern eines gut gefüllten und viel zu großen Speiselokals geworden.
    »Warum muss ich entscheiden?«, fragte er, im Grunde nur, um Zeit zu
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