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Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt

Titel: Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
Autoren: Peter Robinson
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Mondphasen, mehr Bedeutung zumaßen.
      Maggie schaute wieder aus dem Fenster. Ein Polizeiwagen hielt an, eine Beamtin stieg aus, klopfte an Lucys Tür und rief etwas. Dann brach ihr Kollege die Tür auf.
      Danach hörte Maggie eine Weile nichts - vielleicht fünf oder zehn Minuten lang -, bis ein herzzerreißendes, klagendes Geheul aus den Tiefen des Hauses drang. Aber das konnte sie sich auch einbilden. Der Himmel war mittlerweile heller geworden, und der Chor der Morgendämmerung hatte eingesetzt. Vielleicht war es ein Vogel gewesen? Aber kein Vogel klang so verloren und gottverlassen wie dieser Schrei, nicht einmal der Seetaucher über dem Teich oder der Brachvogel oben im Moor.
      Maggie massierte sich den Nacken, ohne das Nachbarhaus aus den Augen zu lassen. Kurze Zeit später hielt ein Krankenwagen. Dann ein zweites Polizeiauto. Dann ein Notarzt. Die Besatzung des Krankenwagens ließ die Haustür offen, so dass Maggie sehen konnte, wie sich die Sanitäter neben eine Gestalt im Flur knieten, über die eine rehbraune Decke gebreitet war. Sie hoben die Person auf eine fahrbare Trage und schoben sie den Fußweg hinunter zum Krankenwagen, dessen Hecktüren wartend offen standen. Es ging alles so schnell, dass Maggie nicht genau erkennen konnte, wer auf der Trage lag, aber sie glaubte flüchtig Lucys pechschwarzes Haar auf dem weißen Laken gesehen zu haben.
      Also doch, wie sie sich gedacht hatte. Maggie kaute am Daumennagel. Hätte sie früher eingreifen sollen? Natürlich hatte sie einen Verdacht gehabt, aber hätte sie es verhindern können? Was hätte sie tun sollen?
      Dann traf ein Mann ein, der wie ein Polizeibeamter in Zivil aussah. Bald folgten fünf oder sechs Männer, die sich weiße Einwegoveralls anzogen, bevor sie das Haus betraten. Vor das Gartentor wurde weiß-blaues Band gespannt, der Bürgersteig wurde bis zur Bushaltestelle abgesperrt, außerdem die Fahrbahnseite, an die Nummer 35 grenzte. Jetzt gab es auf The Hill nur noch eine Fahrspur, damit die Fahrzeuge von Polizei und Rettungsdienst genug Platz hatten.
      Maggie fragte sich, was da los war. So viel Aufhebens machten die doch nicht, wenn nicht etwas wirklich Schlimmes geschehen war, oder? War Lucy tot? Hatte Terry sie letztendlich umgebracht? Möglich war das; die Polizei kam immer erst, wenn es zu spät war.
      Als es heller wurde, bot sich ihr ein noch seltsameres Bild. Weitere Polizeiwagen trafen ein, dann noch ein Krankenwagen. Als die Sanitäter eine zweite Trage herausrollten, fuhr der erste Bus die Straße hinunter und versperrte Maggie die Sicht. Die Fahrgäste drehten die Köpfe und die auf Maggies Seite Sitzenden standen auf, um zu sehen, was passiert war. So entging Maggie, wer auf der Trage lag. Sie sah nur zwei Polizisten dahinter einsteigen.
      Dann stolperte eine vornübergebeugte, in eine Decke gehüllte Gestalt den Fußweg hinunter, von uniformierten Polizisten gestützt. Zuerst wusste Maggie nicht, wer das war. Eine Frau, dachte sie, nach der Figur und dem Schnitt des dunklen Haares zu schließen. Sie meinte eine dunkelblaue Uniform zu erkennen. Die Polizeibeamtin. Maggie hielt den Atem an. Was war mit dieser Frau geschehen?
      Inzwischen herrschte eine Aufregung, wie Maggie sie sich am Schauplatz eines Ehekrachs niemals hätte träumen lassen. Eine ganze Handvoll Polizeiwagen war eingetroffen, darunter Zivilfahrzeuge. Ein drahtiger Mann mit kurzem dunklem Kraushaar war aus einem blauen Renault gestiegen und in das Haus marschiert, als wäre es seins. Ein anderer, der hineinging, sah wie ein Arzt aus. Jedenfalls trug er eine schwarze Tasche und tat sehr wichtig. Die Nachbarn gingen zur Arbeit, fuhren die Autos aus den Garagen oder warteten an der Ersatz-Haltestelle, die die Verkehrsbetriebe kurzfristig eingerichtet hatten. Grüppchenweise standen Anwohner in der Nähe des Hauses und gafften, bis die Polizei kam und sie verscheuchte.
      Maggie schaute auf die Uhr. Halb sieben. Seit zweieinhalb Stunden hockte sie nun am Fenster, aber es kam ihr vor, als hätte sie eine schnelle Folge von Ereignissen beobachtet, die wie im Zeitraffer vor ihr ablief. Als sie sich aufrichtete, knackten ihre Knie. Der Teppich hatte tiefe rote Streifen in ihre Haut geprägt.
      Inzwischen spielte sich vor dem Haus nicht mehr viel ab; Polizisten und Kriminalbeamte kamen und gingen, stellten sich zum Rauchen auf den Bürgersteig, schüttelten den Kopf und unterhielten sich mit gesenkter Stimme. Die kreuz und quer Vor Lucys
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