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Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt

Titel: Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
Autoren: Peter Robinson
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leuchtete auf. Das musste Luke Selkirk sein, der erstklassige Tatortfotograf, der gerade eine von der Armee bezahlte Fortbildung in Cat-terick Camp absolviert hatte. Er hatte gelernt, wie man den Schauplatz terroristischer Anschläge fotografiert. Nicht dass er diese Zusatzqualifikation heute gebraucht hätte, aber die Gewissheit beruhigte ungemein, mit einem hervorragend ausgebildeten Profi zu arbeiten, einem der besten.
      Die Steinstufen waren stellenweise ausgetreten, die Backsteinwände weiß gestrichen. Die offene Tür unten war mit weiß-blauem Band abgesperrt. Der engere Tatortbereich. An dem Band würde niemand vorbeikommen, ehe Banks, Luke, der Doc und die Spurensicherung nicht ihre Arbeit getan hatten.
      Auf der Schwelle hielt Banks inne und schnupperte. Es roch fürchterlich, nach Verwesung, Schimmel, Räucherstäbchen und dem süßen, metallischen Geruch frischen Blutes. Er duckte sich unter dem Absperrband hindurch, und der schreckliche Anblick traf ihn mit einer solchen Wucht, dass er ein paar Schritte rückwärts wankte.
      Natürlich hatte er schon Schlimmeres gesehen, sogar viel Schlimmeres: Dawn Whadden, die Prostituierte aus Soho mit dem aufgeschlitzten Bauch, den enthaupteten Taschendieb namens William Grant, die stellenweise angefressenen Körperteile der jungen Bardame Colleen Dickens und viele von Schrotsalven durchsiebte und mit Messern zerstochene Körper. Er konnte sich an alle Namen erinnern. Aber die grausam zugerichteten Leichen waren nicht das Entscheidende, hatte er im Laufe der Jahre begriffen. Es ging nicht um Blut und Gedärm, nicht um Eingeweide, die aus dem Bauch quollen, nicht um fehlende Gliedmaßen oder klaffende Wunden, die obszön grinsten. Das war es nicht, was einem letztlich an die Nieren ging. Das waren Äußerlichkeiten. Mit etwas Überzeugungskraft konnte man sich einreden, dass ein Tatort wie dieser ein Filmset oder eine Theaterprobe war, dass die Leichen lediglich Requisiten waren und das Blut künstlich.
      Nein, was ihm am meisten zu schaffen machte, war das Mitgefühl, dieses tiefe Mitleid, das er inzwischen für die Opfer der von ihm ermittelten Verbrechen empfand. Er war in den ganzen Jahren nicht abgestumpft oder gefühlloser geworden, obwohl es vielen so erging und er anfangs damit gerechnet hätte. Jedes Verbrechen war eine frisch aufplatzende, gerade verheilte Wunde. Besonders das hier. Banks riss sich zusammen, machte seine Arbeit und konzentrierte sich, damit die Galle in seinen rumorenden Eingeweiden blieb, aber innerlich zerfraß sie ihn wie Säure und hielt ihn nachts wach. Schmerz, Angst und Verzweiflung sickerten aus diesen Wänden, so wie sich der Ruß aus den Fabrikschornsteinen über die alten Häuser der Stadt gelegt hatte. Nur konnte man dieses Grauen nicht mit Sandstrahl entfernen.
      Sieben Menschen in einem engen Keller, fünf davon lebendig, zwei tot; das würde ein logistischer und forensischer Albtraum werden.
      Die Lampe unter der Decke, eine nackte Glühbirne, war angeknipst worden, aber überall flackerten Kerzen. Von der Tür aus konnte Banks den Arzt sehen, der sich über die fahle Leiche auf der Matratze beugte. Ein Mädchen. Die einzigen äußerlich sichtbaren Zeichen von Gewaltanwendung waren mehrere Schnittwunden und blaue Flecke, eine blutige Nase Und eine gelbe Plastikleine um den Hals. Das Mädchen lag mit gespreizten Armen und Beinen auf der schmutzigen Matratze. Die Hände waren mit derselben gelben Wäscheleine an Metallnägel gebunden, die in den Betonboden eingelassen waren. Das Blut aus PC Morriseys durchtrennter Arterie war ihr auf Füße und Schienbein gespritzt. Fliegen hatten den Weg in den Keller gefunden, drei summten um das verkrustete Blut unter ihrer Nase. Um den Mund hatte sie Blasen oder eine Art Ausschlag. Im grellen Licht der Glühbirne wirkte das Gesicht der Toten bläulich-blass, ihr übriger Körper weiß.
      Was das Ganze so schlimm machte, waren die großen Spiegel unter der Decke und an zwei Wänden, die den Anblick wie auf der Kirmes verhundertfachten.
      »Wer hat die Deckenlampe angeschaltet?«, erkundigte sich Banks.
      »Die Sanis«, antwortete Luke Selkirk. »Sie waren nach Taylor und Morrisey die ersten am Tatort.«
      »Gut, wir lassen es erst mal an, damit wir besser sehen, womit wir es zu tun haben. Aber ich will, dass der Tatort später auch im Originalzustand fotografiert wird. Nur bei Kerzenlicht.«
      Luke nickte. »Das hier ist übrigens Faye McTavish, meine neue
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